Der Stern von Yucatan
eingehen.
Als die Sonne sank, saß Jack an Bord, die Füße hochgelegt, und trank aus einer Flasche seines bevorzugten
cerveza.
Ein Lächeln umspielte seinen Mund, als er daran dachte, wie Lorraine auf seine Feststellung reagiert hatte, dass wieder nur ein Kasten Bier an Bord gekommen war. Ihr Mienenspiel war sehenswert gewesen. Diese Mischung aus Frustration und Wut war fast die Probleme wert gewesen, die sie heraufbeschworen hatte. Fast.
Er schloss die Augen und genoss den Moment der Stille am Ende eines Tages, der eine unerwartete Wendung nach der anderen genommen hatte. Was seine Passagierin betraf – er mochte sie nicht, konnte ihr nicht trauen und hielt sie schlicht für eine Landplage. Eines musste man ihr allerdings lassen, die Frau hatte Mut. Nicht jeder nahm es mit einem mächtigen Drogenboss wie Carlos Caracol auf.
Jack hatte nicht gleich erkannt, wer Carlos war. Nachdem es ihm bewusst geworden war, merkte er, wie viel Glück sie gehabt hatten, ihm zu entwischen. Der Mann war bekannt und berüchtigt. Es wunderte Jack, dass Carlos nicht längst hinter Gittern gelandet war oder eine Kugel in den Kopf bekommen hatte. Er hatte eine kleine Bande von Gefolgsleuten und dazu Verbindungen zu einer großen Drogenpipeline, die Kokain aus anderen Teilen Mexikos und Zentralamerikas herbeischaffte.
Vor Monaten hatte Jack noch mit einigen Regierungsagenten über ihn gesprochen, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiteten. Man hielt Carlos für den Mörder eines mexikanischen Regierungsbeamten, konnte jedoch nichts beweisen. Der Mann war ein berüchtigter Killer, jedoch gerissen genug, nicht ins Gefängnis zu wandern. Zweifellos war er nicht der Typ Feind, den er sich wünschte. Was Carlos Caracol in einer Cantina in La Ruta Maya zu suchen hatte, ahnte Jack nicht mal.
Mit anzusehen, wie Lorraine zu diesem Kerl herumgefahren war und ihn arrogant angeschnauzt hatte, er solle gefälligst warten, bis er an der Reihe sei, hatte zu den amüsanteren Momenten seines Lebens gehört. Er grinste. Natürlich hätte er ihr nie zugemutet, allein mit Carlos fertig zu werden, allerdings hatte es ihm ein gewisses Vergnügen bereitet, sie einige Momente in diesem Glauben zu lassen.
Er hatte etliche Jahre in der Karibik und dem Golf von Mexiko verbracht und ein Leben geführt, um das seine Freunde ihn beneideten. Er war vermögend und sorgenfrei. Trotzdem hatte er sich in den letzten beiden Tagen mit Lorraine lebendiger gefühlt als in der gesamten Zeit, seit er die “Scotch on Water” geerbt hatte. Das schaffte diese ärgerliche, selbstgefällige, prüde Frau. Da werde einer schlau draus.
Noch etwas bereitete ihm Sorge. Sie begann gut auszusehen. Zu gut.
Ein leises Plätschern schreckte ihn aus seinen Gedanken. Er öffnete die Augen und richtete sich auf. Lorraine war ins Wasser gesprungen und schwamm in BH und Slip wie ein Tümmler. Sie tauchte unter und bot ihm einen exzellenten Blick auf ihr hübsch gerundetes Hinterteil und die straffen, schlanken Beine. Das leitete seine Gedanken zu anderen Körperteilen, an die er besser nicht denken sollte.
“Sie ist verheiratet”, sagte er halblaut vor sich hin, um sich zu ernüchtern. Eine Affäre mit Lorraine wäre ein totales Desaster, auf das er sich keinesfalls einlassen würde. So töricht würde er niemals sein.
Sich überhaupt mit einer Frau einzulassen, war schon problematisch, wie er gelernt hatte, aber sich mit der Frau eines anderen einzulassen … Er schüttelte den Kopf. Marcie war wenigstens nicht verheiratet gewesen, als er sich in sie verliebt hatte.
“Macht’s Spaß?” Jack war aufgestanden, lehnte sich gegen die Reling und sah sie im Wasser tollen.
Lorraine fuhr herum, die Haare voller Shampoo. Sie trat Wasser und blickte heftig blinzelnd zu ihm hoch, während ihr Schaum ins rechte Auge lief. “Ich dachte, Sie wären am Schlafen. Sie haben doch nichts dagegen, dass ich Ihr Shampoo benutzt habe?”
“Kein bisschen.” Er verlagerte das Gewicht und nahm eine bequemere Haltung ein.
“Da Sie schliefen … und da wir hier in Süßwasser ankern, war es die ideale Gelegenheit, die Haare zu waschen.”
“Eine wirklich gute Idee.” Er bedeckte den Mund mit einer Hand und gähnte. Trotzdem ging er nicht weg. Es freute ihn, wie unangenehm es ihr war, dass er sie beobachtete. Wie er das sah, verdiente er eine Belohnung für all die Schwierigkeiten, die sie verursacht hatte. Sie in Verlegenheit zu bringen war seine Entschädigung. Und über den Anblick
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