Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
Vom Netzwerk:
führte ein schmaler Wiesenpfad zu den Bäumen auf der anderen Seite. Er dachte an den Schatten, den er in der Ferne gesehen hatte, und rannte los. Mit weiten Schritten hetzte er zwischen den Äckern hindurch.
    Gerade als er die schützenden Bäume erreichte, riss ein erneuter Blitz den Himmel auseinander und fuhr mit einem solchen Getöse in eine Eiche, dass Hakon schon befürchtete, der blutgierige Wolf Fenrir wäre aus dem Jenseits gekommen, um ihn zu vernichten. Wie eine riesige glühende Streitaxt fuhr er in eine Eiche und spaltete sie in zwei Hälften. Ein Teil des Baumes stürzte Hakon knackend und splitternd entgegen. Er wollte weglaufen, doch eine unsichtbare Kraft hielt ihn zurück, und die Krone des Baumes senkte sich wie der Körper eines massigen Tieres auf ihn. Er verspürte einen harten Schlag am linken Oberschenkel und verschwand in dem Gewirr von Ästen und Zweigen.
    Nur knapp verpasste ihn der Stamm der Eiche. Er blieb stöhnend liegen, japste nach Luft wie jemand, der im Meer gelandet war, und griff besorgt nach dem Buch und seinem Schwert. Beides war noch da. Er kroch unter den Ästen hervor und stieß einen leisen Schmerzensschrei aus, griff sich an das verletzte Bein und fühlte klebriges Blut. Der Ast hatte ihm das Beinkleid und den Oberschenkel aufgerissen. Er betastete vorsichtig die Wunde und atmete erleichtert auf, als er feststellte, dass nichts gebrochen war. Er hatte noch einmal Glück gehabt.
    Mit zusammengebissenen Zähnen befreite er sich von der Last des zersplitterten Baumes. Vom Baumstumpf stieg Qualm auf, anscheinend hatte der Regen die Flammen gelöscht, die Thor mit seinem heftigen Feuerblitz in Brand gesetzt hatte. Hakon humpelte weg von dem Baum und verzog das Gesicht. Die blutige Schramme war nicht tief, aber er hatte einige Prellungen wie nach einem heftigen Kampf. Er blickte sich nach dem Schatten um, war aber immer noch von dem grellen Blitz geblendet und sah nur bis zum Ackerrand. Den strömenden Regen im Gesicht stolperte er, so schnell es ging, weiter nach Norden, nur weg von Haithabu und dem viel befahrenen Ochsenweg. Er hatte keine Ahnung, wo er unterkriechen konnte, vertraute den Göttern, die ihm bisher immer beigestanden hatten. Er brauchte einen Unterschlupf, ein Versteck, in dem er warten konnte, bis seine Verfolger aufgaben und abzogen. Vielleicht hatte er Glück, und Kolfinn verzichtete auf eine Verfolgung. Wenn der Jarl die wertvolle Bernsteinkette als Geschenk für die gedemütigte Gunnhild ansah, erklärte er auf den Schafsinseln vielleicht, dass es Strafe genug für den flüchtigen Ehemann wäre, sich nie wieder auf den Inseln sehen zu lassen.
    Aber was würde Gunnhild unternehmen? Er konnte sich vorstellen, wie wütend sie sein würde, wenn Kolfinn ohne den ausgewählten Ehemann nach Hause käme. Sie würde wie ein Fuhrmann fluchen, die Bernsteinkette ins Meer werfen und auf einen unschuldigen Sklaven losgehen, weil sie in ihrem Stolz getroffen war. Vielleicht nahm sie sogar an einem Kriegszug teil, um sich abzureagieren. Oh, sie würde ihn mit Flüchen belegen, die nicht mal Ingolf kannte.
    Doch hier in Danmark musste er sich vor allem vor Ivar und Ingolf hüten. Die beiden würden ihr Gesicht verlieren, wenn sie ihn entkommen ließen. Ohne seinen Kopf oder seine Ohren brauchten sie nicht nach Eisland zurückzukehren. Nur wenn er ein sehr gutes Versteck fand, konnte er darauf hoffen, dass sie die Suche aufgaben und das Land verließen. Einen Kampf gegen beide Nordmänner würde er selbst gesund und ausgeruht kaum überleben. Der Gedanke ließ Hakon noch schneller laufen, obwohl er kaum die Hand vor Augen sah.
    Am Rand einer Lichtung blieb er stehen. Der Regen hatte etwas nachgelassen, und die Zeitabstände zwischen Thors Hammerwürfen und den sprühenden Blitzen unter seinen Wagenrädern waren größer geworden. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sich das Unwetter entfernte. Er fuhr sich mit dem Ärmel seines Wamses übers Gesicht und ging rasch in Deckung, als ein Blitz am fernen Himmel aufflammte und er im fahlen Licht eine Hütte ausmachte.
    Ein Holzhaus, aus groben Stämmen zusammengefügt und mit einem festen Dach aus dicken Grassoden. Die Tür war verschlossen. Er zog sein Schwert und ging langsam darauf zu. Für das Haus eines Freien war es zu schäbig. Vielleicht die Hütte eines Holzfällers oder eine Unterkunft für Sklaven, die auf den Feldern arbeiteten? Wenn sie verlassen war, würde er sich dort eine Weile verstecken und seine Wunde verarzten

Weitere Kostenlose Bücher