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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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dem der Stolz ins Gesicht geschrieben stand. Die Ehrfurcht des Sohnes machte der Freude Platz.
    Die beiden reichten sich die Hände. Die Zuschauer brachen in donnernden Jubel aus, der von der Kuppeldecke widerhallte, die Mauern erzittern und die Kerzen flackern ließ und mit der Kraft einer Flutwelle gegen den Altar rollte.
    König Tamaros präsentierte Helmos seinem Volk, das mit neuerlichem lautem Jubel reagierte. Gareth klatschte, bis seine Handflächen brannten; sein Vater schrie sich heiser, und seine Mutter winkte mit ihrem Taschentuch, wie es alle Damen taten, bis es aussah, als flatterte ein Schwarm weißer Vögel durch den Tempel.
    König Tamaros hob die Hand, und der Jubel verstummte. Alle setzten sich wieder hin, denn nun würde der zweite Teil der Zeremonie beginnen. Der König und Helmos wandten sich beide dem Altar zu, wo der Hohe Magus saß. Er hatte sich dem Jubel nicht angeschlossen, ebenso wenig wie die anderen Magier, die sich weiter auf ihre Verbindung zum Magischen konzentrierten.
    Der Hohe Magus hatte die Augen geschlossen. Die Zuschauer rutschten unruhig hin und her, hüstelten und flüsterten, und dann senkte sich abermals ehrfürchtige Stille über den Tempel – eine Stille, in der jedoch eine gewisse Ungeduld mitschwang, denn das Hauptspektakel war vorüber. Alle waren darauf versessen, zu einem der vielen Feste weiterzuziehen, die zu Ehren dieses neuen Paladins veranstaltet wurden.
    Der Hohe Magus, die Augen fest geschlossen, streckte die Hand aus. Einer der anderen Magier gab ihm den Pinsel in die Hand und half ihm dabei, ihn in das Lammblut zu tauchen. Der Hohe Magus berührte mit dem Pinsel das Pergament. Er hielt die Hand ruhig und gestattete es den Göttern, sie zu führen. Gareth konnte rote Buchstaben erkennen, die aus dem Pinsel flossen, aber er war zu weit entfernt, um sie lesen zu können, und das wäre auch nicht möglich gewesen, hätte er näher am Altar gesessen, denn von seinem Blickwinkel aus erschienen die Buchstaben umgekehrt. Aber er sah, ebenso wie alle anderen, dass der Magier, der dem Hohen Magus geholfen hatte, die in Blut geschriebenen Worte anstarrte, merklich zusammenzuckte und unwillkürlich einen Schritt zurückwich.
    Die anderen Magier reckten nun die Hälse, und auch sie wirkten entsetzt oder beunruhigt und sahen einander oder den König an. Tamaros' Position war der von Gareth ganz ähnlich, er sah nur die auf dem Kopf stehenden Worte und konnte sie nicht entziffern. Er spürte und sah allerdings das Unbehagen der Magier. Alle Zuschauer konnten es spüren und stimmten ein unruhiges Gemurmel an. König Tamaros verließ seinen Platz am Altar nicht, er blieb neben seinem Sohn stehen, obwohl er sicher gerne um den Altar herumgelaufen wäre, um zu erfahren, was alle so aufgeregt hatte.
    Der Hohe Magus war sich dessen nicht bewusst, etwas Verstörendes geschrieben zu haben. Er öffnete die Augen, lächelte König Tamaros und Helmos an und schaute dann arglos auf das Pergament. Sein eigenes Staunen und Erschrecken wurde jedem Einzelnen im Amphitheater deutlich. Einige flüsterten später, er müsse doch gewusst haben, was er schrieb, einige gingen sogar so weit zu behaupten, er hätte es mit Absicht getan und das Ganze hätte einen politischen Hintergrund.
    »Wenn das der Fall ist, dann ist er ein hervorragender Schauspieler«, erklärte Evaristo Gareth später verbittert. »Bis hin zu dem Punkt, dass er bewirken kann, bleich zu werden, denn er war so blass, dass der Paladin der Geister, falls sie anwesend war, ihn sicher für einen der Ihren gehalten hat.«
    Dann nahm sich der Hohe Magus zusammen, erhob sich, warf Tamaros einen viel sagenden Blick zu und drehte dann die Schriftrolle so, dass der König sie lesen konnte, und sagte schließlich laut und beinahe trotzig: »Es ist meine Pflicht« – er hätte sagen sollen: »Es ist mir eine Freude«, aber er war vernünftig genug, seine Worte im letzten Augenblick zu ändern –, »dem Volk von Vinnengael seinen neuen Paladin vorzustellen, auserwählt von den Göttern als Paladin des Kummers.«
    Paladin des Kummers.
    Entsetzt musste Gareth sofort an die Orks und ihr schlechtes Vorzeichen denken, an den brennenden See. Von nun an würde er sie und ihren Glauben ernster nehmen.
    Ein Murmeln, tief und surrend, ging durch die Zuschauermenge. Es gefiel ihnen nicht; sie wollten eine Erklärung. Gareths Vater hatte die Stirn gerunzelt und sprach mit seinem Nachbarn. Gareths Mutter fächelte sich mit ihrem Taschentuch und

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