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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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einen Eimer in der Hand. Sein Gesicht strahlte weiß in dem taghellen Licht. Es war vor Angst verzerrt und wirkte wie versteinert.
    Dann fiel der magische Hammer, den Thor gegen die Wolken geworfen hatte, wieder in dessen Hand zurück, und sein zweirädriger Wagen, unter dessen Rädern die Funken stoben, rollte in andere Gefilde. Der Himmel wurde dunkel und der Jüngling beim Brunnen war nur noch als Schatten zu sehen.
    »Edwin!«, flüsterte Hakon.
    Er bedankte sich bei den Göttern und näherte sich dem Sklaven. Der war noch so erschrocken, dass er nicht bemerkte, wie der Nordmann sich ihm näherte. Als Hakon neben ihm auftauchte, zuckte er ängstlich zusammen. »Ich hole Wasser für Ingolf«, sagte er in Hakons Sprache.
    Hakon hatte die Hand schon auf dem Schwert liegen. Er wollte den Jüngling notfalls mit Gewalt zwingen, ihn zu begleiten. »Du gehörst jetzt mir, Edwin.«
    »Du kennst meinen Namen? Hast du mich gekauft?«
    »Ich hatte noch eine Rechnung mit Ingolf offen«, wich Hakon aus. »Komm mit! Ich habe einen neuen Herrn für dich gefunden. Lass den Eimer stehen.«
    Edwin blickte ängstlich über die Schulter. »Du willst mich entführen, nicht wahr? Das wird Ingolf nicht zulassen. Er ist ein grausamer Mann. Auf dem Bauernhof, von dem ich stamme, hat er viele Frauen und Kinder getötet.«
    »Ich kenne Ingolf. Komm jetzt!«
    Edwin stellte den Eimer auf den Boden und folgte ihm. Das kaum sichtbare Lächeln, das in seinen Augen stand, verriet Hakon, dass er nicht unglücklich darüber war, von Ingolf wegzukommen. Anscheinend hatte der ihn sehr brutal behandelt.
    Normalerweise waren Hakon unfreie Männer egal, aber dieser Junge war irgendwie anders, wirkte selbstbewusster und furchtloser als die Sklaven, die er bisher kennengelernt hatte. So benahm sich nur ein Mann, der die Freiheit am eigenen Leib verspürt hatte. Er war auch stärker, als es den Anschein hatte. Seine Muskeln waren ausgeprägt und sein Gang sicher und regelmäßig.
    Hinter Hakon erklang ein wütendes Schnauben. Gerade noch rechtzeitig, um den anstürmenden Ingolf zu erkennen, fuhr er herum. Er warf sich zur Seite und wich dem wuchtigen Schwerthieb des Angreifers aus. Ingolf hatte den Schlag mit solcher Wucht geführt, dass er zu Boden geschleudert wurde und beinahe sein Schwert verloren hätte. »Du verdammter Verräter!«, rief Ingolf.
    Beinahe gleichzeitig kamen sie hoch. Noch im Aufspringen zog Hakon sein Schwert und drang auf den wütenden Nordmann ein. Dies war kein Platz für einen Kampf, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn sie jemand entdeckte, würde man sie festnehmen und einsperren. Edwin würde zu den Eisländern zurückkehren, und seine Hoffnung, das Buch zu bekommen, wäre dahin.
    Seine einzige Chance bestand darin, den Gegner so schnell wie möglich unschädlich zu machen. Töten durfte er ihn nicht, denn dann würde die Wache ihn jagen. Der dänische König wachte wie ein Luchs über Haithabu, denn ohne den Handelsfrieden würden sich kaum noch Händler in die Bucht wagen, und er würde wichtige Einnahmen verlieren.
    Geduckt und im Zickzack lief Hakon auf den Angreifer zu. So hatte er es von seinem Vater gelernt. Wer gegen einen starken Gegner die Oberhand behalten wollte, durfte ihn nicht zur Ruhe kommen lassen, ihm keinen Augenblick zum Nachdenken geben. Von links und rechts ließ er seine Klinge auf Ingolf sausen, verfehlte beide Male und sprang blitzschnell aus seiner Reichweite. Ingolfs Schwert kam ihm so nahe, dass er den Luftzug der Klinge spürte.
    Hakon stürmte nach vorn, warf seinen Gegner durch die Wucht des Aufpralls von den Beinen und trat ihm mit zwei heftigen Fußtritten das Schwert aus der Hand. Nur einen Atemzug später ließ er die Breitseite seiner Klinge auf den ungeschützten Kopf des Mannes krachen. Ingolf sackte in sich zusammen und verlor das Bewusstsein. So schnell würde er nicht wieder aufwachen.
    Schwer atmend blickte sich Hakon um. Außer Edwin war niemand zu sehen, auch die Stadtwächter auf den Wachtürmen hatten den Kampf anscheinend nicht bemerkt. Er schob sein Schwert in die Schlinge zurück. »Komm jetzt«, forderte er Edwin auf. »Wir stehen schon viel zu lange hier rum. Ich habe es eilig.«
    »Wo bringst du mich hin?«, fragte Edwin. »Warum kann ich nicht bei dir bleiben? Du würdest mich gut behandeln. Du bist sicher anders als die anderen.«
    »Jeder Herr ist besser als Ingolf«, erwiderte Hakon. Auch ihm widerstrebte es plötzlich, den Sklaven zu verkaufen, aber er hatte keine andere

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