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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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sie überfallen.«
    Die Kaffeetasse fiel scheppernd zu Boden.
    Einen Augenblick wurde es ganz still im Raum. Dann nahmen die anderen Gäste ihre Gespräche wieder auf, aber von überall her richteten sich Blicke auf die Kaffeepfütze und die möglicherweise gefährliche Irre.
    »Ich glaube eigentlich nicht, dass Babe die Absicht hatte, Mallory etwas anzutun«, sagte Charles. »Vielleicht glaubte er, Cass vor sich zu haben, seine Ärztin, die ihn getröstet und seine Schmerzen gelindert hatte. Es kann aber auch sein, dass er durchaus klar im Kopf war und mit Mallory über den Tag sprechen wollte, an dem ihre Mutter gestorben war. Das mag die Erklärung dafür sein, dass die Brüder auf dem Marktplatz und dann noch einmal an der Tankstelle miteinander in Streit gerieten. Im Nachhinein zu erraten, was ein Toter getan oder nicht getan hat, ist immer eine heikle Angelegenheit.«
    Erst kamen lautlose Tränen, dann fing Darlene an zu zittern und würgend zu schluchzen. Die Gäste an den Nebentischen hatten das Interesse an ihr verloren. Tränen waren hier schließlich die Regel, und eine weinende Darlene war keine Gefahr mehr.
    Charles wartete geduldig, bis die Tränen versiegt waren, und versorgte sie zwischendurch mit Papiertaschentüchern. Als sie sich wieder gefasst hatte, holte er ihr noch ein Stück Kuchen und öffnete die Verpackung.
    Sie bemühte sich um ein dankbares Lächeln, das aber kläglich misslang. »Keiner hat sich dafür interessiert, wer Babe Laurie umgebracht hat. Nur Sie.«
    »Ganz so war es nicht. Alle, die behaupteten, Babes Tod interessiere sie nicht, haben das nur gesagt, weil sie glaubten, dass die Tat jemand begangen hat, der ihnen nahe stand.«
    Natürlich war es denkbar, dass Mallory tatsächlich den Sheriff für den Täter hielt. Als Charles sie in die Enge getrieben hatte, war ihr Hinweis auf Jessop ziemlich deutlich ausgefallen. Andererseits war es immer schwierig herauszufinden, wann Mallory log und wann sie die Wahrheit sagte. Sie konnte sich gedacht haben, dass Tom Jessop sich gegen eine falsche Verdächtigung mit Leichtigkeit würde wehren können. Wer aber würde sich um ihren früheren Spielgefährten kümmern, wenn Darlene ins Gefängnis musste? Mallory dachte immer sehr praktisch ...
    »Was wird das Gericht mit mir machen, Charles?«, fragte Darlene müde und offenbar nur mäßig an ihrer Zukunft interessiert.
    »Tom Jessop ist ein anständiger Mann. Er wird für Sie tun, was er kann.« Wenn der Verteidiger auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit plädierte, würde Tom Jessop diesen Antrag bestimmt unterstützen. »Es dürfte auf eine Bewährungsstrafe hinauslaufen.«
    »Und wenn Sie auf der Geschworenenbank säßen?«
    »Sie wollen wissen, ob ich für Ihre Verurteilung wäre? Nein, wohl nicht.« Wäre Babe nicht eines gewaltsamen Todes gestorben, hätte ihn ein langes qualvolles Siechtum erwartet. Mit der besten medizinischen Versorgung hätte man vielleicht sein Leiden lindern, nicht aber die verheerenden Schäden rückgängig machen könen. »Trotzdem bedaure ich den Mord an Babe. Besonders die Art, wie er gestorben ist.«
    Darlene nickte. »Ganz allein, in tausend Ängsten, auf der Straße verblutet wie ein überfahrener Hund.«
    Sie war jetzt mit ihm einig, empfand Bedauern wie er. Und Mitleid? Ja, auch das. Und so hatte Babe Lauries Tod doch seine Bedeutung gehabt. Und zumindest ein Mensch - die Frau, die ihn ums Leben gebracht hatte - würde um ihn trauern und ihm hin und wieder Blumen aufs Grab stellen.

Epilog
    Es war eine milde, angenehme Nacht, und auch Mallory war ohne ihren langen schwarzen Reitermantel eine eher freundliche Erscheinung. Den hellblauen Jeans und der weißen Bluse hatte Charles in der zunehmenden Dämmerung ohne Mühe folgen können, verharrte jetzt aber regungslos im Schatten der Bäume.
    Sie war mitten im Friedhof an der Kreuzung zweier Kieswege stehen geblieben. Hinter ihr rannte etwas Kleines durch das hohe Gras. Ein Raubvogel glitt über den Himmel und schraubte sich in langsamen Kreisen nach unten. Vor der Eule stieß ein winziges Tier einen spitzen Schrei aus, dann stieg der Nachtvogel lautlos zu den Sternen auf.
    Mallory legte den Kopf zurück. Zunächst dachte Charles, dass sie nur den Flug der Eule beobachten wollte, dann aber wurde ihm klar, dass sich hier etwas abspielte, das einer religiösen Handlung sehr ähnlich war. Sie sah nicht zum Himmel auf, um das Werk des Allmächtigen am Firmament zu bewundern oder Ihn anzubeten, aber dass sie

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