Der sterbende Detektiv - Roman
Schafe, wenn sie es nicht gerade mit ihren eigenen Kindern trieben. Außerdem hat ihn in dieser Hinsicht wohl leider auch Yasmines Mama unterstützt.
Wie bereits erwähnt hatten die Eltern ja die Scheidung beantragt, und die Mutter hatte im Zuge dieser die Gelegenheit genutzt, den Vater wegen wiederholter Misshandlung anzuzeigen. Dieses Verfahren wurde allerdings umgehend eingestellt, aber wenn du mich fragst, dann glaube ich, dass er sie einige Male recht ordentlich verprügelt hat.« Jarnebring nickte nachdenklich.
»Nur wenige Monate vor dem Ableben der Tochter erstattete die Mutter erneut Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs an ihrer Tochter. Es war, kurz gesagt, einiges los. Beide forderten das alleinige Sorgerecht für die Tochter, aber in Erwartung des Urteils hatten sie sich darauf geeinigt, dass die Tochter wechselweise eine Woche bei einem Elternteil wohnte. Ihre Schule lag übrigens in der Stockholmer Innenstadt, eine etwas feinere Privatschule, die sie bereits besuchte, als die Eltern noch zusammenwohnten.«
»Und? Stimmte das?«, fragte Johansson. »Hatte er sich an seiner Tochter vergriffen?«
»Nein«, antwortete Jarnebring. »Da bin ich mir ganz sicher. Dazu komme ich gleich«, fuhr er fort. »Davon, dass er seine Frau verprügelt hat, bin ich allerdings überzeugt. Ich glaube außerdem, dass das gegen Ende ihrer Ehe recht oft geschah.«
»Welch ungemein düstere Geschichte«, seufzte Johansson.
»Es kommt noch schlimmer«, sagte Jarnebring.
»Ich höre«, erwiderte Johansson.
»Als man Yasmine fand, war ihr Vater immer noch verschwunden. Zu jenem Zeitpunkt war er bereits eine ganze Woche abwesend gewesen. Am nächsten Morgen, am Samstag, wird die Nachricht, dass Yasmine gefunden worden ist, sowohl im Radio als auch im Fernsehen gebracht. Innerhalb weniger Stunden erscheint er auf der Wache in Solna. Er ist vollkommen außer sich.«
»Und was geschah?«
»Alles ging natürlich zum Teufel. Bäckström nahm die erste Vernehmung vor, die mit dem Versuch des Vaters endete, dem kleinen Evert Arme und Beine zu brechen. Der Vater war ein ziemlich großer und kräftiger Mann. Er besaß ungefähr meine Konstitution«, sagte Jarnebring. »Aber in dieser Hinsicht war Bäckström nicht unachtsam gewesen. Es gab genug Kollegen in der Nähe. Yasmines Vater bezog also eine ordentliche Tracht Prügel, bevor sie ihn in eine Zelle trugen. Der Staatsanwalt ordnete umgehend die Untersuchungshaft an. Zu diesem Zeitpunkt war er sich mit Bäckström ganz einig. Die meisten anderen Kollegen auch, das kann ich dir sagen. Selbst ich glaubte, dass es der Vater gewesen war. Seine Geschichte darüber, was er in der Woche seiner Abwesenheit unternommen habe, stimmte leider nicht.«
»Und wie lautete sie?«
»Er habe sich ganz allein in einem Sommerhaus in den Schären aufgehalten und über das Leben nachgesonnen. Das Haus hätte ihm ein Kollege überlassen, das stimmte zwar, aber ansonsten war alles gelogen und das aus den üblichen Gründen.«
»Eine Affäre. Er hatte eine neue Frau dabei«, stellte Johansson fest.
»Genau«, pflichtete ihm Jarnebring bei. »Aber es dauerte etliche Tage, bis er damit herausrückte. Die Sache war etwas kompliziert, um es einmal so auszudrücken.«
»Inwiefern kompliziert?«, fragte Johansson.
»Er lebte ja wie gesagt in einer festen Beziehung«, sagte Jarnebring. »Ebenfalls Ärztin, in seinem Alter. Es wimmelt in dieser Geschichte übrigens nur so von Ärzten. Er wohnte mit ihr in einem Haus in Äppelviken zusammen, das Haus gehörte ihr. Sie hatte es von ihren Eltern geschenkt bekommen. Er hatte bereits ein Jahr, bevor er Yasmines Mutter verließ, ein Verhältnis mit ihr begonnen. Zum fraglichen Zeitpunkt
jedoch war sie verreist gewesen. Sie hielt sich zwei Wochen in Spanien bei ihren Eltern auf. Diese Gelegenheit nutzte er. Er hatte eine Jüngere aus seinem Labor aufgerissen, das Häuschen in den Schären von einem Arbeitskollegen geliehen und sich dort dem Üblichen hingegeben. Sie ahmten das Tier mit den zwei Rücken nach, und zwar morgens, mittags und abends. Die junge Frau, die er aufgerissen hatte, war halb so alt wie er, und auch für sie war es ein Seitensprung. Ihr Verlobter leistete gerade seine Wehrpflicht ab.«
»Halb so alt, sagst du? Demnach war es nicht der Vater, der die Tochter umbrachte?«
»Nee«, antwortete Jarnebring. »Er hat Yasmine nicht getötet. Zweifellos war er ein Frauenheld und teilte auch gerne mal Prügel aus, aber pädophil war er nicht.
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