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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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meisten jungen Krieger, die noch keinen Besitz angehäuft hatten, war er lediglich mit einem Lederwams und einem Lederhelm gegen feindliche Waffen geschützt, und das Schwert an seinem Gürtel war weder mit silbernen Ornamenten verziert noch so stabil wie die Klingen aus dem fernen Franken.
    Auch körperlich war er den anderen Männern ein wenig unterlegen. Sein Körper war schlanker, und der Bartwuchs nur zu erkennen, wenn die Sonne auf sein Gesicht fiel. Sein Onkel hatte dröhnend gelacht, als er sich den Kriegern anschließen wollte, und duldete ihn nur an Bord seines Langschiffes, weil der Runenmeister ihm dazu geraten hatte. Der Hüter der magischen Schriftzeichen stand in direkter Verbindung zu Odin, dem mächtigen Gott der Weisheit und der Kriegsführung.
    »Schneller, Männer!«, rief Ivar in den Fahrtwind. »Wir wollen den Pfaffen noch vor dem Morgengebet einheizen! Legt euch in die Riemen!«
    Hakon zog kraftvoll am Ruder, folgte dem Rhythmus, den die Männer im vorderen Teil des Schiffes vorgaben. Er musste seine ganze Kraft aufwenden, um nicht hinter den anderen zurückzubleiben. Es war früh am Morgen, und die Sonne stand noch weit im Osten, blickte kaum über den Rand der Erdscheibe herüber. Mit jedem Ruderschlag spritzte weiße Gischt über die Reling. Das Meer rauschte unter dem flachen Kiel des schlanken Schiffes.
    »Refft die Segel!«, erklang die kraftvolle Stimme seines Onkels hinter seinem Rücken. Ivar war ein Krieger mit verwittertem Gesicht und flachsblondem Bart, ein wahrer Hüne von Mann, der nicht einmal vor den bösen Geistern der Unterwelt in die Knie ging. Die meisten Männer seines Dorfes glaubten, dass er mit Thor im Bunde war, weil er während eines Gewitters geboren worden war und genauso aufbrausend und temperamentvoll wie der Gott des Regens und der Winde sein konnte. Angeblich hatte er nach drei Wintern seinen ersten Met getrunken und nach sieben Wintern einen Jungen erschlagen, der ihn beim Spiel besiegt hatte. Als er in einem Verlies der Engländer an einen Pfahl gebunden war, hatte er sich mit bloßer Muskelkraft befreit und die ledernen Fesseln mit seinen Zähnen durchtrennt. Anschließend hatte er die Feinde getötet und ihre Häuser in Brand gesteckt. So erzählte er jedenfalls, und Hakon hatte keinen Grund, seinem Jarl nicht zu glauben.
    Die Anführer auf den anderen Booten gaben denselben Befehl, und jeweils zwei Männer verließen ihre Ruder und holten die roten Segel ein. Kaum lagen sie auf den Gabelstützen, glitten die Boote an Land und blieben im feuchten Ufersand liegen. Die Männer zogen ihre Schwerter und Äxte, griffen nach den runden Schilden und sprangen über die niedrige Reling ins Wasser.
    »Zeigt ihnen, wozu Nordmänner fähig sind!«, rief Ivar.
    »Tötet die Pfaffen!«, tönte einer der anderen Anführer.
    Von den anfeuernden Rufen ihrer Häuptlinge getrieben, stürmten die Männer das Steilufer hinauf, allen voran Bekan, ein gefürchteter Berserkir, der mit einem der anderen Boote gekommen war und sich mit einem scharfen Kräutertrank aufgeputscht hatte. Hakon kannte den wilden Mann schon lange, es wurde erzählt, dass er sich mit bloßen Händen auf ein ganzes Rudel Wildschweine gestürzt haben sollte. Ein Mann aus seinem Dorf berichtete, dass er seine Feinde am liebsten zerfleischte und ihnen die Eingeweide aus dem Körper riss. Der Kräutertrunk, den er vor jedem Kampf zu sich nahm, versetzte ihn in einen Rauschzustand, den Hakon nicht einmal erreichte, wenn er mehrere Hörner süßen Met oder starkes Bier trank.
    Bekan rannte den jungen Hirten nach, die mit der Schafherde zu fliehen versuchten, und schlug so lange mit seiner Axt auf sie ein, bis der Boden von Blut getränkt war. Schreiend reckte er die blutverschmierte Waffe, nur um sie im nächsten Augenblick in eines der Schafe zu rammen. Sein Schrei glich dem wütenden Brüllen des Bären, dessen Fell er um die Schultern gebunden hatte. Er gönnte sich keine Pause, entdeckte einen Kuhhirten, der in panischer Angst zu fliehen versuchte, und warf ihm die Axt in den Rücken. Sein nächstes Opfer war ein Mönch, der über die Mauer geklettert kam. Er zerrte ihn herunter und schlug seinen Kopf so lange gegen die Mauer, bis er tot war.
    Hakon stürmte mit der Hauptstreitmacht zum Kloster hinauf. Drogheda Abbey war eines der christlichen Anwesen, das noch nicht von Nordmännern erobert worden war, eine Ansammlung von steinernen Giebelhäusern und runden Mönchshütten, umgeben von einer hohen Steinmauer.

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