Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Zeitpunkt sie für die Verwandlungszeremonie festlegen.«
»Jawohl, Euer Hoheit.« Silwyth kehrte an seinen Platz am Loch in der Wand zurück, aber er drehte sich noch einmal um, bevor der Prinz ging. »Verzeiht, Euer Hoheit, aber ich habe ganz vergessen, Euch mitzuteilen, dass ich heute eine Antwort des Schilds auf Euren Vorschlag erhalten habe.«
»Ja, und?«
»Der Schild freut sich. Euch seine vollständige Unterstützung zusichern zu können. Und er hält darüber hinaus auch noch eine Armee von fünftausend Mann bereit, die die Grenze überqueren können, sobald Ihr es wünscht.«
»Hervorragend!« Dagnarus rieb sich die Hände.
»Der Schild hat allerdings seine Besorgnis wegen der Grenzpatrouillen geäußert, Euer Hoheit.«
»Die Grenze ist lang, Silwyth«, meinte Dagnarus. »Es gibt Bereiche, die monatelang nicht bewacht werden, besonders dann, wenn die Patrouillen am Manöver in einem anderen Teil des Königreichs teilnehmen. Ich werde dem Schild einen Ort an der Grenze nennen, wo die elfische Armee in Sicherheit sein wird.«
»Sehr wohl, Euer Hoheit.«
»Du solltest schon einmal üben, mich mit Euer Majestät anzureden«, sagte Dagnarus mit einem Zwinkern.
»Klopft auf Holz, Euer Hoheit«, mahnte Silwyth ihn. »Schnell! Man sollte das Schicksal nicht so herausfordern!«
»Bah!«, erwiderte Dagnarus und lachte leise. »Du klingst wie ein Ork!«
Aber nachdem der Prinz gegangen war, rieb Silwyth mit ernster Miene die Finger über die Sitzfläche des hölzernen Hockers.
Verkleidet als Magus und in Umhang und Kapuze gehüllt, kehrte Dagnarus in den Tempel zurück, aber nicht in seine Zelle. Er würde dort sein müssen, wenn die Paladine kamen, um ihm zu sagen, dass man ihm seinen größten Wunsch gewähren würde. Aber das würde noch einige Zeit dauern. Die Debatte würde zumindest noch ein paar Stunden weitergehen. In dieser Sache war Helmos seinem Halbbruder ähnlich – er gab nicht kampflos auf.
Auf Umwegen gelangte Dagnarus zu den vergessenen Grabmalen und von dort in den Altarraum, der der Leere geweiht war. Es war Zeit, den Vrykyl in die Welt hinauszuschicken.
Dagnarus war ausgesprochen zufrieden mit dem Vrykyl. Der Prinz hatte Shakur mehrmals geprüft, und der Vrykyl hatte alle Prüfungen bestanden und alle Befehle des Prinzen, ohne Fragen zu stellen, ausgeführt. Die Kraft des Vrykyl war beeindruckend und übertraf die eines gewöhnlichen Sterblichen um ein Mehrfaches. Shakur war kein sonderlich angenehmer Gesellschafter – Dagnarus fand es verstörend, in diese leblosen Augen zu schauen. Aber der Prinz konnte so viel angenehme Gesellschaft haben, wie er wollte. Was er brauchte, war ein treuer und Furcht erregender Krieger.
Er schloss die Tür auf und betrat die Kammer. Er warf einen Blick zu der Steinplatte, auf der der Vrykyl normalerweise lag, und stellte erschrocken fest, dass Shakur verschwunden war.
»Euer Hoheit«, erklang eine Stimme.
Dagnarus erspähte aus dem Augenwinkel einen Mann, der hinter ihm stand. Der Prinz drehte sich um, die Hand am Messergriff, die Klinge bereits halb gezogen.
»Euer Hoheit«, sagte der Mann. »Erkennt Ihr mich denn nicht? Ich bin es, Shakur.«
Dagnarus starrte ihn an. Er steckte das Messer wieder ein.
»Ich hätte dich nicht erkannt«, meinte der Prinz. »Du bist ganz bestimmt
nicht
der Shakur, den ich in der Todeszelle gesehen habe.«
Der Mann war groß – größer als Shakur zu Lebzeiten – und besser proportioniert. Sein Gesicht war den Zügen Shakurs recht ähnlich, aber ohne die schreckliche Narbe, und ein wenig hübscher. Sein Lächeln war beinahe liebenswert. Die Augen allerdings waren immer noch tot, keine Wärme stand in diesem Blick, kein Lachen, kein Kummer. In diese Augen zu schauen war, als schaute man in die Leere selbst. Aber auf den ersten Blick würden die meisten es nicht bemerken. Der Mann war gut gekleidet, oder es schien zumindest so.
»Alles Illusionen«, sagte der Vrykyl. »Ich kann sein, was immer ich sein möchte. Vielleicht gefalle ich Euch in dieser Gestalt ja besser.«
Der Vrykyl begann zu schimmern und zu beben, dann bildete sich sein Umriss neu, und ein neues Wesen entstand: Die Hure, mit der Shakur die letzten Stunden seines Lebens verbracht hatte, stand vor Dagnarus und grinste ihn lüstern an.
Dann verschwand sie wieder, und der Vrykyl nahm abermals seine ursprüngliche Gestalt in der schwarzen Rüstung an.
»Hervorragend«, sagte Dagnarus erfreut. »Das passt mir sehr gut.«
»Mir ebenfalls«, erklärte
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