Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
hatte in seinen schweren Sachen geschwitzt, und hier, in der Kälte, erschauerte er unter dem Schweiß. Draußen hatte er die freudige Aufregung der Parade erlebt. Hier drinnen herrschte Stille. Der Lärm der Menge wurde ausgeschlossen, als die großen Tore sich dröhnend schlossen, und er wurde dadurch daran erinnert, an welch feierlicher und ernster Zeremonie er nun teilnehmen würde. Alle waren still geworden; wenn sie überhaupt sprachen, dann flüsterten sie nur. Gareth war nervös, bedrückt, fühlte sich ein wenig erstickt.
Die Geschichte vom Paladin der Geister fiel ihm wieder ein, und er sah sich furchtsam um und fragte sich, ob sie wohl anwesend sein mochte.
Die Zeremonie der Verwandlung eines Paladins fand im großen Amphitheater des Tempels der Magier statt. Gareth war zum ersten Mal hier, und er war überwältigt vor Staunen. Das Theater ähnelte einem Kompass, dessen vier Kardinalpunkte jeweils dem Element gewidmet waren, für das sie standen. Norden war Erde, das den Menschen wichtigste Element, denn alle menschliche Magie kam aus dieser Quelle. Der Altar der Götter stand am nördlichen Ende des Amphitheaters.
Die Leute nahmen rasch ihre Plätze ein, stolperten im Halbdunkel übereinander und flüsterten Entschuldigungen. Die Fröhlichkeit der Parade schwang noch in einigen nach; Gareth hörte einige Adlige unterdrückt lachen. Die Galerie, auf der das einfache Volk saß, pulsierte vor Lebendigkeit – ehrfürchtige Rufe, Staunen und hin und wieder Murren, als alles zu den besseren Plätzen drängte. Aber allmählich griff die feierliche Atmosphäre des Tempels, verstärkt von den wohl wollenden Gesichtern der Götter, die auf alle niederschauten, auf die Anwesenden über. Die Leute wurden ruhiger und schwiegen.
Königin Emillia und Dagnarus kamen herein, begleitet von den Rittern Seiner Majestät. Sie nahmen die Ehrenplätze in der ersten Reihe ein, direkt gegenüber dem Altar, der sich auf einem Podest befand.
Gareth stand auf, um einen Blick auf Dagnarus zu erhaschen. Der Prinz war bleich und wirklich ungewöhnlich ernst; die Feierlichkeit der Umgebung hatte schließlich auch ihn beeindruckt. Er hob den Kopf, weil er offensichtlich die Blicke der Menge auf sich spürte; als er mit ruhiger Würde über dieses Meer erwartungsvoller Gesichter hinwegstarrte, erklang bewunderndes Gemurmel. Gareths Mutter zupfte an seinem Überrock, damit er sich wieder hinsetzte und sich benahm. Gareth nahm widerstrebend Platz, aber dann fand er heraus, dass er den Prinzen gut sehen konnte, wenn er nur ein wenig näher an seine Mutter heranrückte und zwischen den Schultern der Leute, die vor ihm saßen, hindurchspähte.
Die zehn Hohen Magier und der Ehrenwerteste Hohe Magus kamen in einer Reihe herein und nahmen ihre Plätze auf dem Podest ein; sie ließen sich auf holzgeschnitzten Stühlen mit hohen Lehnen zu beiden Seiten des Altars nieder, die Gesichter der Menge zugewandt. Dann kamen die Paladine, die eine Ehrengarde um den Altar bildeten. Als Letzter betrat König Tamaros das Amphitheater. Er nahm auf einer Seite des Altars Platz, dem Ehrenwertesten Hohen Magus gegenüber.
Alle waren bereit. Die Menge schwieg. Niemand hustete, kein Kind wimmerte. Der Hohe Magus, zu dieser Zeit der große Zauberer Reinholt von Amrah'Lin, erhob sich. Er verbeugte sich vor König Tamaros, dann erhob er seine tiefe, feierlich klingende Stimme.
»Bringt den Kandidaten her.«
Zwei Paladine verließen ihre Posten und gingen zu einer Nische hinter dem Podest, die tief im Schatten lag.
Eine Tür ging auf und ließ einen Lichtstrahl herein. Helmos war nur als Silhouette zu erkennen, eine dunkle Gestalt. Er blieb allerdings nicht lange im Dunkeln, denn das Licht der Altarkerzen fiel auf ihn, als er einen Schritt vorwärts machte. Die Paladine schlossen die Tür hinter ihm. Diese Tür führte ins Innere des Tempels, wo Helmos sich den Sieben Prüfungen unterzogen und die Nacht im heiligen Portal der Götter verbracht hatte.
Helmos ging weiter auf den Altar zu, und die Zuschauer seufzten alle gleichzeitig auf.
Er hatte immer gut ausgesehen, aber die Tage des Betens und die Aussicht darauf, das einzige Ziel zu erreichen, das er vor Augen gehabt hatte, seit er davon sprechen konnte, ließen ihn strahlen. Er trug ein schlichtes weißes Gewand, und er schimmerte von einem inneren Licht, das die bedrückende Dunkelheit des Tempelinneren zu verdrängen und die Sonne hereinzubringen schien.
Helmos war weder aufgeregt noch ängstlich. Er
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