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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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Trauer hinweghelfen wollen. Doch sie ließ das nicht zu. Nach einer Weile hatte er erkannt, dass es sich nicht gegen ihn persönlich richtete. Lorraine hatte nicht nur ihn abgelehnt, sondern auch alle anderen Menschen.
    Virginias Tod war auch für ihn ein Schock gewesen. Er kannte alle Schwiegermutterwitze und hatte immer darüber gelacht, aber Virginia war nicht so gewesen. Wäre nicht so gewesen, korrigierte er sich. Die Hochzeit im Spätherbst würde jetzt ohne sie stattfinden. Je eher sie heirateten, desto besser.
    Lorraine brauchte ihn mehr denn je, und er liebte sie. Mit sechsunddreißig hatte er länger als andere Männer seines Bekanntenkreises gewartet, den Sprung in die Ehe zu wagen. Er hatte nach der richtigen Frau gesucht, jedenfalls hatte er das seinen Eltern gesagt. Das war zwar nicht gelogen, aber es war auch nicht die volle Wahrheit.
    Im Gegensatz zu seinen Freunden hatte er nicht den Drang verspürt, sesshaft zu werden. Wenn er das so sagte, klang das, als wäre er unreif, was er ebenfalls nicht war. Er genoss nur zufällig seine Freiheit. Er verstand sich mit Lorraine in allen wichtigen Dingen. Sie hatten dieselben Vorlieben und Ziele. Beide waren sie sensibel und ließen sich nicht leicht durch eine populäre Meinung manipulieren. Er liebte eine geordnete Welt, und sie ebenso.
    Gary lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Lorraine hatte ihm zwar die Telefonnummer gegeben, unter der sie zu erreichen war, hatte jedoch deutlich gemacht, dass es ihr lieber wäre, wenn sie ihn anrufen könnte und nicht umgekehrt.
    Das gehörte zu den Dingen, die ihn an seiner Verlobten wurmten. Sie konnte kompromisslos sein. Gelegentlich war sie zu schnell mit einer Meinung bei der Hand und beharrte darauf. Zwar gefiel ihm ihre Unverblümtheit, aber manchmal wünschte er sich, sie wäre ein wenig nachgiebiger. Trotzdem hatte er Vertrauen in ihren gesunden Menschenverstand. Es würde schon alles klargehen mit ihr, auch in einem abgelegenen mexikanischen Dorf.
    Das Telefon läutete, und Gary nahm den Hörer auf. “Hallo?”
    “Gary, hier ist Marjorie Ellis.” Die Frau zögerte, als erwarte sie eine Reaktion.
    Gary verhielt sich ruhig.
    “Ich bin noch unterwegs, aber ich hätte einige Fragen an Sie, falls Sie Zeit hätten.”
    Marjorie war neu im Job und brauchte noch Anleitung. Jede Menge Anleitung, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Med-X verkaufte medizinische Artikel und Geräte an Krankenhäuser, Arztpraxen, Schwesternheime und dergleichen. Gary arbeitete seit zehn Jahren hier und war kürzlich in die Geschäftsführung aufgestiegen.
    Marjorie, die eingestellt worden war, seine alte Stellung zu besetzen, fehlte es an fast allem, was für diesen Job wichtig war. Sie war unorganisiert und unpünktlich. Ihre Computerkenntnisse tendierten gegen null, und er musste alles drei bis vier Mal erklären, ehe sie etwas begriff. Was Marjorie Ellis jedoch zugute kam, war der Umstand, dass die Kunden von Med-X sie liebten.
    Das war zwar verblüffend, aber gegen Erfolg konnte man nicht argumentieren. Zwei Monate im Job, und sie hatte größere Umsatzzahlen als jeder andere Trainee der Gesellschaft. Das war beeindruckend.
    “Was möchten Sie wissen?”, fragte Gary in freundlichem, hilfreichem Ton.
    “Es wäre wahrscheinlich am besten, wenn ich ins Büro käme und wir darüber redeten. Falls Sie Zeit haben natürlich nur”, wiederholte sie.
    Zeit hatte Gary genügend, jetzt, da Lorraine fort war. “Kein Problem.” Er sah auf seine Uhr. “Wann?”
    “Heute Nachmittag. Wäre vier Uhr in Ordnung?”
    Er blätterte laut die Seiten seines Terminkalenders durch, damit sie es auch hörte. Natürlich wusste er längst, dass er Zeit hatte. Allerdings wäre es nicht günstig, Marjorie in dem Glauben zu lassen, er wäre kein viel beschäftigter Mann. “Wäre halb fünf auch möglich bei Ihnen?”
    Gary hörte im Hintergrund Papier rascheln und glaubte, dass sie eine Akte hatte fallen lassen. “Sicher”, erwiderte sie. “Wir sehen uns dann.” Ihre Stimme wurde leiser, als hätte sie das Gesicht vom Telefonhörer abgewandt. Gary stellte sie sich vor, wie sie das Handy unters Kinn geklemmt hatte, um ihre verstreuten Unterlagen wieder aufzusammeln. Typisch.
    “Ich freue mich darauf.” Als er den Hörer wieder auflegte, merkte er, dass seine Erwiderung sogar der Wahrheit entsprach. Marjorie war zerstreut und nicht sehr kompetent, aber sie war auch liebenswert und hatte ein

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