Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
das Eintreffen des Königs.
Trompetenschmettern kündigte den Beginn der königlichen Prozession an. Zuerst kamen die königlichen Standartenträger, dann die Trompeter, deren Instrumente in der Sonne blitzten. Dann folgten die zehn Hohen Magier, jeder an den Farben seiner langen Weste kenntlich, die sie über dem weißen, goldbestickten Gewand trugen, das allen Angehörigen der Priesterschaft gemeinsam war.
Den Magiern folgten die Könige anderer Länder in ihren von Pferden gezogenen Kampfwagen, begleitet von ihren Rittern. Hinter ihnen kamen die Königin und ihr Hof – Emillia wurde von vier riesigen Männern in einer Sänfte getragen. Sie wurde von ihren Hofdamen flankiert, die die Blütenblätter von Rosen ausstreuten, die während des Winters in Erwartung dieses Tages im Palast gezüchtet worden waren. Der Vater der Königin, König Olgaf von Dunkarga, war zur Zeremonie eingeladen worden, hatte aber abgelehnt – eine Beleidigung, auf die der gesamte Hof mit Empörung reagiert hatte.
Gareth spähte zur Sänfte der Königin hinüber, denn dort, neben seiner Mutter, sollte sich eigentlich auch Dagnarus aufhalten. Aber der Platz des Prinzen war leer, und Gareth fragte sich beunruhigt, ob Dagnarus es sich vielleicht in den Kopf gesetzt hatte, seine Teilnahme an der Zeremonie zu verweigern. Dann erstarb der halbherzige Jubel, mit dem die Menge Ihre Majestät gegrüßt hatte, und wich einem Murmeln und leisen Seufzen.
Dagnarus schritt hinter der Sänfte seiner Mutter her, hielt aber einen gewissen Abstand zu ihr, ebenso wie zu dem Gefolge des Königs, das hinter ihm kam. Der Prinz ging allein über die rosenblatt-bestreute Straße und winkte der Menge gnädig zu. Sein rotes Haar leuchtete wie Feuer in der Sonne und hätte die Orks wahrscheinlich in die Flucht geschlagen, hätten welche zugesehen. Er marschierte hoch aufgerichtet einher und wirkte für sein Alter so schön und königlich, dass die Frauen dutzendweise zu gurren begannen.
Hinter dem Prinzen ritten die fünf Paladine, jeder auf seinem wunderschönen Pferd. Ihre Rüstungen – unterschiedlich für jeden Paladin und ein Zeichen des besonderen Wesens dieser Person – waren aus poliertem Silber und glitzerten derart in der Sonne, dass das Hinsehen beinahe schmerzte.
Die Paladine begleiteten Helmos' reiterloses Pferd, das einer der Ritter des Prinzen führte. Der Anblick ließ Gareth schmerzlich zusammenzucken, denn auch bei Begräbnisprozessionen wurde immer ein reiterloses Pferd mitgeführt, und er befürchtete einen erschreckenden Augenblick lang, dass Helmos etwas zugestoßen war. Aber die Logik setzte sich durch. Dem Jungen fiel ein, dass das Pferd in einem solchen Fall eine schwarze Decke getragen hätte, während dieses Tier für die Parade mit Rosengirlanden geschmückt war, denn es sollte nach der Zeremonie seinen triumphierenden Reiter tragen.
Helmos selbst befand sich bereits im Tempel, in heiliger Zurückgezogenheit, und verbrachte seine Zeit bis zur Zeremonie im Gebet.
Helmos' Pferd folgten die Ritter des Königs, zwanzig an der Zahl, in voller Rüstung auf ihren Rappen, die Schilde in den Händen.
Und dann wurde der Jubel lauter, bis er vermutlich selbst die Ohren der Götter betäubte.
König Tamaros erschien in einem Kampfwagen aus Gold und Silber, gezogen von vier Schimmeln. Er fuhr den Wagen selbst, lenkte die Streitrösser mit Leichtigkeit. Er verschwand beinahe in einem Gestöber von Frühlingsblüten, die die Menge warf, weil das angeblich Glück brachte. Hinter ihm blieb ein mehrere Zoll dicker Teppich von Blüten zurück, deren Duft noch tagelang in der Luft hing.
Tamaros stieg an der Tempeltreppe aus dem Wagen. Die Magier stellten sich rechts und links auf und verbeugten sich, als er vorüberging. Königin Emillia begrüßte ihn mit einem Kuss, was die Menge erfreute. Dagnarus verbeugte sich vor seinem Vater, was den Zuschauern noch besser gefiel. Der Ehrenwerteste Hohe Magus begleitete die königliche Familie in den Tempel. Die Paladine folgten, dann der Rest der Prozession in absteigender Rangordnung. Es waren so viele, dass Gareth sich schon Sorgen machte, ob er überhaupt einen Platz finden würde, aber sein Vater sagte, alle Plätze seien reserviert und es wäre sogar noch Raum für ein paar sorgfältig ausgewählte Bürger.
Endlich betrat auch Gareth den Tempel. Als er aus dem hellen, warmen Sonnenlicht in den dunklen, kühlen Schatten kam, war er für kurze Zeit so gut wie blind, und er fror ein wenig, denn er
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