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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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bei deinem Hofrat, wo du nu zuletzt warst, auch so?«
    »Nein, bei Hofrats war es nicht so. Die wohnten ja auch in einem ganz neuen Hause. Hofrats waren Trockenwohner. Und in dem, was jetzt die neuen Häuser sind, da kommen, glaub’ ich, die Hängeböden gar nicht mehr vor; da haben sie bloß noch die Badestuben.«
    »Nu, das is aber doch ein Fortschritt.«
    »Ja, das kann man sagen; Badestube als Badestube ist ein Fortschritt oder, wie Onkel Hartwig immer sagt, ein Kulturfortschritt. Er hat meistens solche Wörter. Aber Badestube als Schlafgelegenheit is kein Fortschritt.«
    »Gott, Kind, sie werden dich aber doch nich in eine Badewanne gepackt haben?«
    »I bewahre. Das tun sie schon der Badewanne wegen nich. Da werden sie sich hüten. Aber… Ach, Frau Imme, ich kann nur immer wieder sagen, Sie wissen nich Bescheid; Sie hatten es gut, wie Sie noch unverheiratet waren, und nu haben Sie’s erst recht gut. Sie wohnen hier wie in einer kleinen Sommerwohnung, un daß es ein bißchen nach Pferde riecht, das schadet nich; das Pferd is ein feines und reinliches Tier, und all seine Verrichtungen sind so edel. Man sagt ja auch: das edle Pferd. Und außerdem soll es so gesund sein, fast so gut wie Kuhstall, womit sie ja die Schwindsucht kurieren. Und dazu haben Sie hier den Blick auf die Kugelakazien und drüben auf das Marinepanorama, wo man sehen kann, wie alles is, und dahinter haben Sie den Blick auf die Kunstausstellung, wo es so furchtbar zieht, bloß damit man immer frische Luft hat. Aber bei Hofrats… Nein, diese Badestube!«
    »Gott, Hedwig«, sagte Frau Imme, »du tust ja, wie wenn es eine Mördergrube oder ein Verbrecherkeller gewesen wäre.«
    »Verbrecherkeller? Ach, Frau Imme, das is ja gar nichts. Ich habe Verbrecherkeller gesehen, natürlich bloß zufällig. Da trinken sie Weißbier und spielen Sechsundsechzig. Und in einer Ecke wird was ausbaldowert, aber davon merkt man nichts.«
    »Und die Badestube… warum is sie dir denn so furchtbar, daß du dich ordentlich schudderst? Der Mensch muß doch am Ende baden können.«
    »Ach was, baden! natürlich. Aber ‘ne Badestube is nie ‘ne Badestube. Wenigstens hier nicht. Eine Badestube is ‘ne Rumpelkammer, wo man alles unterbringt, alles, wofür man sonst keinen Platz hat. Und dazu gehört auch ein Dienstmädchen. Meine eiserne Bettstelle, die abends aufgeklappt wurde, stand immer neben der Badewanne, drin alle alten Bier- und Weinflaschen lagen. Und nun drippten die Neigen aus. Und in der Ecke stand ein Bettsack, drin die Fräuleins ihre Wäsche hineinstopften, und in der andern Ecke war eine kleine Tür. Aber davon will ich zu Ihnen nicht sprechen, weil ich einen Widerwillen gegen Unanständigkeiten habe, weshalb schon meine Mutter immer sagte: ›Hedwig, du wirst noch Jesum Christum erkennen lernen.‹ Und ich muß sagen, das hat sich bei Hofrats denn auch erfüllt. Aber fromm waren sie weiter nich.«
    Während Hedwig noch so weiter klagte, hörte man, daß draußen die Klingel ging, und als Frau Imme öffnete, stand Rudolf auf dem kleinen Flur und sagte, daß er Vatern holen solle und Hedwigen auch; Mutter müsse weg.
    »Na«, sagte Frau Imme, »dann komm nur, Rudolf, un iß erst ein Stück Streusel und bestell es nachher bei deinem Vater.«
    Bald danach nahm sie denn auch den Jungen bei der Hand und führte ihn in das Nebenzimmer, wo die drei Männer vergnügt an ihrem Skattisch saßen. Ein großes Spiel war eben gemacht; alles noch in Aufregung.
    Robinson, als er Rudolfen sah, nickte ihm zu und sagte zu Imme: »Das is ja der hübsche Junge, den ich vorhin auf dem Hof gesehen habe mit seinem hoop; - nice boy.«
    »Ja«, sagte Imme, »das ist unserem Freund Hartwig seiner.« Hartwig selber aber rief seinen Jungen heran und sagte: »Na, Rudolf, was gibt’s? Du willst mich holen. Du sollst aber auch noch ‘ne Freude haben. Kuck dir mal den Herrn da an, der dich so freundlich ansieht. Das is Robinson.«
    »Haha.«
    »Ja, Junge, warum lachst du? Glaubst du’s nich, wenn ich dir sage, das is Robinson?«
    »I bewahre, Vater. Robinson, den kenn’ ich. Robinson hat ‘nen Sonnenschirm und ein Lama. Un der is auch schon lange dod.«

Fünfzehntes Kapitel
    Unsere Landpartieler waren im Angesicht von Spindlersfelde nach dem Eierhäuschen zurückgekehrt und hatten sich hier an zwei dicht am Ufer zusammengerückten Tischen niedergelassen, eine Laube von Baumkronen über sich. Sperlinge hüpften umher und warteten auf ihre Zeit. Gleich danach erschien auch ein

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