Der Stern von Yucatan
Freunden, Schule und vertrauter Umgebung entreißen.
“Dann kann ich wohl gar nichts tun, was? Falls du einen anderen Vorschlag hast, sag es nur. Ich tue alles.”
“Oh, Gary …” Ihr war nach Heulen zumute.
“Kann ich etwas tun?”, fragte er noch einmal.
“Nein”, flüsterte sie und schaltete das Telefon aus.
Jack hatte Terror erlebt, hatte ihn auf den Gesichtern anderer gesehen, war sogar der Grund dafür gewesen. Doch nichts hatte ihn auf sein Entsetzen vorbereitet, als er Lorraine mit gefesselten Händen über den Highway rennen sah.
Sobald er erfahren hatte, mit welchem Trick Jason Applebee Thomas dazu gebracht hatte, Informationen über Lorraine herauszugeben, hatte er sie im Hotel zu erreichen versucht. Da sie sich nicht meldete, war er zurückgeeilt und hatte sie durch puren Zufall auf dem Rücksitz eines schwarzen Wagens entdeckt.
Zwei Männer saßen vorne. Sogar mit einem flüchtigen Blick identifizierte er den Fahrer als Carlos. Der andere musste Jason Applebee sein. In einem verrückten Einfall zahlte er einem Mann einen horrenden Preis, sein Fahrzeug benutzen zu dürfen.
Während er Carlos und Jason durch die Slumvorstädte folgte, blieb er weit zurück und ergatterte kaum mehr als einen flüchtigen Blick auf sie. Irgendwann verlor er den Wagen aus den Augen und fuhr wie wild im Kreis, sie wiederzufinden. Schließlich hatte er die Dschungelstraße genommen, wo er auf Lorraine traf. Carlos war ihr dicht auf den Fersen. Er sah ihn an einer anderen Stelle ebenfalls zwischen den Bäumen verschwinden.
Jack trat auf die Bremse, sprang aus dem Wagen und folgte Carlos. Er hatte keine Waffe, nicht mal ein Messer. Sein Instinkt sagte ihm jedoch, dass jedes Zögern Lorraines Tod bedeuten konnte. Falls er bei dem Versuch, sie zu retten, starb, weil er unbewaffnet war, dann war das eben Schicksal.
Der Dschungel war unglaublich dicht, und Carlos war nirgends zu sehen. Jack fand bald, was auch Lorraine entdeckt haben musste. Nach einigen Schritten im dichten Unterholz stand man vor einer Kliffkante. Er hatte Höhe nie gemocht und trat vorsichtig zurück.
Lorraines Schrei ließ ihn wieder aktiv werden, und er kämpfte sich weiter in ihre Richtung.
Carlos hatte sie auf den Boden geworfen. Trotz ihrer Gegenwehr hatte er ihr die Bluse zerrissen und sie im Zuge dessen halb bewusstlos geschlagen. Ihr Gesicht war blutig, ihre Augen fast zugeschwollen, und trotzdem kämpfte sie erbittert.
Jack liebte sie umso mehr für ihren unglaublichen Mut. Mit einem Schrei warf er sich auf Carlos.
Der drehte sich um, über Lorraine gebeugt, und zielte mit der Waffe auf ihn. Zu Jacks Erstaunen stemmte Lorraine sich vom Boden ab und schlug Carlos mit dem Kopf gegen den Arm. Die Waffe flog aus seinen Händen zwischen die Bäume.
Mehr Hilfe brauchte Jack nicht. Er warf sich auf den anderen und riss ihn von Lorraine weg. Doch die Wucht der Attacke nahm ihm den Atem. Seine Schulterwunde war nur teilweise verheilt, und seine Kraft und Ausdauer waren noch längst nicht wiederhergestellt.
Was Jack an Kraft fehlte, machte er mit Geschick und Finesse wett und schlug Carlos mehrfach auf den verletzten Arm.
Carlos stöhnte vor Schmerz und erwiderte den Gefallen, indem er mit seiner großen Faust in Jacks bandagierte Schulter hieb.
Schmerz schoss Jack durch den Arm, dass er halb bewusstlos auf die Knie sank. Einen Moment lang wurde es ringsum schwarz, als er versuchte, der Schmerzen Herr zu werden.
“Bastard!”, schrie Lorraine, da sie Jacks Qualen bemerkte. Wütend warf sie sich auf Carlos und brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
Carlos strauchelte, wirbelte dann herum und schleuderte sie gegen einen Baum. Bewusstlos sank sie an ihm hinab. Ihr mutiges Eingreifen reichte Jack, sich zu sammeln.
Sobald er konnte, stürzte er sich wieder auf Carlos. Doch der wartete nicht auf die neue Attacke, sondern griff seinerseits an und schlug ihn nieder. Er war ihm an Kraft überlegen, doch Jack kämpfte um Lorraines Leben und um seines.
Sie trennten und umkreisten sich. Jacks starrer Blick verriet, dass dies ein Kampf bis zum Ende war. Einer von beiden würde sterben.
Jack gab sich keinen Illusionen hin. In seinem geschwächten Zustand war Carlos ihm überlegen. Irgendwann würden ihn die Kräfte verlassen, und dann brachte Carlos sie beide um.
Carlos stürzte sich auf ihn, und sie gerieten gefährlich nah an die Kliffkante. Jack hörte das Rauschen des Wassers unten. Ein falscher Schritt, und er stürzte in den sicheren Tod.
Aus
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