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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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ungern, aber sie hatte nichts anderes. Dann erinnerte sie sich an das kleine Nähzeugkästchen in ihrer Tasche.
    Sie verweilte noch einen Moment, weil sie sich nicht von Jack trennen mochte, eilte dann jedoch unter Deck.
    Nachdem sie einen Topf mit Wasser zum Kochen aufgesetzt hatte, kippte sie den Inhalt ihrer Tasche auf die Matratze. Brieftasche, Pass, Kuli und die Kosmetiktasche purzelten heraus, zusammen mit dem Nähzeugetui. Sie öffnete es und nahm die kleine Schere heraus. Was ihr jedoch wirklich weiterhelfen würde, wäre eine Pinzette.
    Ich besitze eine, fiel ihr plötzlich ein, in der Kosmetiktasche. Sie zog den Reißverschluss der Tasche auf und leerte auch sie aufs Bett. Ein eingewickelter Tampon, Puder, Lippenstift und Rouge verteilten sich über die anderen Sachen. Als sie die Tasche schüttelte, kamen noch ein Augenbrauenstift, ein Lippenliner und etwas Rundes, Goldenes zum Vorschein, gefolgt von der Pinzette.
    Pinzette und Schere warf sie in den Topf mit kochendem Wasser und ließ sie einige Minuten sterilisieren. Während sie wartete, suchte sie in den Schränken die Flasche Scotch, die sie irgendwo gesehen hatte.
    “Ja!”, entfuhr es ihr triumphierend, als sie sie fand.
    Die Flasche unter einem Arm, kehrte sie mit dem Topf kochenden Wassers zu Jack zurück.
    Da sie sicher war, nicht verfolgt zu werden – schließlich hatte sie alle anderen Boote im Schlepp –, schaltete sie die Motoren aus. Dann blickte sie bekümmert zu dem schwimmenden Steg und den daran befestigten Booten. Ihre Gedankenlosigkeit erwies sich nun tatsächlich als Gottesgeschenk. Unabsichtlich hatte sie mögliche Verfolger ihrer Wasserfahrzeuge beraubt. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, als sie sich über die Reling beugte und die “Scotch on Water” losband. Sofort drifteten Steg und Boote gemächlich davon.
    Das erledigt, bereitete sie Jack auf die kommende unangenehme Prozedur vor, obwohl er sie nicht hörte.
    “Ich werde jetzt festzustellen versuchen, wo die Kugel steckt”, erzählte sie ihm. Dann erklärte sie ihm noch, dass es sich vielleicht als notwendig erweisen könnte, die Kugel in der Wunde zu belassen, falls sie nicht leicht zu entfernen war. Wieder berührte sie sein Gesicht. Ihn zu berühren beruhigte sie irgendwie. Ihr Mund war trocken, und die Kehle war ihr wie zugeschnürt vor Angst.
    Vorsichtig entfernte sie das blutgetränkte Handtuch von seiner linken Schulter und goss eine großzügige Portion Alkohol über die Wunde. Da sie selbst auch etwas zur Stärkung brauchte, genehmigte sie sich einen kräftigen Schluck und keuchte. Der Scotch brannte in ihr, doch es war genau der Anstoß, den sie brauchte. Sie schraubte die Flasche zu und stellte sie beiseite.
    Zittrig Atem schöpfend, betrachtete sie sein blasses, ausdrucksloses Gesicht. Sie versuchte sich vorzustellen, was er sagen würde, wenn er reden könnte. Zweifellos hätte er ein paar Flüche und Beleidigungen – und eine schroffe Aufmunterung – parat. Lorraine biss sich auf die Unterlippe und betete darum, alles richtig zu machen und eine sichere Hand zu haben.
    Die heiße Pinzette verbrühte ihr fast die Finger, doch sie hielt sie sehr fest, da sie fürchtete, sie könnte ihr entgleiten. Vorsichtig tauchte sie damit in die offene Wunde ein. Sofort schoss Blut aus Jacks Schulter. Sie tupfte es mit dem gefalteten Handtuch weg. Als sie die Wunde trocken wischte, fiel ihr wieder auf, wie roh und rot das zerrissene Fleisch war. Falls Jack das überlebte – und verdammt nochmal, er musste –, würde er eine deutliche Narbe zurückbehalten.
    Die Pinzette scharrte über die Kugel, und wie Lorraine befürchtet hatte, saß sie tief in seinem Fleisch. Sobald sie die Pinzette zurückzog, floss wieder mehr Blut. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Es war offensichtlich, dass jeder Versuch, die Kugel zu entfernen, mehr schaden als nutzen würde. Jack hatte bereits eine Menge Blut verloren.
    “Es wird alles wieder gut, Jack. Ich werde die Kugel dort lassen und die Wunde mit einem Tampon verschließen, das ist das Beste, was ich an medizinischer Versorgung leisten kann. Ich lasse dich nicht sterben. Hörst du?”
    Unerwartet stöhnte Jack auf und rollte den Kopf zur Seite. Fast schien es, als würde er sogar bewusstlos mit ihr streiten wollen.
    “Keine Sorge, du bekommst kein PMS.” Ihr Lachen klang leicht hysterisch. Er würde nie erfahren, was sie getan hatte, und das war gut so, sonst würde sie das Ende der Geschichte nicht

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