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Der Stachel des Skorpions

Der Stachel des Skorpions

Titel: Der Stachel des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Hardy
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Sein Atem entwich wie die Luft aus einem lecken Reifen. »Das ist Henrik Morten.«
    Jetzt war es Heather, die ungläubig starrte. »Das ist Henrik Morten?«
    Endlich gelang es Jonah, sich von dem Schirm loszureißen. »Du weißt, wer Henrik Morten ist?«
    »Sein Name ist letztens aufgetaucht, ja. Was weißt du über ihn?«
    Jonah schüttelte den Kopf und setzte sich wieder. »Offenbar ist unsere Besprechung doch noch nicht vorbei.«
    Staatliches Zuchthaus, Genf, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
    17. Dezember 3134
    Dann wollen wir uns die Hände mal ein wenig schmutzig machen, dachte Heather.
    Bis zur Wahl waren es nur noch Tage, und Levin hatte die offiziellen Quellen schon ziemlich ausgiebig nach Informationen über Henrik Morten ausgequetscht. Das Problem dabei war nur, dass in Fällen wie diesem offizielle Stellen in aller Regel sehr bewusst darauf achteten, so wenig wie möglich zu erfahren. Je mehr sie über bestimmte Aktivitäten nicht wussten, desto mehr konnten sie leugnen.
    Heather musste mit jemandem reden, der über ein größeres Wissen über die Einzelheiten rebellischer Umtriebe und die Rolle wusste, die Henrik Morten möglicherweise dabei spielte.
    Santangelo hatte sie begleiten wollen und - bei allem Respekt - darauf bestanden, dass er einschüchternder wirkte als sie und eher in der Lage sein könnte, dem Objekt ihres Verhörs die Zunge zu lösen. Die Verhörzimmer des staatlichen Zuchthauses von Genf wurden jedoch streng überwacht, und selbst eine Paladinin hatte Schwierigkeiten, das zu ändern. Ihr Gegenüber hätte genau gewusst, dass niemand ihn körperlich verletzen konnte, und dies hätte ihn gegen Santangelos Einschüchterungsversuche immun gemacht.
    Allerdings war einer der Gründe, warum es Heather GioAvanti bis zum Rang einer Paladinin gebracht hatte, der, dass sie mehr als eine Art kannte, jemanden zum Reden zu bringen.
    Nach vier Sicherheitsüberprüfungen befand sie sich schließlich in einem Wartezimmer von anderthalb Quadratmetern, gerade Platz genug für den Stuhl, auf dem sie saß. Vor ihr war eine Wand aus dickem Panzerglas, und auf der anderen Seite der Glasscheibe stand ein leerer Stuhl. Sie konnte die winzigen Kameralinsen nicht sehen, die nahezu unsichtbar über die Wände beider Zimmer verteilt waren. Doch sie wusste, dass sie da waren.
    Die Tür des anderen Raums öffnete sich und Roy-le Cragin schlenderte herein. Vom Hals aufwärts machte es den Eindruck, dass das Gefängnisleben Cragins Stil keinen Abbruch getan hatte. Er trug eine sorgfältig gescheitelte Frisur, und jedes Haar war an seinem Platz. Er trug auch immer noch seine Hornbrille, pure Affektiertheit bei jemandem mit perfekter Sicht. Er schien eher ein wohlhabender Investmentbanker als der Insasse eines Hochsicherheitsgefängnisses zu sein. Und ganz sicher machte er nicht den Eindruck des Revolutionärs, als den ihn seine Gerichtsakte auswies.
    Natürlich hätte Cragins persönlicher Stil ihm nie gestattet, in einem neongelben Overall oder mit Magnetschellen an Hand- und Fußgelenken herumzulaufen. Er schien sich allerdings an die Fesseln gewöhnt zu haben, und es gelang ihm tatsächlich, mit einer gewissen Eleganz das kurze Stück von der Tür bis zum Stuhl zu schlurfen. Er setzte sich geschmeidig hin, und Heather war sich bewusst, dass der Körper unter dem Overall noch ebenso muskulös war wie am Tag seiner Festnahme - ein Tag, an dem zwei Ritter der Sphäre den Tod gefunden hatten.
    »Paladinin GioAvanti«, erklärte Cragin und unternahm keinen Versuch, seinen Widerwillen zu verbergen. »Ich hoffe, Ihr Erscheinen bedeutet, dass meine Beschwerden über die Zustände hier angekommen sind.«
    »Ich fürchte nicht, Royle«, erwiderte sie. »Außerdem wissen Sie, dass die Gefängnisse nicht in die Zuständigkeit der Paladine fallen.«
    »Weil sie kein Interesse daran haben«, gab Cragin zurück. »Die Paladine haben die Autorität, in allen Bereichen der Republik tätig zu werden, an denen sie ein Interesse haben. Wäre es ihnen wirklich ein Anliegen, das Gefängniswesen zu reformieren, könnten sie das. Nur ist es angenehmer für sie, die ungeheuren Ungerechtigkeiten und die Entmenschlichung zu übersehen, die regelmäßig in den Gefängnissen stattfindet. Deshalb täuschen sie vor, nicht zuständig zu sein. Sehr bequem für Sie, nicht wahr?«
    Heather seufzte - und hoffte, dass Cragin es bemerkte. Ihn zu einem politischen Statement zu bewegen, war etwa so schwierig, wie einen Ball einen Hang

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