Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
sie mit toten Augen an. Hinter ihm starrten die toten Augen der Stadt Vinnengael.
»Er ist hier irgendwo«, sagte Valura zu Shakur. »Er war innen im Portal. Seine Magie wird ihn schützen.«
»Das Portal!«, meinte Shakur verächtlich. »Die Portale können niemanden schützen. Die Portale sind verschwunden.«
»Verschwunden.« Nun hielt Valura doch inne. Sie hatte keine andere Wahl, als ihm zu glauben. Jene, die durch das Blutmesser miteinander verbunden sind, können einander nicht belügen. »Verschwunden! Wie meinst du das?«
Shakur stand oben auf der Ruine und sah sich um, und unter seinem schwarzen Helm schien er den Geruch des umherwehenden Rauches zu prüfen.
»Der Sieg war unser«, sagte er. »Wir haben sie von der Mauer gedrängt. Die Tore öffneten sich unserer Macht. Unsere Soldaten stürmten in die Stadt. Viele Feinde flohen einfach, aber andere nicht. Die Paladine kämpften weiter und versammelten die Mutigen um sich. Aber wir hätten gesiegt, das bezweifle ich nicht.
Und dann begannen die Glocken zu läuten. Die Magier liefen überall herum und forderten die Leute auf zu fliehen, um ihr Leben zu retten. Ich spürte, dass sie die Wahrheit sagten, dass uns etwas Schlimmeres drohte als Krieg. Und dann spürte ich, wie die Magie zerriss, wie sie durch die Luft peitschte wie ein gerissenes Seil. Auch die Lebenden spürten es. Unsere Soldaten dachten nicht mehr an den Sieg, sondern liefen um ihr Leben. Freund und Feind ließen die Waffen fallen und reichten einander die Hände, um sich gegenseitig bei der Flucht zu helfen.«
»Und du?«, fragte Valura kalt. Sie hasste ihn mehr als die anderen. »Was hast du getan, Shakur? Bist du ebenfalls geflohen?«
»Ich bin nicht geflohen. Ich habe den Tumult ausgenutzt, um mich zu erfrischen, wie du es offenbar auch getan hast.« Shakur starrte anzüglich auf das Blut auf Valuras Lippen und Händen. »Und dann drang ein Lichtstrahl aus dem Tempel, so hell, dass es mir in die Augen schnitt. Er machte die Nacht zum Tag. Dann kam die Explosion. Ich sah Vinnengael sterben, und dann wusste ich, dass er tot war. Der Herr war tot, und wir waren frei.«
Valura wandte sich von ihm ab und machte sich wieder an die Arbeit.
»Ich dachte daran, eins der Portale zu benutzen«, fuhr Shakur fort. Er trat gegen einen noch schwelenden Balken, und Funken sprühten in die Luft. »Ich hatte vor, ins Elfenland zu gehen. Dort wäre es leicht, sich zu ernähren. Die Elfen kennen uns nicht. Ich könnte meine eigene Armee aufstellen, könnte selbst König werden…«
»Und was ist passiert?«, fragte Valura und warf ihm aus den Augenschlitzen ihres Helmes einen Blick zu. »Warum bist du noch hier?«
»Ich habe es dir doch gesagt. Die Portale sind weg.«
Sie richtete sich auf. »Und wo sind sie hin?«
Shakur zuckte die Achseln. »Verschwunden? Mag sein. Vielleicht haben sie sich auch bewegt. Das ist eine Möglichkeit. Ich weiß nur, dass man noch in den Eingang kommt, den Teil, der nicht eingestürzt ist, aber dahinter ist nichts mehr. Die Magie ist weg. Man kann sie nicht mehr spüren.« Er sah sich um. »Ebenso, wie man sie hier nicht mehr spüren kann.«
Valura arbeitete weiter.
»Komm mit uns, Valura«, sagte Shakur. Er wies auf die anderen Vrykyl. »Wir werden unser eigenes Reich schaffen, unsere eigenen Herren sein. Es gibt genug Städte, die reif sind, eingenommen zu werden. Du bist mächtig und stark, und deine Schönheit lockt Männer leicht in den Tod. Ich könnte dich gut gebrauchen.«
Valura hörte auf zu arbeiten. Shakur hatte Recht. Die Magie war verschwunden. Das Portal der Götter befand sich nicht mehr hier. Aber es war irgendwo, und Dagnarus war darinnen. Sie konnte jetzt seine Stimme hören, vernahm sie leise durch das Blutmesser.
»Du wirst eine Armee aufstellen, Shakur«, sagte sie. »Eine mächtige Armee. Aber nicht für dich selbst, nicht zu deinem eigenen Ruhm, nicht, um deinen Ehrgeiz zu befriedigen. Du wirst eine Armee für Dagnarus aufstellen.«
Der Vrykyl lachte verächtlich.
»Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende. Er lebt, Shakur«, sagte Valura so überzeugt, dass Shakur aufhörte zu lachen. »Unser Herr ist schwach und verwundet. Die Magie hat ihn weit, weit von hier weggeschleudert. Aber sie konnte ihn nicht töten. Und wenn ich hundert und aberhundert Jahre suchen muss, ich werde ihn finden.
Und wenn er zurückkehrt, wird seiner Armee die ganze Welt gehören.«
Epilog
Der Bahk war männlich, jung und noch nicht vollkommen ausgewachsen,
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