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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Kupferkessel über der Feuerstelle aus aufgeschichteten Steinen rührte eine Magd, eine zweite schob eine Eisenpfanne mit einem frisch geformten Brotlaib über den brennenden Torf. An den beiden Längswänden zogen sich mit Fellen bedeckte Lehmbänke entlang, die den Bewohnern zum Essen, Ausruhen oder Schlafen dienten. Auf der anderen Seite des Feuers stand eine Frau am Webstuhl und fertigte eine lange Stoffbahn. In eisernen Schalen brannten Öllichter, warfen gespenstische Schatten.
    Kolfinn umarmte die Frau am Webstuhl, eine ähnlich stämmige Frau wie Gunnhild. Ihre Haare waren zu einem Kranz geflochten. Zusammen mit ihr trat er an Hakons Lager. »Hakon wird bei uns wohnen. Gunnhild soll sich um ihn kümmern.« Er blickte Hakon an: »Das ist Helga, meine Frau.«
    »Gunnhild?«, wiederholte Helga und lächelte dabei.
    »Ich danke euch, dass ihr mich aufgenommen habt«, sagte Hakon höflich.
    Allmählich ahnte er, warum Kolfinn ihn so bereitwillig in sein Haus gebeten hatte. Es waren weniger seine Großmut oder seine Gastfreundschaft, sondern der Wunsch, Gunnhild mit ihm zu vermählen. Aus irgendeinem Grund glaubten sie, dass er für sie bestimmt war. Er unterdrückte nur mühsam ein Stöhnen. Er empfand nichts für die stattliche Gunnhild und konnte sich nicht vorstellen, jemals mit ihr das Lager zu teilen. Seit das Bild der jungen Frau aus dem Buch durch seine Gedanken spukte, gab es überhaupt keine andere Frau mehr für ihn. Selbst eine Schönheit wie Astrid konnte ihn nicht bezaubern. Seit er das Bild gesehen hatte, fühlte er sich auf seltsame Weise mit der anmutigen Frau verbunden.
    »Bring eine Schüssel mit Robbenfleisch!«, rief Gunnhild der Magd am Feuer zu. »Und du«, trug sie einer anderen auf, »bring ein Horn mit Met!«
    Die Mägde gehorchten und brachten das Gewünschte. Hakon merkte erst jetzt, wie hungrig er war, und schlang das Fleisch gierig in sich hinein. Gunnhild saß dicht neben ihm.
    Während Hakon aß und trank und für einen Augenblick seine missliche Lage vergaß, setzte Kolfinn sich auf seinen Hochsitz und ließ ebenfalls etwas zu essen und zu trinken bringen. Seine Frau blieb an seiner Seite, saß auf dem mit Leinen bespannten Hocker neben ihm, und sah ihm lächelnd beim Essen zu. Ihre erwartungsvolle Miene verriet Hakon, dass sie und ihr Mann noch andere Pläne für den Nachmittag hatten. Während Kolfinn trank, zog er sie ungeniert zu sich heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Jedes Mal, wenn er etwas gesagt hatte, lachte er anschließend dröhnend.
    Gunnhild schob eine Hand unter die Bärenfelle und drückte sanft Hakons Oberschenkel. Das flackernde Feuer einer Öllampe warf orangefarbene Flecken auf ihr Gesicht und spiegelte sich in ihren Augen. Man sah ihr an, welche unsittlichen Gedanken sie hegte. Ihr Grinsen wirkte anzüglich, als wollte sie sagen: Werde schnell gesund, Liebster! Ich habe einiges mit dir vor.
    Er nahm einen Schluck von dem heißen Met und verschluckte sich fast. Der Honigwein war stärker als alles, was er bisher getrunken hatte. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und sagte: »Bei Thor, ihr trinkt starkes Zeug!«
    Gunnhild grinste nur, nahm ihm das Horn ab und leerte es in einem Zug. Ihr schien das nichts auszumachen. Sie wischte sich den Mund ab, rülpste ungeniert und warf das Horn einer der Mägde zu. Als die Sklavin es zwar auffing, aber gleich darauf fallen ließ, schimpfte Gunnhild lauthals.
    Die Tür ging auf und ein Mann betrat das Langhaus. Er trug ein Kettenhemd wie ein wohlhabender Krieger und hatte sein Schwert umgebunden. Seine rotblonden Haare standen wie Wolle nach allen Seiten ab.
    Er kam langsam näher, verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor dem Jarl und seiner Frau und wandte sich mit mühsam verhaltenem Zorn an Gunnhild: »Ich habe auf dich gewartet, meine Liebe! Warum bist du nicht gekommen?«
    Gunnhild lachte höhnisch. »Seit wann laufe ich den Männern nach? Da hätte ich viel zu tun.« Sie legte eine Hand auf das Bärenfell, das Hakon bedeckte, wohl nur, um den anderen Mann zu reizen. Ihre spöttische Miene zeigte, was sie von ihm hielt. »Warum kommst du nicht zu mir, wenn du was von mir willst?«
    »Nun, hier bin ich!«, erwiderte der Krieger. »Wer ist dieser Kerl?«
    »Ich bin Hakon von Eisland.«
    »Und warum bleibst du dann nicht in Eisland?«, kam die Gegenfrage. »Ich bin Folkmar von den Schafsinseln und werde diese Frau heiraten, sobald ich mit reicher Beute beladen von meinem nächsten Kriegszug zurückkehre.«
    »Wer sagt

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