Der Staubozean
so daß wir unser Bündnis mit Gott wahren. Ich habe mich gegen die Stabilität versündigt, und das hast du auch. Aber ich gestehe es freimütig. Ich bereue! Vergibst du mir?«
Mich ergriff ein merkwürdiges Mitgefühl, als ich ihn anblickte. »Du siehst schrecklich aus, Murphig. Mach dir keine Sorgen - das ist zerstörerisch. Calothrick ist über Bord gestolpert, und es gibt genug Flackern für uns beide. Wir sollten uns verbünden, wir haben mehr Dinge als nur unsere Sünden gemeinsam. Und jetzt bringen wir dich besser in deine Koje.«
Murphig hatte einen Hustenanfall von solcher Heftigkeit, daß er mich aufschreckte. »Vergibst du mir?« fragte er heiser. »Gewähre mir Gnade! Vergibst du mir?«
»Du Idiot!« erwiderte ich. »Natürlich vergebe ich dir.«
»Gott sei Dank! Ich fühle mich so schlecht.« Er schwankte auf seinem Stuhl.
»Paß auf!« sagte ich und fing ihn auf, als er herunterfiel.
Vorsichtig legte ich ihn auf den Boden. Es sah nach einer Überdosis aus - sein Gesicht war jetzt so grau wie Walhaut. Sein Atem ging flach. Als ich seinen Puls fühlte, sah ich einen sich ausbreitenden Flecken an seiner linken Seite, die seine Hand bedeckt gehalten hatte. Hastig öffnete ich seine Jacke und sein Hemd und sah die Bescherung … das scheußliche Aufblitzen der abgebrochenen Klinge von Calothricks Messer, gezackt und von Blut glänzend.
Ich packte das Ende der Klinge mit dem zangenartigen Kopf eines Dosenöffners und zog sie aus der Wunde. Mit einem zusammengefalteten Topflappen drückte ich gegen die Wunde und stoppte die Blutung. Seine Füße legte ich auf die Querstange des Stuhls, um den Schock zu mildern, und als er zu atmen aufhörte, versuchte ich es mit künstlicher Beatmung. Aber er starb.
»Das ist das Schlimmste«, sagte ich zu mir. »Das absolut Schlimmste.« Ich nahm einen kleinen Schuß Flackern, um das Zittern meiner Hände zu bremsen. Ich breitete meine Decke über den Körper und setzte mich, um über einen Ausweg aus meiner Situation nachzudenken.
Es führte kein Weg daran vorbei. Ich würde Murphig über Bord werfen müssen. Ich konnte ihn nirgendwo gefahrlos verstecken, und es hatte keinen Sinn, ihn mit dem Indiz des Mords in seinem Körper an Bord zu lassen. Es war weitaus leichter, ihn ins Meer zu werfen; er würde nach Calothrick ein weiteres Rätsel der Tiefe werden. Das doppelte Verschwinden war keine sonderlich glückliche Lösung meines Problems, aber es war die gefahrloseste und einfachste.
Sobald ich meinen Entschluß erst einmal gefaßt hatte, hielt ich einen weiteren Aufschub nicht für sinnvoll. Ich nahm die Decke von der Leiche und vergewisserte mich, daß sie mit der kleinen Blutlache nicht in Berührung gekommen war. Dann nahm ich den Körper über eine Schulter und stieg schwerfällig die Treppe hoch. Ich öffnete die Luke und schaute hinaus. Ich konnte nichts Verdächtiges sehen und wankte langsam auf die Backbordreling zu. Ich wollte ihn gerade hinabwerfen, als mir der Gedanke kam, daß das Aufklatschen möglicherweise laut genug war, um Aufmerksamkeit zu erregen. Es war nicht sehr wahrscheinlich, aber ich ließ den Körper leise aufs Deck gleiten und machte mich bereit, ihn mit dem Kopf voran unter der Reling hindurchzuschieben.
Ich hörte schwere Fußtritte. An der Luke des Kapitäns flackerte eine Laterne auf. Ich schauderte, aber es war zu spät; er hatte mich beobachtet.
»Was haben wir denn da?« fragte der Kapitän.
14
Desperandum führt ein Experiment durch
I CH SAGTE GAR NICHTS . Desperandum bückte sich, um Murphigs Augenlid mit seinem plumpen Daumen hochzuziehen. Er hielt seine Laterne an das Gesicht des Toten und musterte das Auge einen Moment lang. Dann richtete er sich auf.
»Syncophin-Überdosis«, sagte er mit einer Art morbider Befriedigung. »Deutlich am Gesicht abzulesen. Haben Sie ihn ermordet, Newhouse?«
Ich zog meine Maske ein Stückchen vom Gesicht ab, gerade weit genug, um meine Stimme vernehmbar zu machen. »Nein«, sagte ich. Ich war zu benommen, um das Geschehen zu verbergen. »Er hat zuviel davon getrunken. Er war erregt, weil er gerade Calothrick umgebracht hatte.«
»Zum Teufel auch«, fluchte Desperandum. Er klang eher verärgert als schockiert. »Was für eine dumme, verantwortungslose Tat. Nun, Newhouse? Sitzen Sie nicht wie ein Häufchen Elend hier rum. Geben Sie mir eine Erklärung.«
»Also …«, setzte ich an.
»Machen Sie sich nicht die Mühe zu lügen. Ich kenne Sie weit besser, als Sie glauben. Ich weiß
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