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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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Gegensatz zu mir. Ich finde sie.«
    Er lächelte gelangweilt, als ob er diese Sprüche nicht schon oft genug gehört hätte. »Ich glaube nicht, dass es Ihnen in New York City gefallen würde, Deputy«, sagte er leise. »Wenn Sie in Dayborn eine Sache gegen die Wand gefahren haben, kann ich Ihnen nur dringend raten, hier zu bleiben und sie wieder in Ordnung zu bringen.«
    Das gab ihr einen Ruck. Deputy Lilith Beaudare saß jetzt kerzengerade da, öffnete den Mund – und schloss ihn wieder, ohne etwas zu sagen.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann nicht Gedanken lesen, Kindchen. Anfänger halten jede Panne gleich für einen Weltuntergang, das haben wir alle schon erlebt. Was Sie auch …«
    »Ich kann Ihnen helfen, Riker.« War das ihre Stimme, die sich da gefährlich in die Höhe schraubte? »Sie brauchen mich.« Schwang da etwas wie Verzweiflung mit? Mist! »Der Sheriff braucht nicht zu wissen, dass ich für Sie arbeite«, fügte sie leiser hinzu.
    »Falsch gedacht, Kindchen. Wenn der Sheriff Ihnen nicht trauen kann, warum sollte ich es tun? Warum sollte irgendein Cop Ihnen trauen?«
    Nach diesem Hieb beugte er sich vor, um sie endgültig k. o. zu schlagen. »Sie sind jung, Kindchen, und ein Ausrutscher kann jedem mal passieren. Ich verspreche Ihnen, dass die Sache unter uns bleibt. Der Sheriff braucht nicht zu wissen, dass Sie ihn hintergehen wollten. Wir verstehen uns?«
    Ja, sie hatte verstanden.
    Sie hatte sich an den Cop aus New York City verkauft und stand nun mit leeren Händen da. Aber auch Riker war nicht viel besser dran. Er kriegte nur Ware zweiter Wahl von den Feds, die sie, Lilith, mit Versprechungen geködert hatten – Versprechungen, die, wenn man Mallory glauben durfte, allesamt erlogen waren.
    Riker war aufgestanden und griff sich seine Zigaretten und Streichhölzer. »Wenn Sie Mallory über den Weg laufen, fragen Sie sie doch mal, wo sie die Waffe herhat. Sagen Sie ihr, dass ich, wenn sie wegen des Ausbruchs vor Gericht steht, eine Aussage machen werde. Es ist der übliche Kuhhandel. Eine kooperative Angeklagte kriegt von jedem Richter Pluspunkte.« Er legte einen Dollar als Trinkgeld auf den Tisch. »Wenn ich noch was von Ihnen brauche, melde ich mich.«
    Sie beobachtete ihn, wie er durch den Raum ging, sah ihn noch einen Augenblick im Tageslicht stehen, dann fiel die Tür hinter ihm zu, und trotz der vielen Menschen um sie herum war sie plötzlich allein in diesem Raum, der feucht und dunkel war wie eine Höhle und durch den träge Tabakschwaden zogen. Körpergerüche vermischt mit Essensresten stiegen ihr in die Nase. Die Musicbox verstummte.
    Lilith holte Rikers halb volles Glas zu sich herüber. Sie schnupperte.
    Bourbon.
    Sie kostete.
    Billiger Bourbon.
    In einer Bar in New Orleans, in der sie mit ihrem Vater den Schulabschluss gefeiert hatte, hatte er ihr erklärt, dass billiger Schnaps das Markenzeichen eines ehrlichen Cops ist. Guy Beaudare hatte das von seinem alten Freund Tom Jessop, deshalb musste es stimmen.
    Lilith leerte das Glas in einem langen Zug.
    Und es lag nicht an der stickigen Luft in der Pinte oder an Rikers schlechtem Bourbon, dass ihr plötzlich speiübel war.

16
    Jimmy quälte sich durch eine morastige Stelle, aber einer der übergroßen Schuhe seines Vaters war im Schlamm stecken geblieben. Jimmy stellte den prall gefüllten Wäschesack am Straßenrand ab und vollführte auf einem Bein einen Kranichtanz, um den Schuh aus dem Dreck zu ziehen. Er setzte sich neben den Sack ins Gras, schlüpfte wieder in den Schuh und zog die Schnürsenkel fester, auch wenn das nicht viel half.
    Dann musterte er den schweren Sack, den ihm Darlene Wooley geschenkt hatte. Wenn es einen lieben Gott gab, steckten da ein Paar abgelegte Schuhe von Ira drin.
    Er hatte Darlene beim Ölwechsel geholfen und nach ihren Anweisungen die ganze schmutzige Arbeit erledigt. Dann hatte sie ihn mit ins Haus genommen und ihm die Hände sauber gemacht, als ob sie ihm nicht zutraute, dass er das selbst konnte. Vielleicht dachte sie, er wäre so lahm wie Ira.
    Und vielleicht stimmte das ja auch.
    Er hatte ihre mütterliche Fürsorge genossen, und als er die Augen schloss, hatte er sich vorgestellt, dass es seine eigene Mutter war, die sich so liebevoll um ihn kümmerte. Beim Anblick der Ölflecken auf seinen Sachen hatte Darlene gejammert, dass die nie rausgehen würden. Dann hatte sie ihn an den Küchentisch gesetzt und ihm einen kalten Imbiss zubereitet, hatte ihn ermahnt, seine Milch schön

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