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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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war, sagte Dubslav: »Engelke, wenn er wiederkommt, so sag ihm, ich sei nicht da. Das wird er natürlich nicht glauben; weiß er doch am besten, daß ich an mein Zimmer und meinen Rollstuhl gebunden bin. Aber trotzdem; ich mag ihn nicht. Es war eine Dummheit von Sponholz, sich grade diesen auszusuchen, solchen Allerneuesten, der nach Sozialdemokratie schmeckt und dabei seinen Stock so sonderbar anfaßt, immer grad in der Mitte. Und dazu auch noch ‘nen roten Schlips.«
    »Es sind aber schwarze Käfer drin.«
    »Ja, die sind drin, aber ganz kleine. Das machen sie so, damit es nicht jeder gleich merkt, wes Geistes Kind so einer ist und wohin er eigentlich gehört. Aber ich merk’ es doch, auch wenn er an Kaiser Wilhelms Geburtstag mit ‘ner papiernen Kornblume kommt. Also du sagst ihm, ich sei nicht da.«
    Engelke widersprach nicht, hatte jedoch so seine Gedanken dabei. »Der alte Doktor ist weg, und den neuen will er nicht. Un den aus Wutz will er auch nich, weil der so viel mit der Domina zusammenhockt. Un dabei kommt er doch immer mehr runter. Er denkt: ›Es is noch nich so schlimm.‹ Aber es is schlimm. Is genauso wie mit Bäcker Knaack. Un Kluckhuhn sagte mir schon vorige Woche: ›Engelke, glaube mir, es wird nichts; ich weiß Bescheid.‹«
    Das war am Montag. Am Freitag fuhr Moscheles wieder vor und verfärbte sich, als Engelke sagte, »der gnäd’ge Herr sei nicht da«.
    »So, so. Nicht da.«
    Das war doch etwas stark. Moscheles stieg also wieder auf seinen Wagen und bestärkte sich, während er nach Gransee zurückfuhr, in seinen durchaus ablehnenden Anschauungen über den derzeitigen Gesellschaftszustand. »Einer ist wie der andre. Was wir brauchen, is ein Generalkladderadatsch, Krach, tabula rasa.« Zugleich war er entschlossen, von einem erneuten Krankenbesuch abzustehen. »Der gnäd’ge Herr auf, von und zu Stechlin kann mich ja rufen lassen, wenn er mich braucht. Hoffentlich unterläßt er’s.«
    Dieser Wunsch erfüllte sich denn auch. Dubslav ließ ihn nicht rufen, wiewohl guter Grund dazu gewesen wäre, denn die Beschwerden wuchsen plötzlich wieder, und wenn sie zeitweilig nachließen, waren die geschwollenen Füße sofort wieder da. Engelke sah das alles mit Sorge. Was blieb ihm noch vom Leben, wenn er seinen gnäd’gen Herrn nicht mehr hatte? Jeder im Haus mißbilligte des Alten Eigensinn, und Martin, als er eines Tages vom Stall her in die nebenan gelegene niedrige Stube trat, wo seine Frau Kartoffeln schälte, sagte zu dieser: »Ick weet nich, Mutter, worüm he den jungschen Dokter rutgrulen däd. De Jungsche is doch klöger, as de olle Sponholz is. Doa möt man blot de Globsower über Sponholzen hüren. ›Joa, oll Sponholz‹, so seggen se, ›de is joa so wiet ganz good, awers he seggt man ümmer: Kinnings, krank is he egentlich nich, he brukt man blot ‘ne Supp mit en beten wat in!‹ Joa, Sponholz, de kann so wat seggen, de hett wat dato. Awers de Globsower! Wo salln de ‘ne Supp herkregen mit en beten wat in?«
    So verging Tag um Tag, und Dubslav, dem herzlich schlecht war, sah nun selber, daß er sich in jedem Punkt übereilt hatte. Moscheles war doch immerhin ein richtiger Stellvertreter gewesen, und wenn er jetzt einen andern nahm, so traf das Sponholzen auch mit. Und das mocht’ er nicht. In dieser Notlage sann er hin und her, und eines Tages, als er mal wieder in rechter Bedrängnis und Atemnot war, rief er Engelke und sagte. »Engelke, mir is schlecht. Aber rede mir nich von dem Doktor. Ich mag unrecht haben, aber ich will ihn nicht. Sage, wie steht das eigentlich mit der Buschen? Die soll ja doch letzten Herbst uns’ Kossät Rohrbeckens Frau wieder auf die Beine gebracht haben.«
    »Ja, die Buschen…«
    »Na, was meinst du?«
    »Ja, die Buschen, die weiß Bescheid. Versteht sich. Man bloß, daß sie ‘ne richtige alte Hexe is, und um Walpurgis weiß keiner, wo sie is. Und die Mächens gehen sonnabends auch immer hin, wenn’s schummert, und Uncke hat auch schon welche notiert und beim Landrat Anzeige gemacht. Aber sie streiten alle Stein und Bein; und ein paar haben auch schon geschworen, sie wüßten von gar nichts.«
    »Kann ich mir denken, und vielleicht war’s auch nich so schlimm. Und dann, Engelke, wenn du meinst, daß sie so gut Bescheid weiß, da wär’s am Ende das Beste, du gingst mal hin oder schicktest wen. Denn deine alten Beine wollen auch nich mehr so recht, und außerdem is Schlackerwetter. Und wenn du mir auch noch krank wirst, so hab’ ich ja keine

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