Der Stachel des Skorpions
Redburn gekommen. Er möchte Sie so schnell wie möglich in seinem Büro sehen.«
Heather war fast noch vor Duncan durch die Tür verschwunden. Eines Tages, dachte sie, habe ich hoffentlich einen Praktikanten, der Termine beim Exarchen nicht unter ferner liefern einsortiert.
Während sie auf Redburn wartete, meldete sich Heathers Compblock noch dreimal, jedes Mal mit einer angeblich dringenden Meldung über Unruhen in der Hauptstadt. Die Öffentlichkeit hatte zwar kein Stimmrecht bei dieser Wahl, schien aber entschlossen, daran teilzunehmen.
In einer kurzen Pause zwischen den Nachrichten suchte sie in den Zeitungen nach Fortschritten bei der Überprüfung von Victor Steiner-Davions Tod. Es gab keine Neuigkeiten, und Paladin Jonah Levins Name glänzte immer noch durch Abwesenheit. Seine Fähigkeit, unbemerkt zu arbeiten, beeindruckte sie immer wieder. Momentan war sie möglicherweise eine von nur drei Personen außer Jonah selbst, die wussten, dass er an dieser Sache arbeitete. Aber das konnte nicht lange so bleiben. Die einzige Möglichkeit für Jonah, komplette Geheimhaltung beizubehalten, hätte darin bestanden, gar nichts zu tun.
Endlich hastete der Exarch ins Zimmer. Er wirkte verärgert und außer Atem.
»Paladinin GioAvanti«, begrüßte er sie, als sie aufstand. »Ich muss mich entschuldigen. Ich bin in einen Hinterhalt von Trividreportern und Kameracrews geraten. Sie haben mich nicht in Ruhe gelassen, bis sie eine Stellungnahme hatten.«
»Die Gefahren des Am tes.«
»Es wäre den Ärger wert, wenn ich daran glauben könnte, dass sich tatsächlich jemand darum kümmert, was in den Nachrichten kommt.« Er deutete auf den Sessel, aus dem sie gerade aufgestanden war. »Bitte, setz dich.«
»So«, sagte sie, nachdem sie wieder Platz genommen hatte. Sie war eine Paladinin und dem Exarchen im Rang nahe genug, um nicht auf Förmlichkeiten bestehen zu müssen. »Wie kann ich der Republik heute noch dienen?«
»Hast du die Zeitungsmeldungen verfolgt?«
»Zum Teil.«
»Was sagen dir deine Quellen über den Aufruhr im Plateau de St. Georges?«
»Es war übel. Drei Tote, und man gibt capellani-schen Nationalisten die Schuld. Es fördert nicht gerade ein Gefühl der Sicherheit.«
»Hast du irgendetwas darüber gehört, wer dahinterstecken könnte?«
»Dahinterstecken?« Das überraschte Heather. »Alles, was ich hörte, deutet auf einen spontanen Wutausbruch hin.«
»Möglicherweise nicht. Was weißt du über die Kittery-Renaissance?«
Heather fiel in den Sessel. Das schwarze Leder knarzte. »O Gott.«
»Allerdings.«
Heather erhielt seit Monaten Informationen über die Kittery-Renaissance. Im Gegensatz zu anderen Aufrührergruppen war die Renaissance nicht auf Presserummel aus. Sie benahm sich nicht, als wäre sie verzweifelt um Aufmerksamkeit bemüht. Ihre Aktionen geschahen präzise, gezielt und immer auf wichtige Ziele ausgerichtet. Es war bekannt, dass sie der Gründerbewegung nahe stand, ihre genauen Ziele und Beweggründe jedoch blieben im Dunkeln. Hätten sie sich nicht seit mehreren Monaten ungewohnt still verhalten, hätten sie auf Heathers Gefahrenliste an vorderster Stelle gestanden.
»Sie ist zurück?«
»Sie ist zurück«, bestätigte Redburn. »Zumindest deuten die Informationen darauf hin. Wir haben ein paar Bildaufzeichnungen des Geschehens und haben eine Frau entdeckt, die auch bei mehreren ihrer früheren Aktionen anwesend war.«
»Lass mich raten: die Frau, deren Namen wir immer noch nicht kennen.«
»Genau die.«
»Warum ein Aufruhr? Und warum gerade jetzt?«
»Wir können nur raten. Es ist uns noch immer nicht gelungen, einen Agenten bei Kittery einzuschleusen. Ich vermute, der Zeitpunkt ist so gewählt, um die generelle Unsicherheit seit Victors Tod auszunutzen. Warum sie gerade einen Aufruhr gewählt haben - da kann ich dir zwei Möglichkeiten anbieten. Entweder ist ihre Organisation geschwächt, und ein derartiger Straßenkampf ist das Einzige, wozu sie derzeit in der Lage sind.«
»Ich hoffe, das ist die Antwort«, erklärte Heather.
»Ich auch.«
»Aber ich glaube nicht daran.«
Redburn schüttelte den Kopf. »Die zweite Möglichkeit ist, dass sie in der Vorbereitung von etwas Größerem stecken. Etwas, das vermutlich vor der Wahl stattfinden soll.«
»Wie groß?«
Redburn verzog das Gesicht. »Die Atmosphäre rund um diese Wahl beginnt einen verzweifelten Geschmack anzunehmen.
Zu viele Fraktionen scheinen zu glauben, wenn sie jetzt nicht bekommen, was sie wollen,
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