Der Stachel des Skorpions
das.
»Wie einige von euch schon wissen, hat mich der Exarch gebeten, den Tod Victor Steiner-Davions zu untersuchen. Ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass es inzwischen zu einer Festnahme gekommen ist.« Ein Raunen ging durch den Saal. Er hatte seine Zuhörer gebannt.
Seine Stimme wurde kräftiger. »Bevor ich euch sage, um wen es sich handelt, lasst mich den Grund für die Tat erläutern. Victor wurde umgebracht, weil er eine einzigartige Verschwörung aufgedeckt hatte. Es war keine Verschwörung zu einem Staatsstreich oder einem militärischen Angriff. Vielmehr war es eine Verschwörung zur Gedankenkontrolle. Seit mehr als zehn Jahren hat eine Gruppe von Senatoren im Rahmen der üblichen Regierungsarbeit eine Reihe von Akademien und Ausbildungsprogrammen in der ganzen Republik eröffnet. Sie sieben die Studenten dieser Akademien sorgfältig aus, und für die Absolventen gilt dies in noch größerem Maße. Die Absolventen, bei denen sie das größte Potenzial sehen, ihrer Sache zu dienen, versuchen sie in einflussreiche Stellungen zu manövrieren. In den Anfangsphasen beschränkte sich das hauptsächlich auf höfliche Vorschläge. In den letzten Jahren jedoch haben sich ihre Taktiken deutlich in Richtung Bestechung, Erpressung und Einschüchterung verlagert, um dieses Ziel zu erreichen. Victor, Paladin Steiner-Davion, hat lange und hart daran gearbeitet, Informationen über diese Verschwörung zu sammeln. Er plante, uns darüber zu informieren. Das hat ihn das Leben gekostet.«
Zum ersten Mal seit Minuten, so hatte Jonah den Eindruck, atmete er durch. »Letzte Nacht wurde Senator der Präfektur IX Geoffrey Mallowes wegen Verschwörung zum Mord an Paladin Victor SteinerDavion festgenommen.« Er machte eine Pause, dann fügte er, als wäre es ihm gerade erst eingefallen, hinzu: »Er wird auch angeklagt, einen Mordanschlag auf mich vorbereitet zu haben. Darüber hinaus haben wir einen Mitarbeiter Senator Mallowes' verhaftet, Henrik Morten. Basierend auf den Aussagen dieser beiden Männer erwarten wir in Kürze weitere Festnahmen.«
Sobald Jonah geendet hatte, sprangen Anders Kessel und Otto Mandela auf.
»Zwei Paladine haben sich erhoben, ich vermute, weil sie Fragen an Paladin Levin haben«, stellte Drummond fest. Kessel und Mandela nickten. »Paladin Kessel hat als Erster das Wort, dann Paladin Mandela. Andere Paladine, die Fragen haben, bitte ich, sich ebenfalls zu erheben.«
Kessel begann. »Als Erstes möchte ich Paladin Levin für eine außergewöhnliche Leistung in so kurzer Zeit gratulieren. Ich hätte jedoch gerne eine Einzelheit geklärt. Du sagst, diese Verschwörung hatte das Ziel, Gedanken zu kontrollieren. In welcher Richtung geschah das? Ich meine, was weißt du über die politische Ausrichtung dieser Verschwörung?«
Jonah atmete tief ein und zählte in Gedanken bis zehn, bevor er antwortete. Kessel forderte ihn zu einem Spaziergang durch ein Minenfeld auf. Falls er seine Antwort nicht sehr sorgfältig formulierte, konnte man sie so verstehen, als klage er jeden, der Verbindungen zur Gründerbewegung hatte, als Mitverschwörer an. McKinnon, Sorenson und ihre Anhänger hätten ihm mit Sicherheit wütend Kontra gegeben. Genau darauf legte es Kessel möglicherweise an. Zum Glück hatte Jonah von Mallowes gelernt.
»Bei der Verschwörung geht es um das, worum sich die meisten solcher Verschwörungen drehen: um
Macht. Die beteiligten Personen haben eine Unsicherheit in der Republik erkannt und halten es für die perfekte Gelegenheit, die Macht zu ergreifen. Ich vermute, Senator Mallowes persönlich betrachtete es als eine Chance, seiner Familie wieder zu der Machtstellung zu verhelfen, die ihm die Republik seiner Ansicht nach verweigert hat. Andere Beteiligte hoffen darauf, die Scherben der Macht zu greifen, wenn die Republik zerbricht. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob alle an dieser Verschwörung beteiligten Personen eine politische Richtung vertreten. Was ihnen gemeinsam ist, ist ein Hunger nach Macht und ein Raubtierinstinkt für eine schwächelnde Beute.«
Kessel setzte sich mit ausdrucksloser Miene. Ein paar Plätze weiter links nickte McKinnon leicht. Geschafft, dachte Jonah.
Wie es seine Art war, hielt Mandela sich nicht mit Höflichkeitsfloskeln auf, sondern kam sofort zum Punkt. »Du sagst, es stehen weitere Festnahmen bevor. Wer? Andere Senatoren? Und wofür? Ich kann nicht glauben, dass eine ganze Gruppe mit Paladin Steiner-Davions Tod zu tun hatte.«
»Richtig«,
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