Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
Wunde von dem magischen Kristall, der vom Vater und der Mutter gesegnet worden war, durchschnitt die magische Verbindung mit der Leere, die Valura an dieses Leben band. Vor Zorn und Schrecken aufschreiend, ließ sie ihr Schwert fallen und umklammerte die Scherbe mit beiden Händen. Sie versuchte sie herauszuziehen.
»Nehmt mein Geschenk entgegen, Lady Valura«, drängte Silwyth mit schmerzerfüllter Stimme. Es war ihr Schmerz, den er teilte. »Lasst dieses gepeinigte Leben, das kein Leben mehr ist, aus Euren Fingern gleiten. Findet endlich Ruhe und Trost.«
Finsternis senkte sich auf Valura nieder. Sie spürte, wie sie darin versank, so wie man in süßen Schlaf sinkt. Das Ende des Schmerzes, das Ende des Elends, das Ende der Schuld, das Ende der… Liebe.
Zu ihren Füßen glitzerte der Stein der Könige. Dagnarus' Stimme erklang.
»Valura? Hast du den Stein?«
Mit einem schaudernden Schrei riss sich Valura die Kristallscherbe aus dem Bauch. Sie stürzte sich auf Silwyth.
Der Elf breitete die Arme aus, trat einen Schritt rückwärts und fiel in die Grube. Valura freute sich. Sie lauschte nach seinem Todesschrei, der wie Musik für sie sein würde. Aber der Schrei erklang nicht. Er starb schweigend. Nun, das war ihr egal. Er war tot, er würde ihr keinen Ärger mehr machen. Die Macht der Leere hatte bereits begonnen, ihre scheußliche Wunde zu heilen. Valura streckte die Hand aus, um den Stein der Könige aufzuheben.
Sie konnte es nicht. Valura versuchte, die Hand dichter an den Stein zu bringen, aber eine magische Aura drängte sie weg. Zornig beschwor sie die Macht der Leere herauf und griff abermals nach dem Stein.
Die magische Aura, die den Stein umgab, brach. Triumphierend ergriff Valura den Stein.
Der Zorn der Götter durchdrang sie. Ein Blitz weißglühenden Schmerzes füllte die Leere in ihr, ließ sie anschwellen und bersten. Ihrer Magie beraubt, brach Valura auf der Plattform zusammen.
Der Stein der Könige fiel aus ihrer leblosen Hand und auf die Plattform.
Damra eilte zum Schrein, um in den Kampf zwischen dem uralten Elf und dem mächtigen Vrykyl einzugreifen. Aber als sie angekommen war, blieb sie stehen und beobachtete verblüfft, wie Silwyth dem Todesstreich auswich, dann in die Luft sprang und den ausgemergelten Körper verdrehte, so dass er hinter Valura wieder zum Stehen kam. Er stieß sie mit dem Stab in den Rücken.
Damra hätte den Vrykyl von hinten töten können, aber zunächst hätte sie den illusionären Boden überqueren müssen, und sie kannte den Weg nicht.
»Wind der Wahrheit!«, rief sie und streckte die Hände aus. »Wehe die Nebel des Trugs davon!«
Die Magie bewirkte, dass die Illusionen, die den Stein der Könige umgaben, sich vor ihren Augen auflösten. Die Spiegelfläche verschwand. Sechs runde Steinstufen führten zu der Plattform, auf der der Vrykyl stand. Als Damra hinunter in die Grube schaute, entdeckte sie die rasiermesserscharfen schmiedeeisernen Stacheln am Boden. Die Leiche einer der Wachen des Göttlichen lag gepfählt auf diesen Stacheln. Der Tote hatte den Mund zu einem endlosen, lautlosen Schrei aufgerissen. Die Eisenspitzen stachen aus seiner Brust, seinem Bauch, seinen Oberschenkeln, seinen Armen hervor. Blut bedeckte den Boden der Grube.
Damra zog sich der Magen zusammen bei dem Gedanken, welch schrecklichen Tod dieser Mann erlitten haben musste. Sie machte ihren ersten Schritt auf die Steine hinaus. Sie konzentrierte sich auf ihre Bewegungen, und es war ihr gerade gelungen, auf den ersten der sechs Steine zu springen, als Silwyth die Glasscherbe in den Vrykyl stieß.
Der Schrei des Geschöpfs ließ Damras Herz beinahe erstarren, und sie blieb reglos balancierend auf dem Stein stehen. Sie sah, wie Silwyth mit dem Vrykyl sprach. Seine Stimme war leise und sie konnte nicht verstehen, was er sagte. Im nächsten Augenblick riss der Vrykyl die Glasscherbe heraus und stürzte sich auf den uralten Elf.
Voller Entsetzen beobachtete Damra, wie er ruhig von der Plattform hinunterschritt. Als der Vrykyl sich bückte, um den Stein der Könige aufzuheben, sprang Damra auf den nächsten Stein. Sie musste die Plattform erreichen und den Vrykyl an einer Stelle bekämpfen, wo ein wenig Platz zum Manövrieren war.
Der Zorn der Götter brach über den Vrykyl herein, als er versuchte, den Stein zu ergreifen. Eine Explosion weißen Feuers erschütterte die Nacht mit gewaltigem Dröhnen. Damra wandte den Blick von dem grellen Licht und der Kraft des heißen Windes ab,
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