Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
praktisch geschenkt hatte.
Dann berichtete der Pferdehändler, dass der Zwerg eine Reisegefährtin hatte, eine Trevinici-Frau. Warum sie zusammen unterwegs waren, hätte der Händler nicht sagen können, denn es hatte so ausgesehen, als könnten die beiden einander nicht ausstehen. Der Händler glaubte sich daran zu erinnern, dass der Zwerg erwähnt hatte, nach Karnu weiterziehen zu wollen.
»Sie sind noch nicht lange weg«, sagte er zu Jedash. »Wenn Ihr Euch beeilt, könnt Ihr sie sicher einholen.«
Jedash spornte sein Pferd an und galoppierte davon, erfreut über die Aussicht, seinem Herrn bald den
Zwerg
und alles, was der Zwerg bei sich trug, bringen zu können. Der Vrykyl war sicher, sie bald einholen zu können, aber er ritt Meile um Meile und sah sie nicht. Die Straße wurde zu einem Weg und war schließlich nicht mehr als zwei Wagenspuren, die sich in den Dreck eingegraben hatten und nach Süden führten.
Da es Kriegsgerüchte gab, waren nur wenig Leute unterwegs – eine karnuanische Patrouille auf dem Heimweg, eine Karawane, in der niemand mehr etwas anderes wollte, als sicher nach Vilda Harn zu gelangen. Jedash nahm die Gestalt eines Trevinici an, behauptete, nach seiner geflohenen Schwester zu suchen und fragte alle, denen er begegnete, nach ihr. Ja, sie hatten den Zwerg und die Trevinici-Frau gesehen, und zwar nicht vor allzu langer Zeit. Wenn er sich beeilte, würde er sie bald eingeholt haben.
Jedash beeilte sich, holte sie aber nicht ein. Unerklärlicherweise blieben sie außer Reichweite. Langsam wurde der Vrykyl wütend.
Die Wagenspuren bogen nach Westen ab, zur Stadt Amrah Len. Jedash ließ die nutzlose Straße links liegen und ritt nach Osten weiter. Der Zwerg würde versuchen, in zivilisierteres Land zu gelangen, und nicht zur Grenze reiten. Der Vrykyl fand einen Bach und folgte seinem Lauf, bis er zwei Hufspuren am schlammigen Ufer fand, von denen eine von der Art kleinem Pferd stammte, wie der Zwerg es gekauft hatte. Die Spuren führten ihn durch das Präriegras zu den Überresten eines Lagerfeuers.
Die Kohlen waren immer noch warm. Nun konnten die beiden wirklich nicht mehr weit entfernt sein.
Jedash ritt weiter, überzeugt, sie bald einzuholen. Er war ganz nah. Er roch ihr Blut. Er hörte die barsche Stimme des Zwergs und die schrille Stimme der Frau, und offenkundig stritten sie miteinander. Er trieb sein Pferd über die nächste Anhöhe in der Gewissheit, sie dann vor sich zu haben. Er schaute hügelabwärts, aber sie waren nicht da.
Von der Hügelkuppe aus starrte Jedash über die gewaltige Prärie, und das einzig lebende Wesen, das er sah, war ein Falke, der im Sturzflug auf eine Maus herabschoss.
Wütend sah er sich dazu gezwungen, in einem weiten Bogen um die Prärie herumzureiten, um zu sehen, ob er die beiden wiederfinden konnte, und weit nach Osten und Westen zu kreisen, weil er herausfinden musste, ob sie plötzlich von ihrem südlichen Kurs abgebogen waren. Er verbrachte zwei Tage mit der Suche, bis er ihre Spuren wieder entdeckte. Sie waren nicht abgebogen. Sie waren weiter nach Süden geritten. Er begriff nicht, wie er sie wieder verpasst haben konnte. Welche Magie benutzten diese beiden, um sich vor ihm zu schützen? Wieder machte sich Jedash an die Verfolgung.
Während Jessan seine Reise genoss und Wolfram seine ertrug, war Rabes Weg von Elend erfüllt. Er blieb an den Pfahl gekettet und wurde nicht freigelassen. Seine Kette war lang genug, dass er sich in einer Grube in einiger Entfernung vom Pfahl erleichtern konnte. Halbtaan oder Menschensklaven deckten die Grube jeden Tag mit Erde ab und gruben eine neue. Rabe war über diese Sauberkeit überrascht, aber ihm war schon aufgefallen, dass die Taan zwar grausam, aber nicht schmutzig waren.
Die Taan wuschen sich nicht – Dur-zor sagte, sie hätten große Angst vor Wasser –, aber sie rieben sich mit Öl ein und schabten dann den Dreck mitsamt dem Öl ab. Ihr Geruch, den Rabe so Übelkeit erregend gefunden hatte, war nicht der Geruch von Schmutz, sondern ihr eigener Duft – eine Kombination aus Moschus und verfaulendem Fleisch. Taan mochten den Geruch von Menschen, sagte Dur-zor, aber das tröstete Rabe nicht sonderlich, denn sie hielten ihn wahrscheinlich einfach nur für ihre nächste Mahlzeit.
Das Gefängnis aus Speeren war abgebaut worden. Die männlichen Dunkarganer waren nun alle tot. Sie waren auf schreckliche Weise gestorben. Man hatte sie zum Spaß gefoltert, und ihre Schreie und ihre Zuckungen hatten den
Weitere Kostenlose Bücher