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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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unwürdigen Umgebung, ohne heißen Tee und den vertrauten Duft meiner Lieblingsgewürze, einen Handel abzuschließen, aber wenn du mir ein interessantes Angebot machst, könnte ich mich dazu überwinden, eine Ausnahme zu machen.«
    Hakon konnte mit der umständlichen Ausdrucksweise des Arabers wenig anfangen und wollte den Handel so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen. »Ich will das heilige Buch, das Ivar dir heute Mittag gegeben hat.«
    »Das heilige Buch? Du meinst das Buch, das er aus einem Kloster dieser ungläubigen Christen geraubt hat?« Wieder zeigte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht. »Bei den Christen würde ich ein Vermögen dafür bekommen.«
    »Du bekommst diesen Sklaven. Willst du ihn?«
    Ibn Fadlan vermutete, dass Hakon zu einfach war, um diesen Handel so abzuschließen, wie es die Höflichkeit von einem gebildeten Menschen verlangte, und verzichtete seufzend auf jegliche Etikette. Natürlich ahnte er, dass Hakon den Sklaven geraubt hatte und schnell verschwinden wollte.
    »Gilt der Handel?«
    Ibn Fadlan lächelte immer noch. »Also gut«, sagte er, »weil dir so an dem Buch gelegen ist und ich ein großes Herz habe, will ich dir das Buch geben.« Er gab einem seiner Männer ein Zeichen, der holte das in Leder eingeschlagene Buch aus einer Kiste und reichte es ihm. »Den Sklaven«, verlangte er.
    Hakon stieß Edwin auf die Dhau.
    Der Araber nahm ihn dankbar in Empfang und gab Hakon das kostbare Buch. »Es war mir ein Vergnügen, mit dir Geschäfte zu machen, mein Freund!«

12
    Hakon schob das Buch unter sein Wams und lächelte zufrieden, als er die vertraute Form spürte. Mit einem Blick zum Himmel bedankte er sich bei den Göttern, die ihn schneller zu dem Buch geführt hatten, als er zu hoffen gewagt hatte. Wie ein magischer Stein, der in der Hand seines Besitzers die Farbe verändert und mit seiner geheimnisvollen Kraft auf ihn einwirkt, verzauberte ihn das Buch. Die seltsamen Zeichen und Linien würden ihn zu der jungen Frau führen, die irgendwo in einem fernen Land auf ihn wartete.
    Mit glänzenden Augen lief er über die Mole zurück. Obwohl er mit seinen Gedanken bei der Frau war, drehte er sich am Ende des Steges noch einmal um und blickte zu dem Sklaven zurück. Beinahe hätte er sogar eine Hand zum Gruß gehoben. Er wusste selbst nicht, warum er das tat. Später würde er sich einreden, dass es bloß ein Reflex war. Aber es war ihm bewusst, dass Edwin ein sehr ungewöhnlicher Sklave war. Kein einfältiger Bursche wie die meisten anderen Unfreien, die wie Tiere lebten und vor ihren Herren den Rücken beugten. Er hatte sich seinen Stolz bewahrt.
    Bei dem Araber würde er es besser haben. Ibn Fadlan war ein gebildeter Mann, vielleicht sogar ein Gelehrter, der Edwin zu seinem privaten Diener machen und ihm ein Gemach in seinem Palast zuweisen würde. Ingolf hätte ihn getötet, wenn er seiner überdrüssig geworden wäre. Zufrieden beobachtete Hakon, wie sich das Segel des Dhau im böigen Wind blähte und das Schiff aus dem Hafen trug. Von grollendem Donner begleitet steuerte es davon.
    Kein Nordmann wäre bei diesem Wetter aufs offene Meer hinausgefahren, aber Ibn Fadlan blieb keine andere Wahl. Er wusste, dass er den Sklaven nicht von seinem rechtmäßigen Besitzer gekauft hatte, und ahnte, dass Ingolf alles daransetzen würde, um ihn zurückzubekommen. Hakon nahm an, das der Araber an der Küste entlang nach Süden fahren und das Gewitter in einem versteckten Hafen abwarten würde. Jeder Seefahrer hätte das getan.
    Hakon war sich im Klaren darüber, dass auch ihm wenig Zeit blieb. Er war noch gefährdeter als der Araber. Denn sobald Ingolf aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, würde er Ivar und die anderen Männer wecken, und sie würden mit gezückten Schwertern nach ihm suchen. Ivar würde die ganze Stadt mit seinen lauten Flüchen wecken und nicht zögern, ihn in die dunkelste Ecke des Jenseits zu befördern. Sein Onkel konnte nicht zulassen, dass ihn sein Neffe, den er wie einen lästigen Sklaven ins Meer geworfen hatte, zum Narren hielt.
    Mit hastigen Schritten eilte Hakon durch die Stadt. Es war so dunkel, dass er kaum noch den Plankenweg erkannte, der zwischen den Häusern hindurchführte. Die Wolken hingen tief, als wollten sie die Häuser mit ihrer Last erdrücken. Heftige Donnerschläge ließen den Boden erzittern, grelle Blitze zuckten vom Himmel herab. Die ersten Regentropfen fielen. Er drückte das Buch noch fester an seinen Körper, war froh, dass es mehrfach

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