Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
geeigneten Kleidung noch betonen konnte, und selbst in diesem frühen Alter verstand er, welche Macht ihm dieses Aussehen über andere verlieh.
Während er aß und sich anzog, unterhielten sich die beiden Knaben über die bevorstehenden Ereignisse und bestürmten Silwyth mit Fragen.
»Warum ist mein Vater kein Paladin, Silwyth?«, wollte Dagnarus wissen.
»Euer Vater ist mehr gesegnet als alle anderen Männer durch das Geschenk, den Orden der Paladine ins Leben gerufen zu haben. Es wäre nicht angemessen, wenn er sich selbst diese Ehre erwiese, ebenso wie es für Euer Hoheit unangemessen wäre, Euch ein Geschenk zu kaufen.«
Silwyth platzierte einen goldenen Reif auf Dagnarus' Stirn und erklärte, es sei an der Zeit, seinem Vater und seiner Mutter aufzuwarten.
»Warum werden keine Elfen Paladine, Silwyth?«, fragte Dagnarus, als sie sich zum Aufbruch bereit machten.
»Das ist eine sehr gute Frage, Euer Hoheit«, erwiderte Silwyth. Weder seine Miene noch seine Stimme offenbarten irgendwelche Gefühle, aber die gewohnte Kühle war von ihm gewichen; ein Flackern brannte in seinen dunklen, schrägen Augen. »Ich glaube, diese Frage ist auch Seiner Majestät bereits von gewissen Personen gestellt worden.«
Dagnarus und Gareth wechselten einen Blick, aber sie hatten keine Zeit mehr, über diese Unheil verkündende Bemerkung zu sprechen, denn nun wurde der Prinz zu seinen Pflichten geführt. Gareth sollte sich mit seinen Eltern treffen.
Gareths Mutter begann zu weinen, als sie ihn in seinem kurzen Überrock sah, und erklärte, nun habe sie ihren kleinen Jungen verloren.
Der Tempel der Magier war ein gewaltiges Gebäude, das sich auf derselben Ebene befand wie der Palast. Ein riesiger öffentlicher Platz trennte den Tempel vom Schloss. Der Tempel selbst war mit spiegelnden Teichen und Springbrunnen, Blumen und Bäumen in Steinbehältern geschmückt; es handelte sich um einen ausgedehnten Gebäudekomplex, der auch die Heilerhalle, die Universität mit den Unterkünften für die Schüler der Magie und den Hörsälen und die Privatgemächer der zehn Hohen Magier selbst beherbergte, zusammen mit den Zimmern ihrer Schreiber und Sekretäre und Diener.
Der mittlere Teil des Tempels war ein riesiges Amphitheater unter einem Kuppeldach, das für alle möglichen Zwecke genutzt wurde: Der König wandte sich hier, wenn es notwendig war, mit Ansprachen an sein Volk; an den Feiertagen wurden religiöse Zeremonien abgehalten; die Oberhäupter der Handwerksgilden trafen sich dort einmal im Monat, um ihre Angelegenheiten zu diskutieren. Jeder konnte hier hereinkommen und mit den Göttern sprechen, Blumen auf die Altäre legen und durch das Entzünden von Kerzen darum bitten, dass seine Gebete erhört würden. Und nun sollte hier die Verwandlungszeremonie stattfinden.
Gareth, der mit seinen Eltern aus dem Palast kam, spähte über den für gewöhnlich eher leeren Platz hinweg, auf dem sich nun ein ganzes Meer von Menschen versammelt hatte. Die gesamte Bevölkerung von Vinnengael war anwesend, denn wegen des freudigen Anlasses waren die Tore zur dritten Ebene weit geöffnet worden, und jene, die drunten am Seeufer auf der ersten Ebene wohnten oder auf der zweiten, auf der sich die Marktplätze befanden, durften die Königliche Stadt betreten. Viele waren aus Dunkarga angereist, nicht nur um die Parade zu sehen – was alles sein würde, was sie von der Zeremonie zu Gesicht bekämen –, sondern vor allem, um ihre Waren auf dem Jahrmarkt zu verkaufen, der zu Helmos' Ehren abgehalten wurde.
Hauptmann Argot kam auf seinem Streitross vorbeigeritten und sah streng und aufmerksam aus, denn ihm und seinen Soldaten fiel die Aufgabe zu, die Menge, die Zehntausende zählen musste, unter Kontrolle zu halten. Soldaten standen entlang des Weges, der vom Palast zum Tempel führte. Fuß an Fuß, die Arme verschränkt, bildeten sie eine lebendige Mauer, gegen die sich die Zuschauer drängten, alle begierig, einen Blick auf die königliche Prozession werfen zu können. Andere Soldaten standen in Formation auf der Palasttreppe bereit. Sie trugen riesige Bronzeschilde, und falls die Menge unruhig würde, würden sie einen Keil aus Bronze bilden, der leicht durch die Zuschauermassen dringen würde.
Gareths Familie nahm mit den anderen Adligen ihre Plätze in der Parade ein. Der Kämmerer Seiner Majestät sortierte sie nach Rang und Stellung; Gareths Eltern wurden weit nach vorn geschickt, was dem Jungen gefiel, seinen Vater aber verärgerte. Die
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