Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
letzten. Lord Dagnarus war alles andere als erfreut.«
Shakur trennte die geistige Verbindung und verschwand wieder aus Jedashs Gedanken.
Der Vrykyl knirschte zornig mit den Zähnen, aber er wagte es nicht, ein trotziges Wort zu sagen oder auch nur zu denken. Der letzte Auftrag, den Shakur Jedash erteilt hatte, war misslungen, weil der Zwerg, welchen er hätte entführen sollen, von einem Drachen in Gestalt einer Menschenfrau beschützt wurde. Vrykyl sind mächtige Magier der Leere, und es gibt einige, die vielleicht im Stande wären, es mit einem Drachen aufzunehmen – Shakur zum Beispiel. Jedash gehörte allerdings nicht dazu. Er war geflohen und hatte sich lieber Shakurs Zorn als dem Drachen gestellt.
Also durfte er nun auf keinen Fall noch einmal versagen; er musste sich bei seinem Herrn einschmeicheln und dessen Gunst zurückgewinnen. Die Pecwae zu fangen, wäre eine hervorragende Gelegenheit dazu.
Jedash war alles andere als genial. Er war nicht einmal sonderlich klug, aber er verfügte über die tückische und verzweifelte Schläue einer in die Enge getriebenen Ratte. Dass Shakur den Trevinici, den Beschützer der Pecwae, erwähnt hatte, brachte ihn auf eine Idee.
»Wenn ich Shakur die beiden Pecwae übergebe, wird er sie zu Lord Dagnarus bringen und behaupten, er selbst hätte sie gefunden. Und warum sollte Shakur mit der Gunst meines Herrn belohnt werden?«, fragte sich Jedash trotzig. »Warum nicht ich? Immerhin bin ich derjenige, der hinter ihnen herjagt.«
Jedash blieb den Pecwae auf der Spur. Das Gedränge auf den Straßen, das er zuvor verflucht hatte, wirkte sich nun zu seinem Vorteil aus. Vrykyl erhalten ihr unheiliges Leben, indem sie sich von den Seelen jener ernähren, die sie ermorden, und wenn sie eine solche Seele erst verschlungen haben, können sie jederzeit die Gestalt ihres Opfers annehmen. Jedash konnte sich also in jedes Geschöpf verwandeln, das er irgendwann einmal ermordet hatte, konnte seine Eigentümlichkeiten, seine Stimme und Haltung annehmen. Und er konnte die Übergänge zwischen den Gestalten rasch und unauffällig vollziehen.
Vollkommen ungefährlich war die Sache dennoch nicht. Jeder, der ihn direkt ansah, würde vollkommen verdutzt sein zu sehen, wie sich eine Person plötzlich in eine andere verwandelte. Und dann gab es diesen unangenehmen Übergangsmoment zwischen den beiden Körpern, in welchem die wahre Gestalt des Vrykyl, ein grausiger verwesender Leichnam, deutlich zu erkennen war. Zum Glück für Jedash richteten alle, die auf den Straßen der Stadt unterwegs waren, ihre Aufmerksamkeit viel mehr darauf, ihre eigene Angst zu nähren, als dass sie darauf geachtet hätten, ob ein Mann seine Haut auf eine Art veränderte, wie ein anderer es bestenfalls mit seiner Kleidung getan hätte.
Jedash verwandelte sich.
Und in dem neuen Körper wagte er sich näher an seine Beute heran.
Bashae fiel auf, wie manche Leute ihn und seine Großmutter ansahen. Er bemerkte, dass ihre Augen glitzerten und ihre Finger zuckten, als zählten sie Geld, und er wurde unruhig. Er erinnerte sich ein wenig verspätet daran, dass Arim, der nimoreanische Drachenbauer, ihn davor gewarnt hatte, dass skrupellose Händler ihn und seine Großmutter fangen und als Sklaven verkaufen könnten.
Bashae versuchte, der Großmutter von seinen Sorgen zu erzählen, aber sie weigerte sich, ihm auch nur zuzuhören. Sie glaubte, endlich in ihrer »Schlafstadt« angekommen zu sein, dieser anderen Welt, die Pecwae in ihren Träumen bereisten. Hingerissen von Anblicken, die sie angeblich schon in ihren Träumen gesehen hatte, ging sie immer weiter und zeigte auf vorgeblich vertraute Gebäude und Plätze, und sie kümmerte sich nicht um die Blicke und um die drohende Gefahr.
Es tat Bashae inzwischen Leid, dass er seinem Instinkt gefolgt und geflohen war, als die Wachen sich näherten. Er hatte das Gefühl, er wäre bei seinen Freunden besser dran gewesen – selbst wenn sie nun alle im Gefängnis säßen –, als nun hier in diesen Straßen umherzuirren, zwischen den hoch aufragenden Gebäuden, welche das Sonnenlicht fernhielten, und diesen Leuten, die sie anstarrten und lachten und sie aus zusammengekniffenen Augen betrachteten.
»Ich wünschte, wir wären bei Jessan geblieben«, sagte er, nachdem er mit seinen nackten Füßen in stinkendes braunes Zeug getreten war.
»Bah!«, schnaubte die Großmutter abfällig. »Wenn wir bei ihnen wären, wären sie mehr in Gefahr als ohne uns.« Sie warf einen wissenden
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