Der sterbende König (German Edition)
das alte römische Badehaus ließen. «Mönche?», fragte ich sie. «Ich dachte, das hier ist Cnut Ranulfsons Land.»
«Warum sollte es ihn kümmern?», erwiderte sie. «Solange er sein Silber bekommt, ist es ihm gleichgültig, welchen Gott sie anbeten.» Sie war Sächsin wie die meisten in dem kleinen Städtchen, doch sie sprach von Cnut mit sichtlichem Respekt. Kein Wunder. Er war reich, er war gefährlich, und es hieß, er sei der beste Schwertkämpfer in ganz Britannien. Sein Schwert sollte die längste und tödlichste Klinge im Land sein, weshalb er auch Cnut Langschwert genannt wurde, aber Cnut war auch ein leidenschaftlicher Verbündeter von Sigurd. Wenn Cnut Ranulfson gewusst hätte, dass ich mich auf seinem Gebiet aufhielt, hätte es in Buchestanes nur so gewimmelt von Dänen, die mir nach dem Leben trachteten. «Ihr seid also wegen der heißen Quellen gekommen?», fragte mich die Witwe.
«Ich suche die Zauberin», sagte ich.
Sie bekreuzigte sich. «Gott bewahre uns», sagte sie.
«Und um sie zu sprechen», sagte ich, «was muss ich da tun?»
«Die Mönche bezahlen natürlich.»
Die Christen sind so seltsam. Sie behaupten, die heidnischen Götter besäßen keine Macht und dass die alte Magie genauso betrügerisch ist wie Ludda mit seinen Eisenbeutelchen; wenn sie aber krank sind oder es eine Missernte gibt, oder wenn sie Kinder wollen, dann gehen sie zur galdricge , der Zauberin, und in jeder Gegend gibt es eine. Ein Priester wird in seiner Predigt gegen diese Frauen hetzen, sie als Gottesleugnerinnen und als böse bezeichnen, doch am nächsten Tag bezahlt er einer galdricge Silber, damit sie ihm die Zukunft voraussagt oder er die Warzen in seinem Gesicht loswird. Die Mönche von Buchestanes waren genauso. Sie bewachten das römische Badehaus, sie psalmodierten in ihrer Kapelle, und sie nahmen Silber und Gold, um ein Treffen mit dem aglæcwif zu vermitteln. Ein aglæcwif ist ein weibliches Ungeheuer, und so stellte ich mir Ælfadell vor. Ich fürchtete mich vor ihr, und ich wollte dennoch hören, was sie zu sagen hatte, und deshalb schickte ich Ludda und Rypere los, um die Vorbereitungen zu treffen, und sie kehrten mit der Botschaft zurück, die Magierin fordere Gold. Kein Silber, sondern Gold.
Ich hatte Geld auf diese Reise mitgenommen, nahezu alles, was ich auf der Welt noch besaß. Ich war gezwungen, Sigunn die Goldketten abzunehmen, und ich nahm zwei davon, um die Mönche zu bezahlen, während ich mir schwor, eines Tages zurückzukehren und mir die kostbaren Gliederketten zurückzuholen. Dann, in der langsam einsetzenden Abenddämmerung unseres zweiten Tages in Buchestanes, ging ich Richtung Südwesten zu einem Hügel, der die Stadt überragte und von einem der Gräber des alten Volkes beherrscht wurde, eine grüne Kuppe auf einem regendurchtränkten Hügel. Diese Gräber werden von rachsüchtigen Geistern bewacht, und als ich dem Pfad in einen Wald aus Eschen, Buchen und Ulmen folgte, überlief mich ein Schauder. Ich war angewiesen worden, allein zu gehen, und man hatte mir gesagt, dass die Zauberin nicht erscheinen würde, wenn ich nicht gehorchte, doch in diesem Moment wünschte ich mir sehnlichst jemanden, der dafür sorgte, dass mir niemand in den Rücken fallen konnte. Ich blieb stehen, aber ich hörte nur den Wind durchs Blattwerk seufzen und Wasser tropfen und den nahen Fluss rauschen. Die Witwe hatte mir erzählt, dass manche Männer schon tagelang auf ein Treffen mit Ælfadell hatten warten müssen, und einige, so sagte sie, hatten ihr Silber oder Gold bezahlt, waren in den Wald gekommen und hatten sie dennoch nicht gefunden. «Sie kann sich in Luft auflösen», erklärte mir die Witwe und bekreuzigte sich. Einmal, so sagte sie, war Cnut selbst gekommen, und Ælfadell hatte es abgelehnt zu erscheinen.
«Und Jarl Sigurd?», hatte ich sie gefragt. «War er auch hier?»
«Er kam vergangenes Jahr», sagte sie, «und er war großzügig. Ein sächsischer Herr war bei ihm.»
«Wer?»
«Wie soll ich das wissen? Sie haben nicht bei mir übernachtet. Sie sind bei den Mönchen geblieben.»
«Dann erzählt, woran Ihr Euch erinnert», bat ich sie.
«Er war jung», sagte sie, «und hatte langes Haar wie Ihr, aber er war trotzdem Sachse.» Die meisten Sachsen schneiden ihr Haar, während die Dänen es lieber lang wachsen lassen. «Die Mönche haben ihn den Sachsen genannt, Herr», fuhr die Witwe fort, «aber wer es war, kann ich nicht sagen.»
«Und er war ein Herr?»
«Er trug die Kleidung
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