Der Spion und die Lady
daß du schon einmal über diese Möglichkeit nachdenkst.«
Desdemona sah ihn an, ihre Erleichterung schwand. Ausgelöst durch seine Gesellschaft und seine Bewunderung hatte sie sich offenbar in einer Traumwelt geglaubt. Doch jetzt meldete sich die Wirklichkeit.
Überrascht hob er die Brauen. »Aber das dürfte dich doch kaum überraschen. Wir haben bereits in Daventry andeutungsweise davon gesprochen.«
»Vermutlich dachte ich, du würdest von einem Antrag Abstand nehmen, nachdem du die Chance hattest, es dir noch einmal zu überlegen«, erwiderte sie mit ganz kleiner Stimme.
Er lächelte das bekümmerte Lächeln, das sie so liebte. »Ich bin mir nicht sicher, ob das einen Mangel an Vertrauen in dich oder in mich zeigt.«
Sein Lächeln verblich. »Du bist der lebende Beweis dafür, daß eine Frau keinen Ehemann braucht, um ein ausgefülltes Leben zu führen.
Selbst wenn du erwägen solltest, erneut zu heiraten, könnte ich verstehen, wenn du dir einen würdigeren Kandidaten wünschst. Sage es mir einfach, und ich werde das Thema nie wieder erwähnen.«
Seine Worte machten Desdemona bewußt, daß sie nicht die einzige war, die sich unsicher fühlte.
»Ich hege keinen Zweifel daran, daß du ein wundervoller Ehemann wärst. Das Problem besteht vielmehr darin, daß…«, sie mußte schlucken, »daß ich nicht recht weiß, ob ich eine entsprechende Ehefrau abgeben würde.«
Er fing ihren Blick ein und hielt ihn fest. »Du bist aufrichtig, wunderschön, hast ein gutes Herz und läßt dich nicht gern für dumm verkaufen. Für mich sind das ganz ausgezeichnete
Voraussetzungen für eine Ehefrau.«
Desdemona mußte über das lächeln, was er für wichtig hielt, aber ihr Blick entglitt ihm. »Ich weiß nicht, ob ich dir einen Erben geben kann. Es stimmt zwar, daß mein Mann und ich nicht für lange unser Lager miteinander geteilt haben, also bin ich vielleicht nicht unfruchtbar, aber ich habe die dreißig bereits überschritten…«
»Das ist unwichtig«, unterbrach er sie scharf.
»Ich halte um dich an, weil ich dich zur Frau haben möchte, nicht als Zuchtstute. Es würde mich nicht im geringsten stören, wenn nach mir Robin oder ein Sohn von ihm Wolverhampton erbt.« Tiefer Schmerz erschien in seinen Augen.
»Meine Mutter und meine erste Frau sind im Kindbett gestorben. Ich möchte nicht, daß es auch dir geschieht.«
Desdemona blickte auf ihre auf dem Schoß verkrampften Hände. Das Problem mit Halbwahrheiten bestand darin, daß sie keinen rechten Schutz gewährten. Sie hätte wissen müssen, daß die echte Wahrheit nicht zu umgehen war.
Sie zwang sich dazu, ihn anzusehen. »Da gibt es noch einen weiteren, entscheidenderen Grund, aus dem ich befürchte, nicht die richtige Frau für dich zu sein. Du bist ein warmherziger, leidenschaftlicher Mann. Verständlicherweise wünschst du dir eine Frau, die ähnlich empfindet.
Aber ich weiß nicht, ob ich dazu fähig bin, eine solche Frau zu sein.«
Sie hoffte, daß er verstand, was sie ausdrücken wollte. Doch dieses Glück war ihr nicht beschieden. »Könntest du das ein bißchen deutlicher erklären?« fragte er nach längerer Pause.
Ihre Schultern senkten sich, ihre Stimme schwankte. »Mein Mann… sagte immer, neben mir zu liegen wäre so, wie mit einem Eisblock zu schlafen. Jedes Straßenmädchen hätte mehr Leidenschaft als ich.«
Giles durchquerte den Raum, setzte sich auf die Armlehne ihres Sessels und legte seine Arme um sie. »Ganz ruhig, Liebes«, sagte er, drückte seine Wange in ihre Haare und schaukelte sie ganz sanft hin und her. »In einer unglücklichen Ehe entwickeln nur wenige Frauen leidenschaftliche Gefühle. Quäle dich doch nicht selbst – nur wegen der Worte eines egoistischen Kerls.«
Zitternd klammerte sich Desdemona an ihn, aber seine Worte lösten etwas von der jahrelangen Verspannung in ihr.
Sanft strich er ihr über die Haare. »Du bist unglaublich aufrichtig. Es gibt wohl kaum eine zweite Frau in London, die so offen auf ihre angeblichen Nachteile hinweisen würde, wenn ein Marquis ihr einen Heiratsantrag macht.«
Desdemona lehnte sich zurück und sah ihm direkt in die Augen. »Ich bin nicht daran interessiert, einen Marquis zu heiraten. Ich bin an Giles Andreville interessiert, dem liebenswürdigsten, humorvollsten und bestaussehendsten Mann in ganz England.«
Ganz langsam breitete sich ein Lächeln auf Giles’
Zügen aus. »Offensichtlich halten wir beide eine Ehe für eine gute Idee. Also, wann wollen wir
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