Der Stachel des Skorpions
einem Marsch, aber ich denke, ich kann ohne Angst vor Widerspruch feststellen, dass wir erschöpft sind. Wie wäre es mit einer Mittagspause?«
»Wir entscheiden hier über die Zukunft der Republik«, feuerte Drummond zurück. »Willst du behaupten, unser Appetit hätte Vorrang?«
Drei andere Paladine sprangen auf. Jonah rollte die Augen. Sie konnten sich ohne Diskussion nicht einmal übers Mittagessen einigen.
Während die Debatte laut wurde, betrachtete Jonah die vage Drohung auf seinem Schirm. Falls er die Anzeichen richtig las, versprach der Rest des Tages nichts Gutes.
Teka-Net, Genf, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
20. Dezember 3134
Cullen Roi starrte den Lautsprecher an der Decke fassungslos an. Er konnte kaum glauben, was er hörte: »Wir werden angegriffen, von vorne und von hinten. Ziehen uns in Abwehrstellung zurück.«
»Angriff!«, befahl er. »Ich will Blut auf den Straßen!« »Ich bin dran«, erklärte Norah. »Wir wissen, wo sich eine Gruppe Soldaten befindet. Sie scheinen aber zwei zu haben. Weiß jemand mehr?«
»Scheint, dass Redburn unseren Trick kopiert«, stellte Cullen Roi fest. »Er will seinen Ritter im schimmernden Mech auf den Posten hissen, und diese verfickte Spinne-Pilotin bietet sich an.«
»Aktivieren wir unseren Mann?«, fragte Norah. »Es ist noch zu früh.«
»Uns bleibt keine Wahl. Wir können nicht länger warten.« Cullen überflog die Meldungen der letzten Scharmützel. Überall waren seine Leute die Verlierer. Norah hatte Recht. »Na gut. Schick eine Nachricht in die Halle der Paladine - auf einer Senatsseite, eine von denen mit Hintertür -, dass in den Straßen das Chaos ausgebrochen ist und hier draußen ein MechKrieger Amok läuft. Und dann sieh zu, dass die Straßen in Aufruhr sind, bis unser Mann da ist.«
»Bin schon dabei«, antwortete sie. »Und danach?« »Danach leben wir uns aus«, erwiderte Cullen. »Es ist Jahre her, seit ich einen Molotowcocktail durch eine Schaufensterscheibe geworfen habe. Ich hoffe, ich habe es nicht verlernt.«
»Schließen wir das HQ?«
»Schließ es, brenn es nieder, das ist mir gleich. Wir sind hier fertig. Lass uns verschwinden, solange wir noch können.«
»Zu spät«, sagte sie, und die Veränderung in ihrer Stimme ließ ihm das Blut gefrieren.
Einen Augenblick später fühlte er auch, was sie bemerkt hatte: ein regelmäßiges, wummerndes Beben des Bodens unter seinen Füßen. Die Schritte eines Riesen, die die Straße entlangkamen und sich dem Laden näherten. Die unverwechselbare Visitenkarte eines BattleMechs.
»Verschwinde hinten raus«, sagte er. »Durch den Geheimausgang. Jede Minute werden sie ihn entdecken, aber noch hast du eine Chance, an ihnen vorbeizukommen.«
»Was ist mit dir?«
»Mein Blatt ist ausgespielt. Aber wenn sie mich lebend bekommen, halten sie dich möglicherweise für zu unwichtig, um weiterzusuchen. Such Hansel, falls er noch lebt, und sorg dafür, dass es weitergeht.«
Sie biss sich auf die Unterlippe, sagte aber nichts und zog wie befohlen ab. Cullen wartete allein im leeren Hauptquartier und lauschte, wie die Schritte des Mechs immer näher kamen und anhielten. Falls der Besitzer des Ladens schlau war, dachte er, sah er sein Geschäft in den Abendnachrichten und verlängerte seinen Besuch in Nova Scotia auf unbestimmte Zeit.
Zwei Minuten später heulte vor dem Gebäude ein Fahrzeugmotor auf. Dann hörte er trampelnde Schritte. Erst kamen sie näher, dann zogen sie sich wieder zurück. Es überraschte ihn nicht, als zehn Sekunden später die Ladenfassade im Donnern einer Sprengladung auseinander flog.
Als sich der Qualm der Explosion verzogen hatte, stand Cullen blinzelnd auf und starrte in die Mündungen eines halben Dutzends Gaussgewehre. Auf der Straße stand ein Spinne-BattleMech mit vor der Brust verschränkten Armen.
»Wenn Sie bitte mitkommen, Monsieur«, forderte ihn ein Corporal in der Uniform der Terranischen Miliz auf.
Cullen Roi senkte den Kopf und gehorchte.
Halle der Paladine, Genf, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
20. Dezember 3134
Die beruhigenden Qualitäten des Essens hatten keinen positiven Einfluss auf die Qualität der Nachrichten, die Jonah empfing.
Jemanden ohne Haftbefehl festzuhalten, ist keine Festnahme. Es ist eine Entführung.
Vergiss nicht, dass es bei dieser Wahl um Leben geht, um Menschenleben auf den Welten, in den Heimatsystemen, die wir zu verteidigen geschworen haben. Je mehr wir zusammenstehen, desto stärker wird unsere
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