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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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Schmerz war körperlich, das Leiden seelisch. Zwei Mal hatte er sich verliebt, und beide Male war es übel ausgegangen. Jeder Tag im Krankenhausbett brachte so heftige Schmerzen, dass er nicht schlafen konnte. Doch die körperlichen Qualen waren ihm fast lieb, da sie ihn von Grübeleien über Lorraine abhielten.
    Sein Rückgrat war gebrochen gewesen, wie man ihm sagte. Das war keine Überraschung, genauso wenig wie die fünf weiteren Knochenbrüche und die inneren Verletzungen. Die Ärzte hatten ihm keine Versprechungen gemacht, dass er wieder würde laufen können. Eher schienen sie erstaunt, dass er überlebt hatte. Das erstaunte ihn selbst am meisten. Er hätte gern dem Tod die Hand gereicht und den Kampf aufgegeben. Selbst jetzt haderte er mit seinem Schicksal, dass es ihm einen solchen Streich spielte. Zweifellos war dies keine angemessene Belohnung für seine noble Geste, Lorraine zu ihrem Ehemann zurückzuschicken.
    In der zweiten Novemberwoche stand Jack zum ersten Mal seit seiner Einlieferung auf eigenen Beinen. Wohlgemerkt, er stand, gehen konnte er nicht. Der Schweiß brach ihm aus von der Anstrengung, eine aufrechte Haltung einzunehmen.
    Hinter ihm applaudierte jemand.
    Jack wagte nicht, über die Schulter zu blicken, aus Angst, die Balance zu verlieren.
    “Guten Morgen.”
    “Murphy?” Jack mochte seinen Ohren nicht trauen. Seine Knie versagten den Dienst, und er fiel in seinen Rollstuhl zurück. Er fühlte sich schwach, andernfalls hätte er sich umgedreht und seinen Freund ausgeschimpft. Er war nicht in der Stimmung für Besuch, und er wollte bestimmt kein Mitleid.
    Murphy kam mit langen Schritten zu ihm. “Du bist ja ein toller Anblick.”
    Jack wandte sich ab. “Was zum Teufel tust du hier?”
    “Was schon? Ich wollte dich besuchen.”
    Jack sah ihn nicht an. “Dann hast du Zeit vergeudet.”
    Sein Freund umrundete ihn kopfschüttelnd. “Diesmal hast du dich in einen feinen Mist geritten.”
    Jack ignorierte ihn. Er wusste, dass Letty und Murphy jede Woche angerufen hatten und sich von Dr. Berilo und dem Krankenhauspersonal seinen Gesundheitszustand durchgeben ließen. Jack hatte nicht selbst mit ihnen reden wollen und gehofft, sie verstünden die Botschaft. Offenbar nicht.
    “Der Doc sagt, du kannst das Krankenhaus bald verlassen”, erklärte Murphy und sah Jack an.
    “Hat er mir auch gesagt.”
    “Weißt du schon, wohin du dann gehst?”
    “Nein.” Jack zog es vor, nicht an die Zukunft zu denken. Die einzige Entscheidung, die er getroffen hatte, war, die “Scotch on Water” zu verkaufen. Auf seinen Kabinenkreuzer zurückzukehren war unmöglich, weil er jede Nacht von Erinnerungen an Lorraine und ihre gemeinsame Zeit geplagt werden würde.
    “Gehst du nicht auf dein Boot zurück?”
    “Hab’s verkauft”, erwiderte er leise.
    “Du hast die “Scotch on Water” verkauft?” Murphy konnte es nicht fassen. “Aber du hast das Boot geliebt!”
    “Dieser Abschnitt meines Lebens ist vorbei.” Mehr wollte er zu dem Thema nicht sagen. Den wahren Grund würde Murphy nie erfahren.
    “Wäre es nicht besser gewesen zu warten, ehe du eine so drastische Entscheidung triffst?”
    “Lass das!”, schnauzte Jack ihn an.
    Murphy setzte sich in einen Sessel.
    “Bist du deshalb hier?”, fragte Jack sarkastisch. “Willst du das Boot überprüfen?”
    “Nein. Letty hat mich geschickt. Ich soll dich nach Hause holen.”
    Jack schnaubte: “Nicht in diesem Leben.”
    “He, mein Junge, du kennst meine Frau nicht so gut wie ich. Die hat einen ziemlichen Dickkopf. Wenn sie mir also aufträgt, dich zu holen, dann ist es ratsam, das zu tun.”
    Streiten war Energieverschwendung, aber er wollte Letty und Murphy nicht mit seinen Problemen belasten. “Ich kümmere mich um mich selbst”, beharrte er.
    Murphy schien ihn nicht gehört zu haben. “Sie hat mich das alte Vorarbeiterhaus herrichten lassen. Sie hat es geputzt, frisch gestrichen, ein Krankenbett bestellt und alles getan, was Dr. Berilo sonst noch vorgeschlagen hat. Dann hat sie mich auch noch die Türen verbreitern lassen, damit du mit deinem Rollstuhl durchkommst.”
    “Ich habe vor, wieder zu laufen.”
    “Das wirst du”, versicherte Murphy rasch. “Es ist nur für die Zeit, bis du wieder in der Lage bist, selbst zu gehen. Ich sage dir, Jack, du kennst meine Frau nicht. Wenn sie sich mal was in den Kopf gesetzt hat, ist sie nicht zu bremsen. Ich wage nicht, ohne dich zurückzukommen.”
    Nun ja, dann würde Letty eben enttäuscht

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