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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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wirklich sagen? Sie war deine Mutter, seine Frau. Du warst fünf Jahre alt und hast sie angebetet – ein Gefühl übrigens, das auf Gegenseitigkeit beruhte. Jeden Tag kam sie ins Kinderzimmer, um dir Geschichten vorzulesen oder mit dir Lieder zu singen. Soweit ich weiß, hat sie dir sogar das Lesen beigebracht.«
    Mit aschfahlem Gesicht fragte Giles: »Woher weißt du das?«
    »Ich habe es von den Dienern erfahren. Da ich nie eine Mutter hatte, wollte ich selbstverständlich wissen, was mir da entging. Das waren meine ersten Versuche im Informationensammeln. Von der Dienerschaft wurde sie wie eine Heilige verehrt, weil ihr Verhalten so ganz anders war, als sie es von einer Marchioness erwartet hätten.«
    Robin schloß die Augen und kämpfte erneut gegen die Verzweiflung an, die seine ganze Kindheit vergällt hatte. »Gott, wie ich dich um sie beneidet habe, auch wenn das nur fünf Jahre waren. An deiner Stelle hätte ich dafür gesorgt, daß das Kind einem Unfall zum Opfer fällt, das meine Mutter getötet hat.«
    »Verdammt noch mal, Robin, derartige Empfindungen habe ich nie gehabt!« rief Giles.
    »Aber ich habe um sie getrauert. Sie zu verlieren, war das furchtbarste Ereignis meines Lebens.
    Aber ich habe dir niemals vorgeworfen, daß du lebst und sie nicht.«
    »Vater hat es getan. Und dafür gesorgt, daß ich es nie vergaß.«
    Giles wandte sich wieder dem Garten zu. Seine breiten Schultern wirkten steif und angespannt.
    »Wenn eine Frau im Kindbett stirbt, nehmen die meisten Angehörigen das als Willen Gottes hin.
    Wenige, wie Vater, machen das Kind verantwortlich. Andere reagieren eher wie ich.
    Sie… sie lieben das Kind ganz besonders, weil es alles ist, was ihnen von der Toten geblieben ist.«
    Robins Stimme wurde sanfter. »Das hat das Schuldgefühl noch schlimmer gemacht. Ich war für den Tod deiner Mutter verantwortlich, und doch warst du stets geduldig mit mir.«
    Giles machte eine ungeduldige Geste. »Hör auf zu reden, als hättest du einen Mord begangen. Mama hat Kinder sehr geliebt. Ich weiß, daß sie mindestens zwei Fehlgeburten zwischen dir und mir erlitt, vielleicht noch mehr. Sie war außer sich vor Freude, als ihre Schwangerschaft weit genug fortgeschritten war, um Derartiges kaum noch befürchten zu müssen. Sie erzählte mir, daß ich einen Bruder oder eine Schwester bekommen würde und wie gut ich auf dich achten müßte.«
    Die Stimme schien ihm zu versagen. »Ich fragte mich, ob sie wußte, daß sie nicht überleben würde. Ihre Gesundheit war immer ein wenig heikel und sie muß gewußt haben, daß häufige Schwangerschaften riskant sind. Haben dir deine Informanten das nicht erzählt?«
    »Nach den Umständen ihres Todes habe ich die Diener nie gefragt. Das… das wollte ich nicht wissen.«
    Seufzend fuhr sich Giles mit der Hand durch die Haare. »Du wurdest mehrere Wochen zu früh geboren, und der Arzt räumte dir keine Überlebenschance ein. Nach ihrem Tod schloß sich Vater ein und wollte mit niemandem sprechen. Als ich hörte, wie eines der Mädchen sagte, daß du ohne Amme sterben müßtest, ritt ich auf meinem Pony ins Dorf. Die Frau des Müllers hatte gerade ein wenige Tage altes Kind verloren, daher ging ich zu ihr und schleppte sie buchstäblich mit nach Wolverhampton zurück. Ich bestand darauf, daß dein Bett in meinem Zimmer aufgestellt wurde, damit ich mich nachts davon überzeugen konnte, daß du noch atmest.«

    Robin starrte ihn fassungslos an. »Das habe ich nicht gewußt.«
    »Das ist ja auch kaum zu erwarten, schließlich warst du damals kaum größer als ein Brot.« Giles gab sich große Mühe, seine Gefühle zu beherrschen. »Und dann wurdest du ganz wie Mama – du hattest nicht nur ihr Aussehen, sondern auch ihren Charme und ihre Unbefangenheit. Jedermann war von dir entzückt, obwohl du dich häufig genug wie ein Ausbund des Teufels benahmst. Du konntest dir Dinge erlauben, für die ich eine Tracht Prügel bekommen hätte.«
    »Da Vater alles verabscheute, was ich tat, beschloß ich, ihm auch einen Grund dafür zu geben«, bemerkte Robin trocken. »Unarten lagen mir immer mehr als Gehorsam.«
    Giles hob die Schultern. »Gehorsam ist übertrieben. Vater fand mein Verhalten zwar ganz nützlich, aber so sehr ich mich auch bemühte, nie schien ich gut genug zu sein.«
    Langsam begann Robin zu verstehen, worum es bei diesem Gespräch wirklich ging. »Warum reden wir nach so vielen Jahren darüber? Was willst du von mir?«
    Giles betrachtete schweigend seine großen

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