Der Spion und die Lady
brüderlichen Vorbehalte in mir hoch.
Ich habe absolut nichts dagegen, wenn du allen Frauen den Kopf verdrehst – doch bei ihr habe ich sehr wohl etwas dagegen.«
»Glaube mir, du hast nichts zu befürchten. Unsere ganze Unterhaltung drehte sich ausschließlich um dich: Die Frau scheint anzunehmen, du könntest auf Wasser gehen. Und ich habe nichts getan, um sie von dieser Vorstellung abzubringen. Ich nehme an, du hast Hoffnungen in dieser Richtung?«
»Die habe ich«, lächelte Giles. »Und jetzt werde ich zu ihr gehen, denn ich fühle mich sehr viel wohler, wenn sie in meiner Nähe ist.«
Das konnte Robin absolut verstehen. Die Unterhaltung mit seinem Bruder war notwendig und überfällig gewesen, aber er kam sich vor wie durch eine emotionale Schleuder gedreht. Und das bedeutete, daß er Maxie brauchte – mehr als alles andere auf der Welt.
Kapitel 26
ROBIN TRAF MAXIE im Gespräch mit Lord Michael Kenyon an, einem braunhaarigen Mann mit der sehnigen Gestalt eines erprobten Kriegers. Sie sah lächelnd zu ihm auf. »Lord Michael erzählte mir gerade, daß ihr euch in Spanien begegnet seid. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hattest du dich damals als irischer Priester verkleidet?«
Robin verdrehte die Augen. »Ich gestehe es.
Während der Kämpfe in Spanien arbeitete eine ganze Reihe von Priester-Spionen vom Irish College der Universität Salamanca aus.
Gelegentlich maskierte ich mich als einer von ihnen.« Er verzog das Gesicht. »Dabei schaffte ich es auch, angeschossen zu werden. Vermutlich hat Lord Michael nicht erwähnt, daß er mich fand, wie ich meine gestohlenen Dokumente mit Blut volltropfte, und so vernünftig war, mich in Wellingstons Hauptquartier zu schleppen.«
Also daher hatte Robin seine schreckliche Schußnarbe. Ohne Rücksicht darauf, daß sie die anderen Gäste unter Umständen schockierte, reckte sich Maxie auf die Zehen und hauchte schnell einen Kuß auf Lord Michaels Wange. »Ich danke Ihnen. Es bedurfte sicherlich eines ganzen Regiments von Schutzengeln, um Robin am Leben zu halten.«
Lord Michael blickte auf sie herab – verblüfft, aber durchaus nicht unerfreut. Er hatte bemerkenswert grüne Augen. »Ich hatte zwar gehört, daß Amerikanerinnen bezaubernd direkt sind, hatte aber noch nie das Glück, eine entsprechende Demonstration erleben zu dürfen. Gibt es in Boston mehr wie Sie?«
»Maxie ist einmalig«, stellte Robin fest.
»Das habe ich befürchtet.« Nach ein paar weiteren Sätzen wandte sich Lord Michael anderen Gästen zu.
Maxie blickte ihm nach. »Gibt es auch eine Lady Kenyon, die heute verhindert ist?«
»Er ist unverheiratet. Interessierst du dich für die Position als seine Frau?« erkundigte sich Robin trocken.
Sie blickte ihn vorwurfsvoll an. »Was für eine alberne Bemerkung – sogar für dich. Ich war nur neugierig. Obwohl er ganz reizend flirtet, scheint er nicht im geringsten zugänglich zu sein.«
»Interessant. Margot zufolge verbringt er die Saison bei Lucien und Kit in der Hoffnung, eine Lady nach seinem Geschmack zu finden. Vielleicht ist das bereits geschehen. Aber ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du nicht ein wenig frische Luft schnappen möchtest. Im Mondschein sind die Gärten von Candover ein ganz wundervoller Anblick.«
So sehr Maxie das Zusammensein mit den anderen Gästen genoß, freute sie sich doch auch auf ein ungestörtes Zusammensein mit Robin. Sie gingen auf die Terrassentüren zu.
Bevor sie hinaustraten, sah sich Robin um. »Es könnte ein wenig kühl da draußen sein. Wie ich Maggie kenne, hat sie sicher irgendwo ein paar wärmende Schals bereitgelegt.«
Und tatsächlich entdeckten sie auf einem kleinen Tisch links neben den Türen einen Stapel zusammengefalteter Tücher. Während Robin nach einem Schal griff, meinte Maxie bewundernd:
»Margot denkt auch an alles.«
Er legte ihr das Tuch zärtlich um die Schultern.
Sie traten auf die Terrasse hinaus und liefen die wenigen Stufen in die Gärten hinunter. Ein paar verstreute Laternen wiesen den Gästen den Weg, aber ihr Licht war nicht hell genug, um den Zauber der Mondnacht zu beeinträchtigen. Das riesige Tuch hing bis zu Maxies Knien hinunter und schützte sie vor der Kühle der Nacht.
Noch wärmer war allerdings der Arm, den ihr Robin um die Schulter legte, als sie sich außer Sichtweite des Hauses befanden. Sie schlenderten weit enger dahin, als es schicklich war. Doch das machte Maxie nichts aus, ganz im Gegenteil. Sie waren einander bereits so nahe, daß es
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