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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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damit sie schnellstmöglich wieder in Form kam? Dass sie ihren Körper ständiger kritischer Betrachtung aussetzte, ihn von anderen als akzeptabel oder inakzeptabel beurteilen ließ? Nein, das war undenkbar. Auf keinen Fall.
    Marinas Gedanken wanderten zurück zu ihrer Schwangerschaft. Zu der Zeit vor Phil, als Tony noch … noch da gewesen war. Sie hatte das Gefühl gehabt, als wäre sie die erste Frau überhaupt, die so etwas durchmachte. Sie hatte keinerlei Begeisterung empfunden, kein Fünkchen der überbordenden Freude, von der immer gesprochen wurde. Nur Panik. Helle Panik.
    Und dann war da noch die Sache mit Phil. Josephinas Vater. Die Umstände, unter denen sie zueinandergefunden hatten, waren denkbar traumatisch gewesen, und sie hatte gehofft, dass alles gut werden würde, wenn sie erst einmal fest zusammen waren. Dann würde sie sich beruhigen und sich über all das Neue in ihrem Leben freuen können.
    Aber …
    Josephinas Anblick erinnerte sie immerzu an das, was passiert war. An jene andere, dunkle Welt, die viel wirklicher schien als die sonnige, farbenfrohe um sie herum. Wenn sie Josephina ansah, sah sie kein Baby, sondern ihre leibhaftige Schuld.
    Genau das war ihr Problem. Sie konnte nie loslassen, nie einfach das Leben genießen, das sie mit ihrem Partner und ihrer Tochter zusammen hatte. So wie es sich gehörte. So wie alle anderen Mütter hier im Park es taten.
    Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht taten sie nur so. Vielleicht waren auch sie in Wahrheit im Innern vor Angst wie ausgedörrt.
    Sie sah sich um. Nein, das schienen sie nicht zu sein. Sie waren so glücklich und unbeschwert wie ihre Kinder, die auf dem Spielplatz tobten. Sie sah auf Josephina hinab. Sie schlief, die winzigen, zu Fäustchen geballten Hände neben dem Kopf. Sie bekam von alldem nichts mit.
    Prompt spürte Marina ein neues Schuldgefühl. Wegen ihrer Tochter. Es war ihre Pflicht, glücklich zu sein, schon um Josephinas willen. Sie war mit dem Mann zusammen, den sie liebte. Mit Phil, dem Vater ihres Kindes. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie nicht zusammen wären. Wenn sie keine Familie hätte. Wie würde sie sich dann fühlen? Nein, das funktionierte nicht.
    Sie bemühte sich so sehr, glücklich zu sein. Bemühte sich wirklich. Und scheiterte immer wieder.
    Marina schob den Kinderwagen vor und zurück. Josephina regte sich, schlief aber weiter. Sie hatte versucht, mit anderen Müttern ins Gespräch zu kommen, aber die meisten schienen ihren eigenen Bekanntenkreis zu haben. Keine ihrer alten Kolleginnen von der Uni hatte Kinder, mit ihnen konnte sie also auch nicht darüber reden. Und auch nicht mit Phil. Ganz gleich, wie sehr sie ihn liebte.
    Also saß sie hier in der Sonne, umgeben von spielenden Kindern, blühenden Blumen und im Schatten einer Burg, deren Mauern Sicherheit und Beständigkeit verhießen, und fühlte sich allein. Vollkommen allein.
    Sie erschrak, als ihr Handy klingelte. Ihr erster Impuls war es, nach Josephina zu schauen, ob sie von dem Geräusch aufgewacht war. Aber die Kleine schlief tief und fest. Gott sei Dank. Erleichtert warf sie einen Blick auf das Display und nahm den Anruf an. Sie kannte die Nummer.
    »Hey«, sagte sie.
    »Selber hey.«
    Phil.
    Ihr fiel nichts ein, was sie hätte sagen können.
    »Alles klar bei euch?«, erkundigte er sich.
    »Ja. Wir sitzen im Park. Genießen ein wenig die Sonne.« Sie biss sich auf die Lippe.
    »Wie gern wäre ich bei euch.« Er lachte kurz, aber es erstarb gleich wieder. »Wahrscheinlich weißt du es ja schon, wir haben hier einen Mord.«
    Sie wusste es nicht. Im Moment nahm sie kaum noch etwas wahr außer sich selbst. Dennoch durchrieselte sie sofort der altbekannte Schauer düsterer Erregung. »Und das heißt …«
    »Dass es spät wird heute Abend.« Er seufzte. »Tut mir leid. Du weißt ja, wie das ist.«
    Wieder diese Erregung. »Ja, ich weiß. Ist es …«, eigentlich sprach sie nur weiter, weil sie wusste, dass sie irgendetwas sagen musste, »… ist es sehr schlimm?«
    »Ist es jemals nicht schlimm?« Eine altbekannte Frage, die er oft stellte. »Aber ja. Schlimmer als … ja, ziemlich schlimm.« Fremde Stimmen drangen durch die Leitung, dann hörte sie ein Rascheln, als Phil die Hand übers Telefon hielt, bevor er ihnen antwortete. »Pass auf«, sagte er, als er wieder da war, »ich muss jetzt Schluss machen. Ich rufe später noch mal an, okay? Und sage dir Bescheid, wie die Lage so ist.«
    »Okay.«
    Sie beendete den Anruf

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