Der sterbende Detektiv - Roman
Kopf.
»Du siehst einfach furchtbar aus, Lars«, meinte Jarnebring. »Allerdings viel munterer, als ich gedacht hätte«, ergänzte er rasch, da ihm aufging, was er gerade gesagt hatte.
Irgendwas stimmt nicht, dachte Johansson. Etwas fehlte. Das konnte in der großen braunen Papiertüte, die Jarnebring neben sein Bett gestellt hatte, wohl kaum Platz gefunden haben. Außerdem roch Jarnebring nach Rasierwasser. Nur nach Rasierwasser. Nicht wie jemand, der gerade bei Günters Korv gewesen war.
»Wo zum Teufel hast du meine Wurst?«, fragte Johansson vorwurfsvoll.
»Du, Lars«, sagte Jarnebring, beugte sich vor, legte ihm seine große Hand auf die Schulter und drückte fest zu. »Du bist mein bester Freund, und ich bin verdammt froh, dass du noch lebst.«
»Gleichfalls«, erwiderte Johansson. »Also, wo hast du die Wurst?« Und meinen Branntwein, dachte er.
»Hier«, sagte Jarnebring und leerte den Inhalt der braunen Papiertüte aufs Bett aus. »Äpfel, Birnen, Orangen, Bananen. Ich habe dir sogar Schokolade gekauft, du weißt schon, diese gesunde, nur aus Kakao.«
»Keine Wurst?«, bemerkte Johansson.
»Keine Wurst und auch keinen Branntwein«, bestätigte Jarnebring. »Wenn du dir das Leben nehmen willst, musst du das schon alleine tun. Ich habe nicht die Absicht, dir dabei behilflich zu sein. Hingegen habe ich dir das Passwort für deinen Computer mitgebracht, um das du mich gebeten hattest. Und sobald du dich etwas zusammengenommen hast und hier rausdarfst, trage ich dich eigenhändig in mein Fitnessstudio, damit du wieder in Form kommst.«
»Vielen Dank für die Hilfe, wirklich. Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde.«
»Hör auf zu jammern«, erwiderte Jarnebring. »Du bist nicht die einzige bedauernswerte Person. Pia hat es auch nicht gerade leicht, das kann ich dir sagen. Ich übrigens auch nicht. Montagabend vergangener Woche, als du hier gelandet bist, ruft mich jemand vom Aftonbladet an und sagt zu mir, dir hätte jemand in den Bauch geschossen und du lägst auf der Intensivstation. Ich saß gerade in aller Ruhe mit meiner Frau, meiner Schwester und meinem Schwager im Garten und trank ein kaltes Pils. Ich genoss mein Rentnerdasein, und da ruft dieser Blödmann an und behauptet, jemand hätte auf dich geschossen und du würdest gleich den Löffel abgeben. Und ob ich das kommentieren könnte.«
»Und, konntest du?«, fragte Johansson.
»Ich habe ihm gesagt, er kann mich mal«, antwortete Jarnebring. »Dann habe ich die Einsatzzentrale angerufen und gefragt, ob die was wissen. Da sitzt also noch so ein Blödmann, ein Kollege dazu, keine Ahnung, wer die einstellt und ihnen dann noch die Einsatzzentrale überlässt, und sagt, er wisse
nur, dass einer der Burschen aus dem Einsatzwagen berichtet habe, sie hätten dich in die Notaufnahme des Karolinska gebracht, weil es offenbar so eilig gewesen sei, dass ein normaler Krankenwagen nicht genügt hätte. Da habe ich mir dann wirklich richtig Sorgen gemacht. Ich habe herumtelefoniert, aber die Ärzte weigerten sich, mit mir zu sprechen, und bei Pia war ständig besetzt, klar, dass ich mir wahnsinnige Sorgen gemacht habe.«
»Das ist bestimmt nicht leicht für dich gewesen«, meinte Johansson.
»Nein«, erwiderte Jarnebring. »Das war nicht leicht, aber gerade, als ich mich ins Auto setzen wollte, trotz meiner drei oder vier Pils, um ins Karolinska zu fahren und Abschied zu nehmen, da rief einer meiner Jungs von früher an und erzählte mir, was los war. Einer von denen, die dich in die Klinik gefahren hatten. Wir haben immer noch Kontakt.«
»Pezwei«, sagte Johansson. Patrik Åkesson. Plötzlich erinnerte er sich.
»Sieh mal an«, meinte Jarnebring. »So ganz hinterm Mond bist du also doch nicht. Niemand hat dir in den Bauch geschossen, es war nur das Übliche, womit du dich in den letzten zwanzig Jahren beschäftigt hast. Du hast versucht, dich zu Tode zu essen, bist bewusstlos geworden und hast dich mit einer Menge Wurst, Senf, Sauce und anderem Fraß bekleckert. «
»Na ja«, wandte Johansson ein. »Bewusstlos …«
»Unterbrich mich nicht«, sagte Jarnebring. »Was ich sagen will, ist nur, dass mich das mit deinen Würsten nervt. Aber um alles andere kannst du mich bitten.«
»In diesem Fall gäbe es noch etwas, was mich beschäftigt und womit du mir vielleicht behilflich sein könntest.«
»Ich höre«, sagte Jarnebring.
»Hast du mal von einem fünfundzwanzig Jahre zurückliegenden
Mord gehört, Sommer 1985?«, fragte
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