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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Felsen erhoben sich aus dem bleifarbenen Meer, dazwischen erstreckten sich sattgrüne Wiesen, ähnlich wie in seiner eisländischen Heimat. In dunklen Felslöchern nisteten ganze Vogelschwärme, auf den Wiesen weideten Schafe bis dicht an die Klippen heran. Die Brandung brach sich schäumend an den Felsen und war bis aufs Schiff zu hören.
    Kolfinns Siedlung lag oberhalb eines schmalen Fjords, der weit in eine der versprengten Felseninseln hineinreichte. Es erforderte viel Geschick, die Knorr zur Anlegestelle zu steuern. Schon aus einiger Entfernung waren die Willkommensrufe der Bewohner zu hören, die das Schiff von den Felsen gesichtet hatten und zur Bucht heruntergestiegen waren. Einige winkten. In respektvoller Entfernung warteten die Sklaven in ihren einfachen Kleidern.
    Sie machten an einem Steg aus aufgeschichteten Felsen fest. Einige Sklaven vertäuten das Schiff und legten Bretter auf die Reling, um den Passagieren das Anlandgehen zu erleichtern. Kolfinn ging als Erster von Bord, sein Schwert und den Schild, der mit einem roten Raben verziert war, in der rechten Hand.
    Gunnhild wandte sich an einige Sklaven. »Ihr da!«, rief sie mit ihrer lauten und dunklen Stimme. »Tragt den Mann in unser Haus! Er gehört zu unserer Familie.« Sie deutete auf Hakon, der aus eigener Kraft aufgestanden war, sich aber am Mast festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Ich kann allein laufen«, widersprach er.
    »Tragt ihn! Er ist noch schwach.«
    Hakon erkannte, dass gegen die befehlsgewohnte Gunnhild nicht anzukommen war, und setzte sich widerwillig auf das Brett, das die Sklaven brachten. Wie einen Schwerverwundeten trugen sie ihn den schmalen Pfad zum Hof hinauf. Im Vorbeigehen glaubte er ein spöttisches Funkeln in den Augen von Kolfinn zu erkennen. Einige Männer und Frauen wandten sich ab und grinsten. Sie achteten darauf, dass Gunnhild sie nicht sah. Anscheinend hatten sie unangenehme Erfahrungen mit der starken Tochter des Jarls gemacht.
    Auf den Klippen angekommen zogen sie zwischen blökenden Schafen hindurch zum Hof. Die Schafe hatten die gleiche dicke Wolle wie auf Eisland. Hunde kamen ihm entgegengerannt und bellten aufgeregt. Scharfe Stimmen riefen sie zurück. Einige Kinder, die zwischen den Häusern gespielt hatten, begrüßten stürmisch ihre Verwandten und ließen sich von ihnen auf die mitgebrachten Pferde heben. Auf einer Klippe stieß ein Hirte in sein langes Horn, ließ auch den Letzten wissen, dass Kolfinn zurückgekehrt war.
    Entlang der niedrigen Mauer, die eine der Pferdekoppeln begrenzte, trugen ihn die Sklaven zum Langhaus. Wie alle Häuser auf den Schafsinseln war es aus Steinen erbaut. Die Dächer waren aus dicken Grassoden gefertigt und reichten fast bis auf den Boden herab, um das Haus vor den eisigen Winden zu schützen. Es gab keine Bäume auf den Schafsinseln, das einzige Holz musste mit Schiffen aus der alten Heimat geholt oder als Treibholz gesammelt werden.
    Wie grüne Buckel erhoben sich die Häuser aus dem Weideland, das große Langhaus, die Ställe, Scheunen, Lagerhäuser und die einfachen Hütten der Sklaven. Die Häuser der freien Bauern lagen in den umliegenden Schluchten verstreut. Ein paar Papageientaucher kamen von der Küste hochgeflogen und ließen sich auf einer Mauer nieder. Ihre orangefarbenen Schnäbel leuchteten im trüben Licht. Die Luft roch nach frischem Gras und Schafsdung.
    Im Haus dirigierte Gunnhild die Sklaven zu einer der Plattformen im hinteren Teil. Sie befahl ihnen, einige Bärenfelle auf dem Holz auszubreiten und Hakon daraufzulegen. »Und jetzt verschwindet!«, herrschte sie die Männer an. »Ihr habt genug zu tun, also steht hier nicht dumm rum. Weg mit euch!«
    Obwohl Hakon merkte, dass er noch immer geschwächt war, kam er sich reichlich albern vor. In Eisland hätte man selbst von einem erschöpften Krieger erwartet, dass er allein den Pfad zum Hof emporstieg. Er vermutete, dass es auf den Schafsinseln nicht anders war, aber die Tochter des Jarls ihm ihre Macht und ihre Zuneigung demonstrieren wollte. »Ich lasse dir etwas zu essen bringen«, sagte sie, nachdem die Sklaven verschwunden waren. »Du bist sicher hungrig.«
    Er versuchte erst gar nicht, ihr zu widersprechen. Neugierig blickte er sich in dem Langhaus um. Es war ähnlich eingerichtet wie die Häuser in Eisland, nur etwas kleiner. Wegen des kalten Klimas gab es keine Fenster, nur in das Giebeldach waren einige Windlöcher eingelassen, damit der Rauch abziehen konnte. In dem

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