Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
der plötzlich durch den Schrein toste. Als der Wind abgeklungen und das Licht verglüht war, sah Damra den Vrykyl auf der Plattform liegen. Der Stein der Könige lag glitzernd nahe dem Rand der Plattform.
Damra sprang über die letzten Steine. Als sie die Plattform erreichte, zückte sie das Schwert und hielt es über den Vrykyl ausgestreckt. Das Geschöpf rührte sich nicht. Damra kreiste um die schwarz gerüstete Gestalt und wäre beinahe auf eine blutige Hand getreten, die sich an die Plattform klammerte.
»Helft mir«, sagte Silwyth und streckte eine zweite blutige Hand aus.
Damra packte zu und zog Silwyth nach oben auf die Plattform.
»Warum seid Ihr nicht tot?«, wollte sie wissen.
»Diese Frage haben sich schon viele gestellt«, antwortete er mit einem dünnen Lächeln.
Er griff nach dem Stein der Könige. Dann beugte er sich nach unten und sprach mit dem Vrykyl.
»Lady Valura«, sagte Silwyth so leise, dass Damra es weniger hörte als direkt in ihrer Seele spürte. »So viele haben Euch grausam Unrecht getan, und ich gehörte dazu. Ich flehe Euch an, mir zu vergeben.«
Der Vrykyl regte sich nicht. Seufzend erhob sich Silwyth wieder und trat einen Schritt zurück. Damra hob das Schwert, ließ es auf den Hals des Vrykyl niedersausen und trennte den Kopf vom Körper. Der Helm rollte ein Stück vom Oberkörper weg. Damra zwang sich hineinzusehen. Sie sah nichts außer Finsternis. Dann wandte sie sich von dem schrecklichen Geschöpf ab und bemerkte, dass Silwyth ihr die Hand hinstreckte. In der Hand hielt er den Stein der Könige.
»Nehmt den Stein, Damra von Gwyenoc«, sagte er. »Ihr habt den elfischen Teil, der Pecwae den der Menschen. Die Götter haben die beiden zusammengebracht.«
»Das kann ich nicht tun!«, rief Damra erschrocken. »Der Göttliche ist der Einzige, der den Stein der Könige besitzen darf.«
»Niemand darf ihn besitzen. Zumindest kein Sterblicher«, sagte Silwyth. »Hört mir gut zu, denn wir haben nicht viel Zeit. Der Schild weiß bereits, dass sein Plan versagt hat. Er und seine Wachen sind auf dem Weg hierher, und wir sollten beide verschwinden, bevor sie eintreffen.«
»Ich höre«, sagte Damra widerstrebend.
»Als die Götter König Tamaros den Stein gaben, erklärten sie, dass die Menschheit noch nicht weise genug sei, um diese Gabe wirklich zu verstehen. Er ignorierte ihre Warnung und schickte die vier Teile des Steins in die Welt hinaus. Damals wurde um des Steins willen gemordet, und das Gleiche geschieht heute wieder.« Silwyth zeigte auf die Leichen der Soldaten, die im Schrein lagen. »Der Stein ist blutig.«
Damra schüttelte den Kopf. Sie war nicht überzeugt. »Ohne den Stein der Könige werden wir keine Macht mehr haben, Paladine zu schaffen – «
»Bringt die Steine zum Rat der Paladine. Lasst sie entscheiden, was damit geschehen soll«, drängte Silwyth und hielt ihr abermals den Stein hin. »Dagnarus' Macht wird jeden Tag größer. Ich weiß es, denn ich habe seine Armeen gesehen. Sie sind riesig, und seine Truppen sind ihm vollkommen ergeben, denn sie halten ihn für einen Gott. Zehntausend Soldaten will er allein schon gegen Neu-Vinnengael schicken. Und es sind furchterregende Krieger. Die Taan sind wild und leidenschaftlich im Kampf, denn man erzieht sie in dem Glauben, dass es keinen größeren Ruhm gibt, als ihr Leben für ihren Gott zu geben. Diese zehntausend Soldaten marschieren bereits zum Westtor des Tromek-Portals.«
»Das Portal wird standhalten – «
»Das Portal wird fallen. Der Schild hat Dagnarus Zugang versprochen.«
»Dieser Narr!«, sagte Damra verbittert.
»Diese beiden Teile des Steins der Könige dürfen nicht im Elfenland bleiben«, erklärte Silwyth ernst. »Der Göttliche ist zu schwach, um sie zu beschützen.«
»Aber was ist mit meinem Mann? Ich kann ihn nicht sterben lassen, wenn es in meiner Macht liegt, ihn zu befreien, nein, das werde ich nicht – «
»Euer Mann wurde bereits befreit«, sagte Silwyth. »Von meiner Hand. Er wurde aus dem Elfenland geschmuggelt. Er wartet an einem Ort im nördlichen Vinnengael auf Euch, der Shadamehrs Festung heißt.«
Damra runzelte die Stirn. »Wie kann ich Euch trauen?«
»Ich gebe Euch den Stein der Könige«, sagte Silwyth.
Damra zögerte, aber im Grunde blieb ihr keine andere Wahl. Sie konnte den Stein nicht hier lassen, und sie konnte auch nicht riskieren, dass er in den Händen von Silwyth aus dem Haus Kinnoth blieb.
»Also gut«, sagte sie.
Silwyth legte ihr den Stein der
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