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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Wahl. Nur so bekam er das Buch. »Du wirst es gut bei deinem neuen Herrn haben.«
    Er packte Edwin an der Schulter und schob ihn vor sich her. Er wollte so schnell wie möglich vom Brunnen wegkommen, bevor ein Stadtwächter auftauchte und neugierige Fragen stellte. »Beeil dich! Ich habe nicht viel Zeit!«
    Durch die schmalen Gassen zwischen den dunklen Häusern führte Hakon den Sklaven zum Lagerplatz auf der anderen Seite. Als sie einem betrunkenen Nordmann begegneten, packte er Edwin an dem Strick, der um seinen Hals geknotet war, und zog ihn wie Ingolf hinter sich her. Einer der Handwerker, der am Zaun vor seinem Haus stand und wohl frische Luft schnappen wollte, blickte ihnen neugierig nach.
    Wieder schwang Thor seinen Hammer, als sie den Lagerplatz erreichten. Die meisten Feuer waren heruntergebrannt, und nur vor einem Zelt dicht beim Erdwall brannte eine Öllampe. Das Schnarchen mehrerer Männer war zu hören, aus einer der Unterkünfte drang das leise Wimmern einer Frau.
    Hakon hatte sich den Weg genau eingeprägt. Er zog Edwin durch die dunklen Gassen und blieb schließlich bestürzt vor dem Lagerplatz des Arabers stehen. Das Zelt war verschwunden!
    »Aber … das kann nicht sein!«, stöhnte er.
    Edwin blickte ihn neugierig an.
    »Ibn Fadlan … wo ist er?«
    »Mein neuer Herr?«
    Hakon hielt noch immer den Strick, der um Edwins Hals gebunden war, in der Hand. Er ließ ihn fallen und lief über den freien Platz. Im schwachen Licht eines nahen Feuers sah er die Abdrücke des Zeltes auf der feuchten Wiese.
    »Was nun?«, fragte Edwin. »Behältst du mich jetzt?«
    Aus einem Zelt kroch ein junger Mann, nach seiner Tracht ein Sachse, und reckte sich gähnend. Anscheinend hatte er vor, sich zu erleichtern.
    Hakon packte ihn unsanft. »Wo ist er? Der Araber … wo ist er?«
    Der Sachse verstand ihn nicht. In seinen Augen stand nackte Angst.
    »Der Araber! Wo ist er hin?« Hakon deutete auf den leeren Zeltplatz.
    »Ah«, antwortete der Fremde auf seine Frage, »der Muselmann. Der ist zur Mole runter. Sah so aus, als wollte er noch heute Nacht aufbrechen.« Der Sachse erkannte, dass Hakon ihn nicht verstand, und deutete zum Hafen hinunter.
    »O nein!«, erschrak Hakon. Er ließ den verängstigten Mann los und stieß Edwin auf den Plankenweg zurück. »Zum Hafen! Schnell!«, trieb er ihn an. »Der Araber darf auf keinen Fall wegfahren, ohne mir das Buch zu geben!«
    »Ein Araber? Was für ein Buch?«
    »Beeil dich! Mach schon!«
    Hakon trieb den Sklaven wie einen störrischen Esel durch die Stadt, trat und schlug ihn, wenn er an einer Weggabelung stehen blieb. »Weiter! Immer weiter! Zum Hafen runter! Immer geradeaus!«
    Sie brauchten viel zu lange, mussten sich ihren Weg mühsam durch eine Schafherde bahnen, die zwischen den Häusern und am Flussufer weidete, und hätten sich beinahe verirrt, als der Hafen nicht mehr in ihrem Blickfeld war. Grollender Donner begleitete sie auf den letzten Schritten zur Mole.
    Beim Anblick der vielen Schiffsmasten blieb Hakon seufzend stehen. Wie sollte er das Boot des Arabers in diesem Labyrinth jemals finden? Er zog Edwin auf die hölzerne Mole, stieß ihn vor lauter Enttäuschung unbarmherzig nach vorn.
    Wo steckte dieser Ibn Fadlan?
    »Ein Araber, sagst du?«, fragte Edwin so selbstverständlich, als wäre er ein gleichberechtigter freier Mann. »Dann muss es das Schiff dort hinten sein. Siehst du das Boot mit dem hohen Achterdeck? Das ist eine Dhau.«
    In seiner Verzweiflung merkte Hakon gar nicht, wie viel Edwin wusste und wie belehrend er sprach. Er dachte nur an das Buch. »Eine Dhau?«
    Hakon wusste zu wenig von den Arabern, um den Namen ihrer Schiffe zu kennen, erst später wunderte er sich darüber, dass ein Sklave den schwierig auszusprechenden Namen kannte. Sie liefen zum Steg mit den Araberbooten.
    Am Mast einer Dhau flackerte eine Öllampe, und Hakon sah Ibn Fadlan und einige andere Araber in langen Kutten auf dem Achterdeck stehen. Er blieb stehen, den Sklaven wieder an der Leine, und fragte: »Ibn Fadlan?«
    »Was willst du? «
    »Handeln«, erwiderte Hakon.
    »Ich bin auf dem Heimweg, Fremder.«
    »Mein Name tut nichts zur Sache«, fuhr Hakon siegessicher fort. Er hatte sich wieder in der Gewalt. »Ich habe etwas, das dich interessieren dürfte.« Er zog den jungen Sklaven ins Licht. »Bist du jetzt bereit, mit mir zu handeln?«
    Das herrische Gesicht des Arabers verzog sich zu einem Lächeln. »Gut möglich, Fremder. Eigentlich geziemt es sich nicht, in dieser

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