Der sterbende Detektiv - Roman
Schauplätzen nicht mehr, und plötzlich hatte er auch kein Problem mehr damit gehabt, sich an den Namen des älteren Holmes-Bruders zu erinnern.
Jetzt saß Johanssons eigener Sherlock zu seiner Rechten, der Revisionsdirektor Alf Hult im Ruhestand, scharfgeschnittene Gesichtszüge, etwas vorgebeugt in seinem Lehnstuhl, den er neben das Sofa gestellt hatte, um seinen Schwager nicht unnötig anzustrengen. Er hörte bereitwillig zu, parat, toujour, allzeit bereit, heimtückischem Vorsatz und falschen Vorspiegelungen zu begegnen.
»Margaretha Sagerlied und ihr Ehemann Johan Nilsson«, sagte Alf Hult und betrachtete nachdenklich seine Notizen.
»Außerdem Sagerlieds alte Putzfrau Erika Brännström«, sagte Johansson.
»›Alt‹ ist zu viel gesagt«, meinte Hult. »Wenn deine Angaben stimmen, ist sie bedeutend jünger als wir beide.«
»Ist es ein Problem, etwas über die Personen herauszufinden? «, fragte Johansson.
»Keineswegs«, meinte Alf Hult und schüttelte leicht den Kopf. »Was willst du wissen?«
»Alles«, sagte Johansson.
»Alles«, wiederholte sein Schwager. »Dann sollte ich dich vielleicht darauf hinweisen, dass so was leicht aus dem Ruder gerät, rein kostenmäßig.«
»Geld spielt keine Rolle«, meinte Johansson mit einer abwehrenden Handbewegung, schließlich war er die zweitreichste Person seiner großen Familie.
»Du brauchst das spätestens in einer Woche?«
»Genau«, sagte Johansson. »Du hast also genug Zeit, um deine drei Pfeifen zu rauchen.« Mycroft rauchte Zigarre, dachte er.
»Ich habe Conan Doyle nie geschätzt«, stellte Alf Hult fest. »Er war für meinen Geschmack ein zu großer Romantiker.«
47
Montag, 26. Juli 2010
Montag, eine neue Woche und ein weiterer Tag in einem Leben, das fast verloren gegangen wäre. Frühstück, Krankengymnastin, Kontrolluntersuchung bei Ulrika Stenholm, vierundvierzig Jahre und ohne eine Falte auf ihrem glatten, weißen Hals, Neurologin, Pfarrerstochter. Auffallende Ähnlichkeit mit einem Eichhörnchen, wenn sie mit ihrem Kopf mit den blonden kurzgeschnittenen Haaren wackelte.
»Wie geht es Ihnen?«
»Es geht voran«, antwortete Johansson. Pfeif auf deine ständigen Kopfschmerzen, den Druck auf der Brust und die Seehundflosse, die du gegen deinen rechten Arm eingetauscht hast. Hör auf zu jammern, dachte er.
»Das ist auch mein Eindruck«, stimmte sie zu. »Es geht also voran. Die Krankengymnastin ist übrigens sehr zufrieden mit Ihnen. Pia sagt auch, dass zu Hause alles gut klappt.«
»Und wie kommen Sie weiter?«, fragte Johansson. Was weiß Pia schon, dachte er, erfüllt von einem plötzlichen Gefühl der Verbitterung.
»Nichts Neues.« Ulrika Stenholm schüttelte den Kopf. »Inzwischen bin ich die Papiere meines Vaters durchgegangen, alle Tüten und Kartons – und zwar gründlich, das kann ich
Ihnen versichern. Mit Ausnahme der Haarspange und des dazugehörigen Umschlags habe ich nichts gefunden.«
»Irgendwas muss es doch noch gegeben haben?«, wandte Johansson ein.
»Nichts, was Yasmine betraf. Nur ein paar alte Programme von Konzerten, bei denen Margaretha Sagerlied in der Kirche von Bromma gesungen hatte. Ein paar schriftliche Einladungen an meine Eltern zum Abendessen aus der Zeit, als ihr Mann noch lebte, ein paar alte Fotos, die aufgenommen worden sein müssen, als mein Vater und meine Mutter bei ihr und ihrem Mann zu Hause waren. Ein Foto, das sie singend in der Kirche zeigt. Ich meine mich zu erinnern, dass das irgendwann in den 70er Jahren bei einem Weihnachtsgottesdienst gewesen sein muss. Ich habe alles in diesen Umschlag gelegt«, sagte sie und reichte ihm ein braunes Kuvert.
»Das ist alles?«
»Ja, das ist alles«, antwortete Ulrika Stenholm. »Und bei Ihnen? Gibt es Fortschritte?«
»Es läuft gut«, antwortete Johansson. »Bald habe ich ihn.« Warum sage ich das?, dachte er.
»Wissen Sie, wer es ist? Können Sie mir sagen, wer es ist?« Ulrika Stenholm fiel es schwer, ihr Erstaunen zu verbergen.
»Ich verspreche Ihnen, dass Sie es als Erste erfahren werden«, sagte Johansson. Warum sage ich das?, dachte er.
»Versprechen Sie das?«
»Ja.« Aber erst muss ich noch um die nächste Ecke denken, dachte er.
»Ich komme mir vor wie ein verdammter Verräter«, sagte sein bester Freund drei Stunden später.
»Ich höre«, sagte Lars Martin Johansson, der sich bereits zusammengereimt hatte, worum es ging.
Die alte Leier mit ehelichen Vorzeichen und unerwarteten Komplikationen. Das Ganze hatte mit Jarnebrings
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