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Der steinerne Kreis

Der steinerne Kreis

Titel: Der steinerne Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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verteidigt hatte, zu erleben. In Wahrheit ging es ihm vor allem darum, an einem der russischen Labors für Parapsychologie mitzuarbeiten. Er war überzeugt, dass es ihm dort gelingen würde, seine psychokinetische Begabung weiter zu entwickeln. Sein Problem war, dass er den Sowjets nichts zu bieten hatte. Um den Eisernen Vorhang zu passieren, musste man damals seine Nützlichkeit für das System unter Beweis stellen. Daraufhin erkannte Thomas, dass er ja einen Trumpf in der Hand hatte: mich.
    Unter dem Vorwand einer offiziellen Reise nach Moskau suchten wir mehrmals die sowjetische Botschaft auf, wo Thomas etliche Diplomaten kannte. In einem dieser grauen Büros mit den speckigen Vorhängen unterzogen wir uns parapsychologischen Tests. Thomas fiel durch, aber ich konnte außergewöhnliche Ergebnisse aufweisen. Die Russen versuchten zuerst, hinter den Trick zu kommen, aber dann begriffen sie, dass ich tatsächlich das begabteste Medium war, mit dem sie es je zu tun gehabt hatten. Von dem Moment an überstürzten sich die Ereignisse.
    Für mich stand außer Frage, dass ich Philippe folgen würde. Obwohl sein Geisteszustand sich zunehmend verschlechterte: Innerhalb eines einzigen Jahres waren zwei Klinikaufenthalte nötig gewesen. Es war ein ständiges Auf und Ab zwischen manischen und depressiven Phasen. Und er war zwanghaft besessen von Gewalt, Schmerz, Blut. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – liebte ich ich ihn.
    Im Januar 1969 nahmen wir an einem Kongress für kognitive Wissenschaften in Sofia teil. Die Leute vom KGB setzten sich mit uns in Verbindung, und wir erhielten sowjetische Ausweispapiere auf die Namen Malin und Sadko. Das klang düster, beunruhigend: genau das, was wir uns erhofft hatten. Achtundvierzig Stunden später waren wir in der Sowjetunion.
    Aber bei unserer Ankunft erlebten wir eine herbe Enttäuschung. Wir dachten, wir würden als Helden empfangen; stattdessen wurden wir behandelt wie Spione. Wir hatten von einer Welt der Gleichheit geträumt und waren umgeben von Ungerechtigkeit, Betrug, Unterdrückung.
    Philippe ließ seine Enttäuschung und seinen Groll an mir aus. Er wurde jähzornig und grausam. Er begehrte mich mehr denn je, und dieses Verlangen war für ihn eine ständige Demütigung. Morgens wachte ich oft mit zerschnittener Haut auf: Philippe verletzte mich, während ich schlief, mit den Nadeln und Klingen, die er für seine psychokinetischen Experimente benutzte.
    Ich verfiel zusehends. Philippes Quälereien, die Kälte, die Mangelernährung, die Einsamkeit – und die Psi-Experimente, denen ich mich jeden Tag in heruntergekommenen Labors unterziehen musste: Das alles trug zu meinem elenden Zustand bei. Ich verlor den Kopf. Ich verlor meinen Körper. Und ich hatte nicht einmal mehr das, was bis dahin meine Identität als Frau ausgemacht hatte: Ich bekam meine Periode nicht mehr. Seit ein paar Wochen wusste ich, dass ich schwanger war.
    Im März 69 teilte uns die Partei mit, dass wir an ein Labor achttausend Kilometer östlich von Moskau versetzt würden: irgendwo in der Mongolei. Diese neue Aussicht ließ mich erstarren. Hingegen wurde Philippe wieder sehr zuversichtlich. Als ich ihm sagte, dass ich ein Kind von ihm erwartete, hörte er kaum hin. Er hatte nur eines im Sinn: dass wir an das geheimste Institut des Sowjetreichs versetzt würden. Dass wir endlich an der Erforschung paranormaler Phänomene mitarbeiten und von den Kenntnissen der Russen auf diesem Gebiet profitieren könnten.
    Ich hatte mir schon gedacht, dass eine Geburtsklinik in Moskau nicht gerade ein Superlativ an moderner Technik war, aber mit einer derartigen Brutalität und Barbarei hatte ich nicht gerechnet. Für eine normale Geburt war ich zu erschöpft, ich brachte keine ausreichenden Presswehen zustande, und der Muttermund weitete sich auch nicht genug. Die Hebamme kam damit nicht klar und holte den Dienst habenden Arzt, der völlig betrunken aufkreuzte. Seine Wodka-Ausdünstungen überdeckten sogar den Äthergeruch im Kreißsaal. Und dieser Säufer kam zu mir mit seinen zittrigen Händen und setzte die Zange an.
    Ich spürte das Instrument aus Metall, das mich aufspreizte, aufriss, mich verletzte bis ins Innerste. Ich schrie, ich wehrte mich, aber er fuhr wieder mit seinen eisernen Haken in meinen Bauch. Es half nichts. Schließlich entschied er sich für einen Kaiserschnitt. Aber die Narkose wirkte nicht: Die Anästhetika, die er verwendete, waren zu alt.
    Es gab also nur noch eine Möglichkeit: die

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