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Der sterbende Detektiv - Roman

Der sterbende Detektiv - Roman

Titel: Der sterbende Detektiv - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und nickte.
     
    Dann stand sie auf und tätschelte ihm den gesunden Arm.
    »Passen Sie auf sich auf«, sagte sie. »Ich komme morgen wieder.
    Erst als sie bereits das Zimmer verlassen wollte, fiel sie ihm wieder ein. Die grundlegendste seiner beruflichen Gepflogenheiten, die jemand kurzfristig aus seinem Kopf gelöscht hatte.
    »Verdammt!«, schrie Johansson. »Kommen Sie gefälligst zurück!«

    »Ja?«, fragte sie und stand schon wieder neben seinem Bett.
    »Ihr Vater«, sagte Johansson. »Er muss doch eine Unmenge Papiere und Aufzeichnungen hinterlassen haben.« Alte Geistliche haben sich schon immer dadurch ausgezeichnet, dass sie eine Menge Papier anhäuften, dachte er.
    »Kistenweise«, sagte Ulrika Stenholm.
    »Dann suchen Sie dort«, sagte Johansson. Diese Arbeit nehme ich Ihnen nicht ab, dachte er.
     
    Schließlich ging sie, und kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, da war er schon eingeschlafen. Der Mann, der einmal um die Ecke denken konnte, dachte Johansson, gerade als Hypnos seine gesunde Hand ergriff und ihn vorsichtig in die Dunkelheit geleitete. Ihn mit der grünen Mohnkapsel lockte, die er in seiner schmalen weißen Hand hielt.

10
Mittwochnachmittag des 14. Juli 2010
    Zu seinen besten Zeiten war Lars Martin Johansson bei seinen Kollegen als Mann bekannt, der um die Ecke denken konnte, und galt außerdem in Bezug auf schwere Gewaltverbrechen als wandelndes Kriminallexikon. Sobald seine Kollegen mit einem alten Fall zu tun hatten, den sie zeitlich und örtlich nicht einordnen konnten, gingen sie als Erstes zu Johansson. Das ersparte in der Regel viel Zeit am Computer. Johansson hatte stets etwas beizutragen, bereitwillig und erfreut, gefragt worden zu sein, ausführlich und präzise in seinen Antworten. Außerdem besaß er ein außergewöhnliches Zahlengedächtnis, und manches Mal hatte er sogar mit dem Aktenzeichen des Falles, über den sich ein hilfsbedürftiger Kollege erkundigt hatte, aufwarten können.
    Jetzt war etwas in seinem Kopf passiert. Dass er plötzlich den Namen der zweiten Frau seines einzigen Sohnes vergessen hatte, damit konnte er leben. Außerdem war er ihm ja nach einer Weile wieder eingefallen. Dass er sich aber an den Mord an der neunjährigen Yasmine, die vergewaltigt und erwürgt worden war, nicht erinnern konnte, war viel schlimmer. Und dass der Fall fünfundzwanzig Jahre zurücklag, betrübte ihn noch mehr. An Morde aus dieser Zeit, aus den Zeiten seiner Manneskraft, pflegte er sich in der Regel sogar
noch besser zu erinnern als an jene, die später verübt worden waren. Die sensationellsten kannte er bis ins kleinste Detail.
    Große Besorgnis, Angstzustände fast, bemächtigten sich seiner nicht, nicht wegen des vergessenen Mordes an Yasmine, sondern wegen dem, was in seinem Kopf geschehen sein musste.
    Erst hatte er klingeln und um eine zusätzliche Tablette bitten wollen. So eine, die ihn in einen Zustand der Abwesenheit versetzte, die den Abstand zu dem, was ihn quälte, vergrößerte, die ihn gleichgültig machte. Die ihm weismachte, dass ihn alles nichts mehr anging.
    Aber dieses Mal nicht.
    »Reiß dich zusammen«, sagte Johansson laut zu sich selbst. Schau im Internet nach, dachte er. Vermutlich hatte sein eigenes kleines Eichhörnchen das Meiste missverstanden und deswegen konnte er sich nicht an den Mord an Yasmine erinnern. Gedanke, rascher Entschluss – und dann begann das Elend erst richtig.
    Ärger, Ärger, Ärger. Allein schon den Laptop vom Nachttisch zu nehmen, vor sich aufs Bett zu stellen, aufzuklappen und einzuschalten und das alles mit der linken Hand und einer rechten, die einfach nur im Weg war. Als er so weit war, stellte er fest, dass er das Passwort vergessen hatte. Das Passwort, das ihm noch am Morgen, bevor diese unselige Ärztin zu ihm gekommen war und sein Dasein nur noch erschwert hatte, keinerlei Mühe bereitet hatte. Jetzt konnte er nicht einmal mehr seinen eigenen Computer verwenden. Als sei nicht eh schon alles zu viel.
    Er führte trotzdem die zulässige Anzahl Versuche durch. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, die Kopfschmerzen, der Druck auf der Brust. Mit jedem missglückten Versuch, Zugang zu seinem eigenen Computer zu erhalten, wurde es schlimmer. Scheiße, Scheiße, Scheiße, dachte Johansson, wobei
ihn sein veränderter Sprachgebrauch nicht störte. Er rief Pia an. Sie befand sich zwar gerade in einer Besprechung, war aber sofort am Apparat, weil sie sah, dass der Anruf von ihm war. Sie klang sehr besorgt.
    »Lars,

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