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Der sterbende Stern

Der sterbende Stern

Titel: Der sterbende Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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wurden unruhig. Sie erhoben ein Gemurmel, rührten sich jedoch nicht.
    »Sie haben Angst«, sagte Yarrod. »Die Stabträger haben die Stadt mit Wanderern gefüllt, wie du siehst. Ein Wort, und sie fangen an, Irnan Stein für Stein auseinanderzunehmen.«
    »Die Irnanier sind doch in der Überzahl.«
    »Die uns unterstützen, nicht. Und die Stabträger haben Geiseln genommen.« Er nickte mit dem Kopf in Richtung der Frauen und Männer, die mit gesenkten Köpfen im Sonnenlicht standen.
    Jemand schrie: »Wo ist die weise Frau?«
    Mordach machte eine beschwichtigende Geste. »Sie ist schon auf dem Weg. Sie wird bald hier sein.«
    Yarrod verwünschte Mordach. »Hast du vor, sie wie ihre Mutter zu töten?«
    Mordach lächelte nur und sagte: »Warte es ab.«
    Man wartete. Die Menge wurde immer unruhiger. Kleine Gruppen begannen, die Marktstände zu plündern, verteilten und verstreuten die Waren, rissen die Buden ein, um sich Schlagwaffen zu machen. Wein und Drogen machten die Runde. Stark fragte sich, wie lange Mordach den Mob noch halten könne.
    Dann erscholl vom Tor der Ruf: »Die weise Frau! Gerrith kommt.«
    Erwartungsvolles Schweigen senkte sich über den Platz. Die vielen hundert Köpfe wandten sich um, und es war, als hielten alle Irnanier zugleich den Atem an.
    Bewaffnete Männer erschienen und bahnten sich eine Weg durch die Menschenmassen. Ihnen folgte ein Wagen, von der Feldarbeit mit Lehm verkrustet, und hinter ihm wieder Bewaffnete.
    Auf dem Wagen befanden sich zwei Stabträger, die sich mit einer Hand an den seitlichen Halterungen festhielten, mit der anderen eine großgewachsene Frau gepackt hatten, die in der Mitte stand.
     

 
8.
     
    Sie war ganz mit einem langen, schwarzen Schleier bedeckt, der vom Kopf bis zu den Füßen reichte und auch das Gesicht nicht frei ließ. Auf dem Kopf trug sie über dem Schleier ein Diadem, das die Farbe alten Elfenbeins hatte.
    »Gewand und Krone der Schicksalsgöttin«, sagte Yarrod, und das Volk von Irnan atmete wieder und stieß ein langes, wildes Heulen aus.
    Der Mob übertönte es mit einem blutrünstigen Schrei.
    Vor der Bühne mußte die Frau den Wagen verlassen und in die Höhe steigen. Als erstes kam das Diadem in Sicht. Es sah sehr zerbrechlich und alt aus und bestand aus einem Ring kleiner, grinsender Schädel. Dann stand Gerrith in Begleitung der beiden Stabträger vor Mordach.
    Stark hatte trotz des Schleiers das Gefühl, daß Gerrith nicht Mordach, sondern ihn anblickte. Ihre Worte richtete sie jedoch an den Stabträger, und ihre Stimme war wohlklingend und laut und ohne Anzeichen von Furcht.
    »Das ist nicht recht von dir, Mordach.«
    »Wirklich?« sagte er. »Wir werden sehen.« Er wandte sich jetzt über die Köpfe der Wanderer hinweg an die Irnanier. Seine Stimme wurde von den Mauern zurückgeworfen. »Ihr von Irnan! Seht her und lernt eure Lektion!«
    Er wandte sich wieder an Gerrith und zeigte mit dem Stab auf Stark. »Wen siehst du hier, Tochter der Gerrith?«
    »Ich sehe den Dunklen Mann.«
    »Den Dunklen Mann der Prophezeiung deiner Mutter?«
    »Ja.«
    Nun, dachte Stark, was konnte sie sonst sagen?
    »Der Dunkle Mann, gebunden und hilflos, auf seinen Tod wartend.« Mordach lachte. »Er wird niemanden vernichten. Widerrufst du? Gibst du die Lüge zu?«
    »Nein.«
    »Dann bist du nicht weiser als deine Mutter, und deine Hellsicht enthält keine Wahrheit. Hört ihr es, ihr von Irnan? Eure Prophezeiung stimmt nicht, eure weise Frau ist eine Lügnerin, euer Dunkler Mann ein Reinfall.«
    Mit einer heftigen Handbewegung riß er Gerrith Krone und Schleier ab.
    Irnan war entsetzt. Halk, Yarrod und die anderen Irnanier auf dem Schafott rissen instinktiv an ihren Fesseln, wollten sich auf Mordach stürzen.
    Nur Gerrith blieb ruhig, als habe sie es erwartet. Sie war unter dem Schleier nackt gewesen. Die Sonne ließ ihre Haut in einem warmen Bronzeton schimmern, und über ihren Rücken hing ein schwerer Zopf goldbraunen Haares. Ihr Körper war stark, gerade und stolz, und die Lüsternheit der Menge konnte ihn nicht erreichen. Auf Skaith gehörte die Nacktheit zum Alltag, aber das hier war etwas anderes.
    Mordach warf den Schleier in die Menge, die ihn in Stücke riß. Dann zertrat er das Diadem und stieß die Teile achtlos beiseite.
    »Dein Gewand und deine Krone sind dahin«, sagte er. »In Irnan wird es keine weisen Frauen mehr geben.«
    Auch das hatte sie erwartet. In ihren Augen blitzte jedoch ein schreckliches Licht.
    »Und für dich wird es kein Irnan mehr

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