Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
Vom Netzwerk:
das Haus von einem alten Arzt kaufte. Der Kollege, dessen Praxis ebenfalls im Erdgeschoß lag, hatte nach zwei Herzinfarkten den Aufzug einbauen lassen, damit er von der Praxis in die Wohnung konnte, ohne die Treppen hinaufsteigen zu müssen.
    Guthrie zog das schmiedeeiserne Gitter auf. Er mußte weg, bevor der Mann an der Wohnungstür war und das Geräusch des fahrenden Aufzugs hören konnte. Er betrat den kleinen Lift, machte Licht an, schloß das Gitter und drückte auf den Knopf. Mit einem kleinen Ruck setzte sich die Kabine in Bewegung, und in wenigen Sekunden war er unten im Vorraum zu seinem Sprechzimmer.
    Er stieg aus und ließ die Tür offen; wenn jemand diesen Weg nahm, um in seine Praxis zu gelangen, mußte er zwangsläufig in den Aufzugschacht stürzen.
    Er ging zur Eingangstür und überprüfte, ob sie verschlossen war, dann betrat er sein Sprechzimmer und verschloß es von innen. Er kontrollierte sein Telefon, es war nicht tot. Mit zitternden Fingern wählte er die Nummer der Feuerwehr.
    »In der Heinrichsgasse 3 brennt es«, sagte er in aufgeregtem Ton. »In der Wohnung von Dr. Guthrie, im zweiten Stock. Kommen Sie schnell, die Flammen sind schon hoch!«
    Spätestens in fünf Minuten würde die Feuerwehr alle Anwohner des Platzes wecken. Er versuchte, nicht an die Schäden zu denken, die die Hydranten in seiner Wohnung anrichten würden, und konzentrierte sich auf die Stille, die ihn umgab. Gewiß öffneten sie jetzt im Stockwerk über ihm vorsichtig die Tür, um ihn nicht zu wecken. In der Zwischenzeit konnte die Feuerwehr kommen; sobald die Männer auf der Treppe wären, würde er aus der Praxis hinauskönnen, vorher nicht. Nur in dem Durcheinander hätte er eine Chance davonzukommen.
    Er trat ans Fenster und schob die schweren Samtvorhänge beiseite; der Saab stand noch da. Er sah auf die Uhr, seit seinem Anruf waren erst drei Minuten vergangen, aber die Feuerwehr war nur drei Häuserblocks entfernt, und dieser Gedanke tröstete ihn.
    Vom oberen Stockwerk war ein dumpfer Schlag und das Geräusch von Schritten zu hören. Guthries Stirn war schweißnaß, er blickte wieder auf die Uhr, und genau in dem Augenblick hörte er zuerst schwach und dann immer deutlicher die Sirene der Feuerwehr. Er ging ans Fenster und sah das große Löschfahrzeug in voller Fahrt auf den Platz einbiegen und vor seinem Tor halten. Die Männer sprangen herunter und rollten die Wasserspritzen aus.
    Ohne weiter Zeit zu verlieren ging er ins Vorzimmer und näherte sich der Eingangstür. Er hörte die Befehle des Feuerwehrhauptmanns an seine Leute und das Geräusch ihrer Schritte auf der Treppe.
    Er öffnete die Tür und sah hinaus. Die Leute stiegen zu seiner Wohnung hinauf. Er trat so unauffällig wie möglich hinaus und schlich hinter das Haus, wo sich die Garagen befanden. Eine Katze schoß zwischen seinen Beinen hindurch, so daß er fast gestolpert wäre, aber offenbar befand sich außer ihr niemand in seiner Nähe. Die alte Garage, die für den Volvo zu klein war, stand offen. Er setzte sich ins Auto und ließ, den Blick ständig auf den Rückspiegel gerichtet, den Motor an. Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr ohne Licht aus dem Hof. Er bog in den Platz ein, der Saab war verschwunden, in seiner Wohnung brannte Licht. Die Feuerwehrleute, die noch in der Nähe des Löschfahrzeuges standen, sahen in seine Richtung, machten ihm aber keine Zeichen stehenzubleiben. Mit quietschenden Reifen raste er zum De France.
     
     
    Ogden war, nachdem er Veronica verlassen hatte, ins De France zurückgekehrt. Dort hatte er in seinem Zimmer das Diplomatenköfferchen aufgemacht und dessen Inhalt auf das Bett geleert. Im doppelten Boden befand sich ein Umschlag, den er aufmachte. Er sah sich die Fotografie, die er enthielt, lange an.
    Auf der Momentaufnahme von schlechter Qualität war eine junge Frau abgebildet, die eine Allee entlangging, ihr Gesicht war durch eine dunkle Brille unkenntlich gemacht.
    Die Vergrößerung ließ die gerade Nase und einen wohlgeformten Mund erkennen, aber das Gesicht, halb vom Kragen eines hellen Regenmantels verdeckt, der an jenem windigen Tag einer rätselhaften Jahreszeit getragen worden war, blieb ein Geheimnis.
    Ogden verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln und fragte sich, an welchem Tag ihres als Alma verbrachten Lebens Veronica wohl vom Objektiv des Dienstes erfaßt worden war. Obwohl ihr Blick hinter der dunklen Brille verborgen war, wirkte ihr Gesicht ansprechend und nicht ohne Reiz.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher