Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
Vom Netzwerk:
Gefühl, ihn verteidigen zu müssen.
    Ihr Vater ist ein guter Mensch. Er liebt Sie, und er hat Ihre Mutter von Herzen geliebt. Oft hat er in unserem Bett ihren Namen geflüstert. Ich gab vor, es nicht zu hören. Erst als ich ein Kind von ihm bekam, erzählte er mir von seiner Tochter. Er sprach mit solcher Zärtlichkeit von Ihnen, dass meine Ängste schwanden. Wissen Sie, bis zu dem Zeitpunkt konnte ich nicht einschätzen, wie Ihr Vater auf meine Schwangerschaft reagieren würde. In dem Moment wurde mir allerdings klar, dass er unser Kind lieben würde wie Sie, auch wenn er die Mutter nicht liebte. Jedenfalls damals noch nicht. Er liebt mich jetzt, sehr sogar, und unsere drei Söhne sind Ihre Brüder
.
    Thomas befürchtet, dass Sie ihm die Schuld an Jacks Tod geben und deshalb nicht auf seine Briefe antworten. Ich glaube, es hat einen anderen Grund. Ich glaube, Sie antworten meinetwegen nicht. Ich verstehe Sie sogar irgendwie. Meine Haut ist dunkler als Ihre, und ich spreche Ihre Sprache nicht. Auch bin ich nicht so schön, wie es Ihre Mutter war. Mein größter Fehler ist vielleicht, dass ich Ihren Vater liebe
.
    Aber, Lorraine Dancy, Sie lieben ihn auch. Ich weiß das. Sie wären nicht in ein fremdes Land gereist, um ihn zu besuchen, wenn Sie ihn nicht lieben würden. Nach dem Tod Ihrer Mutter haben Sie Ihren Vater gesucht, weil Sie ihn brauchten. Und ich frage mich, ob Sie wissen, wie sehr Sie ihn jetzt brauchen. Als Jack im Krankenhaus war, baten Sie Ihren Vater zu kommen. Ihr Vater eilte zu Ihnen. Er war es, der Sie hielt, als Sie weinten und mit Ihnen trauerte. Sie brauchen Ihren Vater, und er braucht Sie
.
    Sie lieben Thomas, ich liebe Thomas, und im Gegenzug liebt er uns beide
.
    Wir sind Ihre Familie, und Sie sind unsere. Bitte. Ich flehe Sie an, ihn nicht aus Ihrem Leben zu verbannen. Um Ihret- und um seinetwillen
.
    Azucena Dancy.
    Thomas las den Brief zweimal, um die Übersetzung so genau wie möglich zu machen. Als er fertig war, nahm er Azucenas Hand und küsste die Innenfläche.
    “Ich danke Gott für dich”, flüsterte er.
    Sie schlang ihm einen Arm um die Schultern und drückte sein Gesicht gegen ihren weichen Leib.
    “Kommst du jetzt nach Hause?”, fragte sie.
    Thomas nickte. Er war an vielen Nachmittagen in der Schule geblieben, um die häusliche Stimmung nicht durch seine Niedergeschlagenheit zu trüben.
    “Gut”, erwiderte sie leise.
    Zusammen gingen sie an der kleinen Poststelle vorbei und gaben den Brief auf. Doch nach all den Monaten des Schweigens von Raine hatte er nicht viel Hoffnung, dass sie antwortete.
    In dieser Nacht wandte er sich Azucena zu und schlief zum ersten Mal seit vielen Wochen mit ihr. Danach hielt er sie in den Armen, dankbar, dass es sie gab. In Gedanken ließ er seine Tochter los. Er konnte ihre Zurückweisung nicht länger als Vorwand benutzen, sich zu strafen. Er hatte jetzt eine neue Familie. Raine war willkommen, daran teilzuhaben, oder sie konnte sich ihr eigenes Leben schaffen. Die Entscheidung lag bei ihr.
    Zu seiner Überraschung kam eine Woche vor Weihnachten ein Brief von Raine.

18. KAPITEL
    E s war Azucenas Brief, der Lorraine veranlasste, ihre Gefühle für ihren Vater zu überdenken. Vermutlich hatte auch das Weihnachtsfest etwas damit zu tun. Um sie herum feierten die Menschen die Feiertage mit ihren Familien. Sie hatte keine Familie. Und der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, war tot.
    Sie war nicht zu Jacks Beerdigung geblieben und bedauerte das jetzt zutiefst. Doch damals hätte sie es nicht ertragen. Sie hatte nicht mal den Leichnam sehen wollen. Schließlich war es nur noch eine leblose Hülle.
    Ebenso wenig hatte sie es ertragen, bei ihrem Vater zu bleiben, weil sie sich durch seine Unaufrichtigkeit verraten fühlte. Sie hatte Mexiko so schnell wie möglich verlassen.
    Nie zuvor hatte sie sich so sehr als Waise gefühlt. Ihre Mutter fehlte ihr schrecklich. All die kleinen familiären Traditionen, die sich über die Jahre herausgebildet hatten, waren ohne sie bedeutungslos.
    Sie brachte zwar die Kraft auf, einen Weihnachtsbaum zu kaufen, doch der stand lange unbeachtet in einer Ecke, ehe sie die Energie hatte, ihn zu schmücken. Halb damit fertig, wurde ihr klar, dass sie gar nicht bei der Sache war. Sie setzte sich an ihren Computer und schrieb, ohne lange nachzudenken, an ihren Vater und Azucena.
    14. Dezember
    Lieber Dad, liebe Azucena
,
    allein vor dem Weihnachtsbaum zu stehen gab mir den Anstoß zu schreiben. Das und Azucenas

Weitere Kostenlose Bücher