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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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dem Mann, den Bobby Laurie beschrieben hatte, einen Cop aus New York, der sich als Penner tarnte, und ging auf den unrasierten Typ mit dem verknitterten und verkleckerten Anzug an der Theke zu.
    »Detective Riker? Ich bin Deputy Beaudare.«
    Er lächelte liebenswürdig, und um die freundlichen braunen Augen bildeten sich viele kleine Fältchen. »Ziehen Sie sich einen Hocker ran, Deputy.«
    »Könnten wir uns vielleicht an einen Tisch setzen? Wirkt ein bisschen komisch, wenn ich mit Uniform an der Theke stehe.«
    »Aber klar, Kindchen. Aufgeht’s.« Er griff nach seinem Glas und ging mit ihr zu einer der Nischen im hinteren Teil der Bar, in die kaum Tageslicht fiel. Eine Kerze in einer leeren Jack-Daniels-Flasche sorgte notdürftig für Beleuchtung.
    Sie setzte sich ihm gegenüber und wartete, bis er den nächsten Schluck genommen hatte. »Es handelt sich um Ihre Bekanntschaft …«
    »Das hab ich schon mit dem Sheriff geklärt. Dieser Charles Butler mag ja aus New York sein, aber deshalb ist er noch lange nicht …«
    »Den meine ich gar nicht.« Sie sah sich rasch nach Lauschern um. »Es geht um die Gefangene. Um Mallory.«
    »Und die soll eine Bekannte von mir sein?« Er lächelte fast mitleidig. »Da müssen Sie noch dran arbeiten, Kindchen. Der Sheriff hat das besser hingekriegt.«
    »Und woher weiß ich dann, dass sie Polizistin ist? Und zwar eine, die es faustdick hinter den Ohren hat?«
    Er hob kapitulierend die Hände und lächelte wie über einen guten Witz. »Ich geb’s auf, Deputy. Der Sheriff behauptet, er hätte keinen Schimmer, was Mallory in den letzten siebzehn Jahren getrieben hat.«
    »Der Sheriff weiß überhaupt nichts.«
    »Aber Sie schon?«
    »Ich weiß, dass sie Polizistin ist.«
    »Und wie kommen Sie darauf?« Er baute eine kleine Rauchwolke als Trennwand zwischen ihnen auf.
    »Meine Mutter sagt, dass es sich nicht gehört, anderen Leuten Sachen zu erzählen, die sie schon wissen.«
    Riker schwieg. Er ließ sie zappeln und genoss das offenbar sehr. Das Szenario war nicht so gelaufen, wie sie es sich zurechtgelegt hatte. Lilith lehnte sich zurück. Immer mit der Ruhe, ermahnte sie sich. »Mallory hat Ihren Namen nicht genannt, aber ich weiß, dass sie in New York City mit Ihnen zusammengearbeitet hat.«
    »Die Gefangene hat ausgesagt, dass sie aus New York ist?«
    Lilith nickte und fand, dass sie nicht schlecht im Schwindeln war.
    »Wenn sie wie eine New Yorkerin geredet hätte, wäre ihr der Sheriff bestimmt draufgekommen«, erwiderte Riker. »Meinen Akzent hatte er nach fünf Worten erkannt.«
    »Aber sie hat keinen Akzent. Sie redet wie die Typen im Fernsehen.«
    »Halten Sie mich nicht für unhöflich, Deputy, wenn ich Ihnen was sage, was Sie sich eigentlich an allen fünf Fingern abzählen könnten. Der Sheriff hat mir erklärt, dass ihre Fingerabdrücke noch nicht zurückgekommen sind. Wer nicht gerade frisch von der Polizeiakademie kommt, müsste daraus eigentlich seine Schlüsse ziehen können. Wenn die Gefangene Polizeibeamtin wäre, hätte man ihre Identität in null Komma nichts ermittelt.« Er leerte sein Bierglas und setzte es unsanft auf den Tisch. »Das wär’s, Kindchen. Schluss der Vorstellung.«
    »Sie ist Polizistin«, wiederholte Lilith eigensinnig.
    Riker schüttelte den Kopf. »Das hätte der Sheriff inzwischen rausgekriegt. Der Mann hat schließlich Augen im Kopf.«
    »Nicht, wenn’s um Mallory geht. Für ihn ist sie immer noch ein kleines Mädchen. Sie hat mit ihrer Mutter hier gelebt.«
    »Ich weiß. Der Sheriff hat mir die ganze Geschichte erzählt. Inzwischen hab ich über dieses Nest mehr erfahren, als mir lieb ist. Sie können mich abfragen. Los, fangen Sie an. Ich weiß sogar, dass in dieser Bar Babe Laurie seine berühmte Syphilisparty abgehalten hat. Komische Bräuche sind das hier …« Er ließ sich gegen die gepolsterte Lehne der Bank fallen und breitete die Hände aus. »Keine Lust auf ein Quiz? Na schön, dann frag ich Sie mal was. Haben Sie Ihre Theorie von der Polizistin, die es faustdick hinter den Ohren hat, mit Tom Jessop besprochen?«
    »Würden Sie dem Sheriff über den Weg trauen, Detective Riker?«
    »Sie haben es ihm also nicht gesagt«, stellte er ein wenig missbilligend fest. »Und warum erzählen Sie mir davon, Kindchen? Was wollen Sie von mir?«
    »Vielleicht einen Job in New York City. Eine Hand wäscht die andere.« Sachte, ermahnte sie sich, du schmeißt dich zu sehr an ihn ran. »Sie kennen sich in dieser Gegend nicht aus – im

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