Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
die Kristallscherben unter den Stiefeln des Offiziers knirschten. Sie hörte, wie der Mann erschrocken keuchte, als er dem Vrykyl näher kam, der wie ein monströses Insekt aussah, das auf dem Rücken lag. Er streckte vorsichtig die Hand aus, weil er feststellen wollte, ob das Geschöpf noch lebte.
Seine Fingerspitzen berührten die Oberfläche, und er riss schnell die Hand zurück. Mit entsetzter Miene wischte er sich die Finger an seinem Seidenhemd unter der Rüstung ab. Er sah sich auf der Plattform um, starrte sogar in die Grube, offenbar auf der Suche nach dem Stein. Als er ihn nicht finden konnte, näherte er sich wieder der schwarz gerüsteten Gestalt und berührte mit der Stiefelspitze vorsichtig ihre Hände um festzustellen, ob der Vrykyl den Stein vielleicht immer noch festhielt. Als er ihn nicht finden konnte, ging der Offizier über die Trittsteine zurück. Dabei wischte er sich weiterhin die Hand am Hemd ab.
Offenbar war der Schild nicht in der Kaserne geblieben, sondern seinen Wachen auf dem Fuß gefolgt, denn er erschien viel eher als erwartet. Garwina wirkte ausgesprochen ruhig. Er hatte seine Geschichte bereits vorbereitet. Er sah sich ernst um und wollte gerade fragen, was geschehen war, als er den Vrykyl entdeckte.
Normalerweise gelang es ihm sehr gut, seine wahren Gefühle zu verbergen. Sein Gesicht war wie aus Ton, der, wenn er erst einmal geformt und gebrannt war, unendlich lange seine Form behielt. Aber beim Anblick der schwarz gerüsteten Gestalt, die inmitten der Trümmer der Kristallkugel lag, brach dieses Gesicht. Der Schild riss die Augen auf und öffnete den Mund. Er starrte den Vrykyl verblüfft an.
»Was… was ist das?«, gurgelte er.
»Das weiß ich nicht, Herr«, sagte der Offizier. »Ich hatte gehofft, Ihr könntet mir das sagen.«
Als er den verzweifelten Tonfall seines Offiziers hörte, warf der Schild dem Mann einen scharfen Blick zu. All seine Ritter schauten grimmig drein und betrachteten ihn forschend. Er schaute von den toten Soldaten zu den Verwundeten, dann wieder zum Schrein. Damra konnte beinahe sehen, wie sein Hirn arbeitete. Offenbar war die Geschichte, die er vorbereitet hatte, um sich zu schützen, gerade in sich zusammengebrochen. Er war nicht darauf vorbereitet gewesen, hier auf den Vrykyl zu stoßen.
Er bewies allerdings, dass er ein schneller Denker war.
»Ist das nicht offensichtlich?«, sagte er, und seine Augen blitzten angesichts des Misstrauens seiner Männer in künstlicher Empörung. »Die Warnung, die ich erhielt, entsprach der Wahrheit. Der Göttliche hat tatsächlich versucht, den Stein der Könige zu stehlen. Er hat dieses Geschöpf da geschickt«, – der Schild zeigte auf den Vrykyl – »um ihn zu holen. Unsere Soldaten haben versucht, es aufzuhalten.«
»Ich sehe aber, dass die Soldaten des Göttlichen von hinten erstochen wurden«, sagte der Offizier. »Bringt diesen Mann her.«
Zwei Ritter schleppten den Soldaten mit der gebrochenen Nase zum Schild.
»Sag uns, was geschehen ist«, befahl der Offizier.
Der Mann blickte auf zum Schild und sank auf die Knie. »Ich habe versagt. Ich erbitte meinen Tod, Herr!«, rief der Mann.
Der Schild zog das Schwert, erfreut, der Bitte Folge leisten zu dürfen, aber der Offizier trat zwischen die beiden.
»Zunächst wirst du die Wahrheit sagen«, befahl der Offizier dem Soldaten. »Du hast ein Heiligtum bewacht. Du hast dem Schild, dem Göttlichen und der Nation der Tromek Treue geschworen. Wenn du diesen Schwur gebrochen hast, wird deine Seele im Gefängnis der Toten enden und deine Familie wird für die nächsten sieben Generationen entehrt sein. Sprich die Wahrheit, und du kannst sie vielleicht noch retten.« Der Offizier warf dem Schild einen Blick zu. »Ich bin sicher, dein Herr wird dir ebenfalls befehlen, die Wahrheit zu sagen.«
Der Schild versuchte, etwas einzuwenden, aber seine Gesichtsmuskeln waren so starr, dass seine Worte unverständlich blieben. Der Verwundete sah seinen Herrn an, wusste aber nicht, wie er ihm helfen sollte. Er begann zu sprechen. »Man sagte uns, der Göttliche würde versuchen, den Stein der Könige zu stehlen. Man hat uns befohlen, seine Soldaten zu töten, bevor sie uns töteten. Wir waren darüber verwundert, denn wir merkten ihnen nicht an, dass sie einen Verrat planten. Sie redeten und lachten mit uns wie immer. Sie waren unsere Freunde…« Der Mann hielt inne. Seine Stimme wurde fester. »Wir haben dem Befehl gehorcht, aber es war schwer. Ich kannte Glath
Weitere Kostenlose Bücher