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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Meister seines Fachs sein.
    Die ersten beiden Nächte verbrachten sie auf befreundeten Höfen am Ufer. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten tranken sie keinen Met und keinen Beerenwein und krochen schon früh in ihre Schlafsäcke, um jederzeit nüchtern und ausgeruht zu sein. Mit seinem Rudernachbarn unterhielt Hakon sich nur wenig, einmal sprach er ihn auf sein ausgefallenes Amulett an, das neben einer Nachbildung von Thors Hammer an einer Kette um seinen Hals hing.
    »Das sieht wie ein Christenkreuz aus.«
    Der Nordmann, er hieß Eyvind, berührte das Schmuckstück und nickte. »Ich bin getauft. Viele von uns sind getauft. Hast du das nicht gewusst? Es schadet nicht, einen Gott mehr zu haben, nicht wahr?« Er lachte heiser. »Der Pfaffe war ziemlich wütend, als er Thors Hammer an der Kette entdeckte.«
    »Seltsam«, staunte Hakon. »Du hast dich von einem Pfaffen taufen lassen und ziehst los, um andere Pfaffen zu ihrem Teufel zu schicken? Wie geht das? Hast du keine Angst, dass dich der Gott der Christen dafür bestraft?«
    Eyvind lachte immer noch. »Thor wird mich beschützen.«
    Valgard stand meist am Vordersteven, den Blick in die Ferne gerichtet, und hielt sich mit einer Hand an der Reling fest. In unregelmäßigen Abständen rief er laute Befehle zum Steuermann nach hinten. Auf seiner rechten Schulter saß ein fetter Rabe, der vor jeder Kursänderung davonflog. Eyvind und die meisten anderen Männer behaupteten, dass er nach der besten Strömung suchte. Vor einigen Wintern, so berichteten sie, als sie sich auf dem offenen Meer verirrt hatten, entdeckte der Rabe die rettende Küste und führte sie auf kürzestem Weg zur Flussmündung zurück.
    Sein Krächzen verlor sich im frischen Wind, als der Steuermann das Ruder drehte und sie auf nordwestlichen Kurs gigen. Wie ein Delfin schoss die Skaid jetzt durch die Wellen, getrieben von der stärker werdenden Strömung, als würde ein riesiger Vogel über das Wasser gleiten. Hinter ihnen verblasste die Küste und blieb im morgendlichen Nebel zurück. Auf dem offenen Meer waren die Wellen höher, klatschte das Wasser lautstark wie Peitschenhiebe gegen die Bordwand und die aufgesetzten Schilde. Weiße Schaumkronen tanzten auf den Wellenkämmen. Der Wind war kälter, und um sie herum war nur das scheinbar endlose Meer.
    Noch hatte Valgard nicht verraten, welches ihr endgültiges Ziel war, und solange es weder Eisland noch die Schafsinseln waren, scherte sich Hakon auch nicht darum. Bisher hatten die Nordmänner im Westen nur Klöster und Besitztümer in Bretland oder Thrallmart angegriffen. Wenn Valgard vor der Abreise bei der alten Solveig gewesen war, hatte sie ihm bestimmt geraten, Eisland oder die Schafsinseln zu meiden. Der Alten war daran gelegen, Hakon den Weg zu der geheimnisvollen Frau zu ebnen, höchstwahrscheinlich weil sie selbst einmal das Ziel einer solchen Traumreise gewesen war und die Götter ihr niemals die Erfüllung geschenkt hatten. Wenn er die Frau aus dem Buch jemals fand und sie eine Tochter bekamen, würde er sie Solveig nennen.
    Sie saßen jetzt wieder an den Rudern, zogen die Blätter gleichmäßig durchs Wasser, um das Schiff in der Strömung zu halten. Eine leichte Skaid war wesentlich schwerer zu steuern als eine Knorr, die über einen längeren Kiel verfügte und deshalb sicherer im Wasser lag. Ein Kriegsschiff wie die Skaid musste schnell und wendig sein, und das war sie. Beinahe schneller als der böige Wind pflügte sie die Wellen, dem Horizont entgegen.
    Von der harten Arbeit waren sie so erschöpft, dass sie bereitwillig die Ruder einzogen, wenn sie in ruhigeres Wasser gerieten, und noch vor Einbruch der Dunkelheit in ihre Schlafsäcke krochen. Nur die Wachen blieben auf und suchten nach verräterischen Schatten auf dem Meer. Doch die Nächte blieben ruhig und aus dem Wasser tauchten keine Ungeheuer auf. Der Mond am Himmel wurde immer kleiner, warf aber genug Licht auf die Wellen und zeigte ihre Richtung mit einem silbernen Streifen an. Selbst der Wind hielt sich nachts zurück und begleitete sie mit einem eintönigen Lied auf ihrer einsamen Fahrt.
    Der Zorn der Götter traf sie am frühen Morgen, ungefähr eine Tagesreise von Bretland entfernt. Der Rabe, der gerade von seinem Erkundungsflug zurückkehrte, brachte die schlechte Nachricht mit, krächzte aufgeregt wie eine diebische Elster, als er sich auf Valgards Schulter niederließ, und zwickte ihn in den Hals, wie er es angeblich immer tat, wenn Gefahr drohte. Der Jarl war

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