Der sterbende Detektiv - Roman
Eine Einsicht, die ihm seine Berufserfahrung bescherte. Die Lebensgefährtin schmeißt ihn raus. Was tut er? Meldet er sich wieder bei Erika? Könnte es sogar so gewesen sein, dass er sie bei ihrer neuen Arbeitgeberin in der großen, feinen Villa in Bromma aufsuchte?
Ein weiteres Jahr später musste etwas Einschneidendes geschehen sein. Seine Einkünfte betrugen weniger als die Hälfte, aber jetzt gab es kein Krankengeld mehr. Als Johansson in seiner Lektüre so weit gekommen war, griff er zu seinem Handy und rief seinen alten Kollegen Kommissar Hermansson von der Bezirkskriminalpolizei in Stockholm an.
»Johansson«, sagte Johansson.
»Hallo, Chef. Hallo, Lars. Ich hoffe, alles ist okay?«
»Alles prima, Herman«, log Johansson.
»Was kann ich denn für den Herrn tun«, scherzte Hermansson.
»Ich hätte gerne, dass du jemanden für mich überprüfst«, antwortete Johansson. »Er heißt Högberg, Vornamen Tommy Rickard, geboren ’56 …«
»Eine Sekunde, ich gehe rasch rüber zum Computer. Also, ich höre.«
»Högberg, Tommy Rickard, Personenkennziffer 560216-0539, letzte bekannte Adresse …«
»Ich habe ihn«, unterbrach ihn Hermansson. »Wohnt in Flempan, Diagonalvägen 14 in Flemingsberg.«
»Und weiter?«, fragte Johansson.
»Alles Mögliche, viel uninteressanter Mist. Sieht so aus, als hätte er mit Alkohol nicht umgehen können. Der erste Eintrag
aus dem Jahr ’83 betrifft Trunkenheit am Steuer, der letzte von 2006 ebenfalls, gepaart mit unerlaubtem Fahren. Das Fahrverbot wurde bereits ’96 verhängt.«
»Nichts weiter? Nach 2006, meine ich?«
»Nein«, sagte Hermansson. »Er ist vermutlich müde und verbraucht, der Gute. Saufen kostet Kräfte. Er wurde im Jahr, in dem er fünfzig wurde, also 2006, Frührentner.«
»Nichts Ernsthaftes?«
»Geht so«, meinte Hermansson. »Er wurde ’87 wegen schweren Diebstahls zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, aber im Übrigen ist es wie gesagt nur Uninteressantes. Dreimal Trunkenheit am Steuer, einige Male unerlaubtes Fahren, versuchter Versicherungsbetrug, Verfahren eingestellt. Widerstand gegen die Staatsgewalt. Ebenfalls eingestellt. Klingt ganz so, als hätte man ihn aus einer Kneipe geworfen. Das ist alles.«
»Wirklich?«
»Ja, aber jetzt musst du erzählen.«
»Findet er sich im DNA-Register?«
»Nein«, sagte Hermansson, »aber seine Fingerabdrücke haben wir. Seit dem schweren Diebstahl ’87. Ich bin wie gesagt wahnsinnig neugierig.«
»Wir sprechen wann anders darüber«, sagte Johansson. »Sieh mal zu, was du sonst noch rauskriegst, ich rufe später wieder an.«
Hermanssons Protesten zum Trotz beendete er das Gespräch, erhob sich ohne größere Mühe vom Sofa und ging in die Küche, um nachzusehen, was aus dem versprochenen Mittagessen geworden war. Matilda telefonierte und hörte ihn nicht kommen. Sie klang erregt. Johansson blieb stehen und lauschte, ein weiterer Schaden, den ihm sein Beruf eingetragen hatte.
»Das ist wirklich nicht mein Problem. Du hast versprochen,
mir das Geld spätestens am Donnerstag zurückzuzahlen. Auf dich ist wirklich kein Verlass. Ich kann meine Miete nicht bezahlen, nur damit du das weißt.«
Freund oder beste Freundin, dachte Johansson. Dann räusperte er sich diskret. Matilda sprach leiser, drehte ihren Rücken zur Küchentür.
»Nur damit du das weißt«, wiederholte sie, schaltete ihr Handy aus und steckte es in die Hosentasche.
»Entschuldigen Sie«, sagte Matilda. »Das Essen ist gleich fertig.«
»Freund? Freundin?« Johansson lächelte freundlich und nickte.
»Meine verrückte Mutter«, sagte Matilda. »Sie ist nicht ganz bei Trost. Sie treibt mich noch in den Wahnsinn.«
»Bitte nicht«, sagte Johansson. »Das könnte meine Gesundheit gefährden. Ich habe Hunger. Was gibt es denn?«
»Gekochtes Huhn mit Couscous und Salat. Ich habe auch eine gesunde Salatsauce darübergeträufelt, die wird Ihnen sicher schmecken. Dann gibt es noch eine Überraschung. Wollen Sie hier sitzen, oder soll ich es Ihnen auf einem Tablett im Arbeitszimmer servieren?«
»Hier«, sagte Johansson und nickte zum Küchentisch hinüber. »In Zukunft wird das Essen in diesem Haus im Sitzen eingenommen«, meinte er. Eine Überraschung, dachte er.
49
Dienstagnachmittag des 27. Juli 2010
Matilda hatte mit Pia gesprochen und diese hatte mit seinem Kardiologen gesprochen und jetzt stand die Überraschung vor ihm auf dem Tisch. Ein Glas roter Bordeaux. Johansson schnupperte erst vorsichtig an dem Glas. So duftet
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