Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
Vom Netzwerk:
wünscht. Er liebt Annehmlichkeiten wie schöne Kleidung und gutes Essen, und es fehlt ihm an der geringsten Selbstdisziplin. Er ist eitel auf sein Aussehen bedacht, und wir kennen den Fluch, der jene befällt, die die Magie der Leere praktizieren. Er hat keine Geduld. Sobald ihm eine Aufgabe zu schwierig oder zu unangenehm wird, lässt er sie fallen. Nein, Hochwürden«, sagte Evaristo mit zunehmender Überzeugung, »es sind gerade die Fehler des Prinzen, die ihn davon abhalten werden, der Versuchung anheim zu fallen, die Ihr befürchtet.«
    Der Ehrenwerteste Hohe Magus betrachtete Evaristo forschend. »Ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt. Ihr beruhigt mich sehr. Obwohl es mir seltsam vorkommt, dass wir für die Fehler einer Person dankbar sein sollten. Nun bleibt immer noch die Frage, wie wir damit umgehen.«
    »Werdet Ihr mit dem König darüber sprechen?«, fragte Evaristo.
    Reinholt dachte nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das werde ich nicht. Es würde ihn nur unnötig belasten. Und er würde es vielleicht dem Jungen selbst gegenüber erwähnen, und nach allem, was Ihr mir erzählt habt, ist es besser, den Vorfall so weit wie möglich herunterzuspielen.«
    Evaristo war erleichtert. Ein solches Gespräch wäre ausgesprochen unangenehm gewesen.
    »Was muss ich also tun, Hochwürden? Wie soll ich von nun an mit dem Prinzen umgehen?«
    »Ihr erwähnt es selbstverständlich nicht mehr. Lasst die Angelegenheit fallen. Aber bleibt wachsam. Wenn Ihr irgendetwas hört oder seht, berichtet es mir sofort.«
    »Selbstverständlich. Aber was, wenn der Prinz Fragen stellt?« Reinholt lächelte. »Sagt ihm, er solle in die Große Bibliothek gehen und sich die Antworten in den Büchern suchen. Das wird seinen Ehrgeiz im Keim ersticken.«
    »In der Tat, Ehrenwerter Magus«, erwiderte Evaristo und fühlte sich getröstet.
    Der nächste Tag schien zu beweisen, dass er Recht gehabt hatte. Es hörte auf zu regnen, wenn auch nur für den Nachmittag, denn dann türmten sich im Westen schon wieder dunkle Wolken auf. Aber im Augenblick war der Tag schön und ungewöhnlich warm und sonnig. Prinz Dagnarus erschien nicht zum Unterricht. Die Soldaten waren aus dem Manöver zurückgekehrt, und er wollte unbedingt von Argot erfahren, wie es gewesen war. Gareth war immer noch ernst und still, aber das hielt Evaristo nur für natürlich. Er gab sich selbst die Schuld. Als Gareth fragte, ob sie wieder in die Königliche Bibliothek gehen könnten, tat ihm der Lehrer nur zu gern den Gefallen, denn er nahm an, dass man den Jungen auf diese Weise am wirkungsvollsten von der unseligen Zeichnung ablenken könnte.
    In der Bibliothek folgte Gareth dem Weg, den er beim letzten Mal eingeschlagen hatte, und fand das Buch ohne Schwierigkeiten. Später sollte er sich manchmal fragen, ob er das auch noch gewollt hätte, wenn Evaristo ihm die Wahrheit gesagt hätte. Wäre Evaristo ehrlich mit ihm gewesen und hätte er seine Fragen beantwortet, hätte Gareth dann immer noch getan, was der Prinz von ihm verlangte, ganz gleich, wie schwerwiegend die Folgen für ihn gewesen wären?
    Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Gareth konnte später nie eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage finden. Zweifellos hatte Evaristos ausweichendes Verhalten der Angelegenheit eine geheimnisvolle Aura verliehen. Und Gareth missbilligte es wie die meisten Kinder, als Kind bezeichnet zu werden und zu hören, dass er die Dinge schon verstehen würde, wenn er erst älter wäre.
    Der Lehrer hatte die Angelegenheit zu einer Herausforderung gemacht. Gareth konnte sich das selbst ausrechnen, aber er wusste auch, dass der wahre Grund dafür, das Buch zu stehlen, einfach darin bestand, dass Dagnarus es befohlen hatte. Nein, das stimmte auch nicht ganz. Gareth stahl das Buch, weil Dagnarus es sich gewünscht hatte.
    Aus diesem Grund hatte Gareth später das Gefühl, er hätte es auch getan, wenn Evaristo ihm alle Fragen der Welt beantwortet hätte.
    Der Prügelknabe fand das Buch, setzte sich in dem leeren Zimmer auf den Boden und begann abermals, es sich anzusehen. Die Worte, die beim letzten Mal so unverständlich gewesen waren, erschienen ihm nun vernünftiger, wenn er auch noch viel Zeit des Studiums brauchen würde, bis er sie vollkommen verstand.
    Als es an der Zeit war zu gehen, fiel es ihm nicht schwer, den schmalen Band in den Bund seiner Unterhose zu stecken, wo er fest an seinem Bauch ruhte, und das Hemd darüberzuziehen. Dennoch hatte er schreckliche Angst, dass

Weitere Kostenlose Bücher