Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Gesicht von Prinz Dagnarus, bleich, aber immer noch schön, die Augen dunkel von der Erinnerung an den Schmerz und glitzernd im Siegesrausch. Gareth traten Tränen in die Augen, und er wusste nicht, ob es Tränen der Freude oder bitteren Kummers waren. Er wusste nicht, ob er den Göttern danken oder sie verfluchen sollte. Ungeduldig wischte er die Tränen weg und zuckte zusammen, als sich eine kalte Hand um seinen Unterarm krallte.
»Passt auf!«, flüsterte Silwyth. »Haltet Euch bereit. Zumindest, falls Ihr immer noch treu zu ihm steht.«
Gareth verstand. Er würde eine Entscheidung treffen müssen. Aber für ihn gab es keine Frage. Er hatte diese Entscheidung schon vor langer Zeit getroffen, als er im Spielzimmer geblieben war, um der Prügelknabe des Prinzen zu werden.
Dagnarus lächelte – ein spöttisches Lächeln – und wandte sich, die Hand immer noch am Schwertgriff, seinem Vater zu, um sich vor ihm zu verbeugen.
Tamaros saß zusammengesunken auf dem Thron. Er regte sich nicht, er sagte kein Wort. Seine Haut war aschgrau, und er hatte die Augen weit aufgerissen. Diese Augen waren das einzig Lebendige an ihm. Der Rest hätte zu einer Leiche gehören können. Sein rechter Mundwinkel hing schlaff herab, seine rechte Hand war von der Armlehne gerutscht, und der Arm baumelte an seiner Seite.
»Vater.« Dagnarus winkte grüßend mit der behandschuhten Hand. »Es sieht so aus, als hättest du nun einen Sohn, der am Tag regieren kann, und einen, der die Nacht beherrscht.«
Tamaros rührte sich nicht. Er versuchte, etwas zu sagen, aber der einzige Laut, der sich seinem erschütterten Körper entrang, war ein gutturaler Schrei wie der eines Tieres, das von einem Pfeil getroffen wurde.
Dagnarus warf ihm einen angewiderten Blick zu, dann drehte er sich zu seiner Mutter um. »Nun, Mutter, das hast du doch immer gewollt. Bist du stolz auf deinen Sohn?«
Emillia starrte ihn an und blinzelte. Der Schock hatte ihren Geist endgültig aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie hatte keine Ahnung, was geschehen war. Sie wusste nur, dass sie gesehen hatte, wie ihr Sohn starb, und nun war er am Leben. Sie gab ein zwitscherndes, glucksendes Lachen von sich und streckte die Hand aus, um die schwarze Rüstung zu berühren.
»Du bist jetzt ein Paladin, mein Sohn. Und eines Tages wirst du König sein. Ich habe es immer gewusst. Wie elegant du aussiehst.«
Ihre Damen keuchten entsetzt auf und versuchten, sie zum Schweigen zu bewegen.
Dagnarus sah seine Mutter voller Verachtung an. Er schlug ihre Hand beiseite, drehte sich auf dem Absatz um und wandte seinem Vater und seinem Bruder den Rücken zu.
»Und was haben die Götter dazu zu sagen?«, fragte er den Ehrenwertesten Hohen Magus mit höhnischem Lächeln. Er zeigte auf das Pergament. »Ich bin Paladin. Paladin von was?«
Reinholt starrte Dagnarus an, als spräche dieser eine unbekannte Sprache. Dann fasste sich der Magus und schaute auf das Pergament, das auf dem Altar lag. Er streckte eine zitternde Hand aus, um es hochzuheben und es den Zeugen zu zeigen.
Das Pergament war voller Blut.
Als Dagnarus mit der Faust auf den Altar geschlagen hatte, war der Krug mit dem Lammblut umgefallen und das Blut auf das Pergament geflossen. Aber jene, die in der Nähe standen, konnten sehen, dass sich eine Schrift auf dem Pergament abzeichnete, Buchstaben in Schwarz, wie mit Flammen geschrieben.
»Paladin der Leere«, las der Ehrenwerteste Hohe Magus. Er ließ das Pergament auf den Altar fallen, als hätte es ihm die Finger verbrannt.
Selbst Dagnarus schien einen Augenblick lang erschüttert zu sein. Er wurde beinahe so bleich wie sein vom Schlag getroffener Vater, und er krampfte die Hand fest um den Schwertgriff. Er stand schweigend da und holte erschaudernd tief Luft. Einen flüchtigen Moment lang war er wieder das Kind, an das Gareth sich erinnern konnte: ungeliebt, einsam, verlassen. Gareth wäre nicht überrascht gewesen – er erwartete es sogar halb –, wenn Dagnarus plötzlich zusammengebrochen wäre, sich zu den Füßen seines Vaters niedergeworfen und um Verzeihung gefleht hätte. Aber Ehrgeiz, schwarz wie die Rüstung, und Stolz, so hart und kalt wie ihre glitzernde Oberfläche, umgaben den jungen Prinzen. Er hob den Kopf, und seine Augen blitzten.
»Verflucht sollt Ihr sein!«, sagte er zu dem Magus. Mit einer weit ausholenden Geste zeigte er auf alle im Tempel Versammelten. »Verflucht sollt ihr alle sein! Und denkt daran – eines Tages werde ich über euch
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